Mutti, hier bekannt als Oma, kam uns eine Woche Anfang April besuchen. Sie brachte nach Wochen des Regens fantastisches Sonnenwetter mit. Leider waren und sind alle noch krank; alles hustet und bei Otto kommt jetzt auch noch Schnupfen dazu. Ellie war die ersten Tage noch bettlägerig.
Wir haben mit Mutti gleich Montag im Umweltzentrum übernachtet, was zu ihrer Überraschung ein richtiges Hotel und keine Hippie Kommune ist.
Otto hat sich nicht sonderlich für die Natur interessiert. Oma hat die Stelle gesehen, wo er bis vor kurzem zur Waldschule gegangen war. Dann wurde er sehr müde und wurde in unser Zimmer getragen. Wir sind zu zweit einige umliegende Wege gelaufen, zu Schafen und später dem Sonnenuntergang über den South Downs. Otto lag zu der Zeit bereits im Bett, konnte aber nicht schlafen, bis Papa und Oma zurück waren.
Dienstag Morgen haben wir alle genossen, richtig gutes Frühstück kredenzt zu bekommen. Noch vorher hatte ich Otto im Morgentau zu den Schafen bugsiert, die ihn nicht sonderlich interessierten. Aber gut, der Blick über die sonnendurchfluteten Täler tat wenigstens mir gut. Später hat er doch nocht gefallen daran gefunden, auf dem Gelände des Zentrums rumzurennen, währen sich die Frauen sonnten.
Wir haben Mutti noch den Blick von Old Winchester Hill gezeigt. Dort erfuhr Otto auch, dass sie gewöhnlich Gummibärchen in der Tasche hat. Die würden ihn die kommenden Tage nicht mehr los lassen. Wir hatten dann noch einen sehr schönen Nachmittag am Fluss in Droxford und Corhampton, wo es auch noch Pizza gab. Der Frühling ist eine Freude; der Blüte geht gerade los; etwas später als letztes Jahr. Bienen schwirren durch die Kätzchen der Weiden am Wasser. Farbige Blumen im Revier.
Aber Mutti wollte vor allem hilfreich sein. Mittwoch haben wir daher den Garten ausgemistet.
Donnerstag hat Ellie gearbeitet, Otto ging zur Kita, Mutti und ich haben einen Haufen Schrott zur Müllkippe gebracht. Anschließend haben wir die Burg Portchester besucht. Otto freute sich abends sehr, als auch Oma ihn von der Kita abholte. Fragte sofort, "Wo sind die Gummibärchen?"
Freitag sind wir über Land gefahren. Zuerst zum Durleighmarsh Hof, wo man selbst ernten kann und Mutti schon einmal war. Da wollten wir picknicken, aber die Felder waren noch nicht zugänglich. Wir haben dann eine kleine Kirche ausprobiert, die sich als echter Glücksfall erwies. St Peter in Terwick. Ein kleines Gebäude, einzeln zwischen den Feldern, aber mit Straße und Parkstellplätzen davor. Da haben wir gegessen. Otto ist durch die Pfützen an einem Zufluss des nahen Flüsschen Rother gestapft. Aus einem Meer nebenan flog ein Reiher. Wir haben auf einem Lupinenfeld daneben gelegen, das später im Jahr wohl eine eigene Attraktion darstellt. Otto durfte auf Oma fliegen. Ich finde es immer schön, wenn er Interesse an Natur zeigt. Und im Feld nebenan fanden wir alte Rüben und Kartoffeln zum ernten; einige kochte ich mir abends und andere haben wir in einen Blumentopf gepflanzt.
All diese Orte liegen an der Landstraße von Petersfield nach Midhurst, und ich war sie noch nie so weit gefahren. Wie sich zeigt liegen dort entlang der Rother jede Menge alter Dörfer, mit alten Kirchen und Naturschutzgebieten und Wanderwegen, unterhalb der South Downs.
Wir sind die gleiche Strecke am nächsten Tag, dem letzten, nochmal gefahren, diesmal bis nach Midhurst. Das ist ein ganz alter, kleiner Ort, mit viel Geschichte. Die Hauptattraktion ist die Ruine des Palastes von Cowdray. Den hatten Ellie und ich schon vor vielen Jahren besucht, noch bevor wir ein Auto hatten. Das Gelände selbst ist derzeit zu, aber man kommt sehr nah ran. Wir haben auf einer Wiese Picknick gemacht, und Otto fand Ostereier. Das erste Mal, dass er das bewusst machte. Nicht nur das, auf dem Rückweg durch die alten Gassen traf er den echten Osterhasen, nebst Osterküken, und bekam noch zwei Schokoeier. Zurück sind wir über Chichester gefahren, entlang anderen Orten, wo Mutti schon mit uns gewesen war. Ganz allgemein ist der Frühling nun endlich ausgebrochen und die Landschaft in ihrer schönsten Phase. Ich werde wahnsinnig, was ich alles erwandern könnte.
Allgemein halte ich fest:
- ich bin dankbar, dass Otto mehr Deutsch hört. Er verst versteht alles, was Oma sagt, was fast magisch wirkt, auch wenn er nur auf Englisch antwortet. Es hat also gefruchtet, dass ich mit ihm immer deutsch gesprochen habe. Es ist echt gut, dass auch praktisch zu sehen.
- ...Ellie versteht übrigens auch alles
- Otto kennt jetzt "Gummibärchen"
- Otto hat seine Oma sehr lieb. Er hat ihr gezeigt, wie schnell er auf seinem Roller ist. Sie hat wieder beim Baden geholfen und sehr viel Händel gehört und vorgesungen bekommen
Neben Ausflügen hat Mutti auch sehr viel im Haushalt ausgeholfen. Ich habe Dinge geschafft, die seit Monaten rumliegen.
Trotzdem fühle ich mich gerade nach dieser Woche sehr gestresst, weil es viele Fragen öffnet, die im Alltag eben verblassen. Die Trennung von der Familie, unser fortschreitendes Alter; dass Otto diese Momente nicht ganz regelmäßig erleben kann, aber auch ganz einfach, wie wenig Kontrolle ich über mein Leben verspüre, wenn ich nicht gerade eine Woche frei habe und zusätzliche Hände - an all das wurde ich jetzt wieder erinnert.
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Gummibärchen, Oma! |
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Oma wird in Ottos Lieblings-Rennspiel auf der Seebrücke eingewiesen |