Sonntag, 27. November 2022

Farben froh

In den letzten Wochen haben wir das Herbstwetter nochmal genutzt.

Vor zwei Wochen zum Beispiel sind wir ins Umweltzentrum gefahren. Otto und ich haben Ellie die Stelle im Wald gezeigt, wo wir momentan Mittwoch vormittags zur "Waldschule" gehen. Ursprünglich sollte das einfach einem Stadtkind die Natur etwas näher bringen. Und es schlägt auch erstaunlich gut an, inklusive Singen und Geschichten zuhören. Aber auch ich selbst atme auf, wenn wir zwischen den Buchen sitzen.

Tags drauf sind wir wieder einmal in den Apfelgärten meiner Tango-Genossen gefahren. Diesmal haben wir drei große Tüten mitgenommen, und einen Strauß Petersilie. Auch dort ist der Herbst wunderbar, mit dem schönen Blick über die Felder auf die Bäume am Alten Winchester Hügel. Besonders freut mich, dass auch Ellie sich in der Gesellschaft ihr bis vor kurzem Fremder wohlfühlt. Und unsere Gastgeben freuen sich auch, wenn wir kommen; insbesondere über Otto.

Einen anderen Tag sind wir in Petersfield um den Ententeich gelaufen. Anschließend hat Otto auf dem Spielplatz entdeckt, dass er Schrägen herabrollen kann.


Abnutzung

Otto hustet seit inzwischen einem Monat rum. Besonders abends im Bett. Hustet und hustet und hustet. Auch wenn es ihm aus irgendwelchen Gründen keine Schmerzen zu bereiten scheint, ist es für uns Eltern schwer zu ertragen. Wir vermuten inzwischen eine Bronchiolitis, offenbar eine Kinderkrankheit. Nach diesem Monat wurde es für einige Tage dann statt besser noch schlimmer. Ellie hat zwei Nächte praktisch nicht geschlafen. Offenbar hat er sich im Kindergarten einen separaten Husten dazu geholt. Irgendwann nach 21 Uhr kriegt er oft einen besonders schweren Anfall und wir müssen früh ins Bett. Da liegen Ellie und Otto dann die Nacht lang rum und schlafen nicht. Und ich liege nebenan und fühle mich hilflos und wütend.

Ellie geht es schon schlecht genug. Ihr ist hundeübel. An manchen Tagen hält sie nur ihre Härte gegen sich selbst am Laufen. Ich leide auch, weil ich dann eigentlich den Tag übernehmen will, mir aber nicht ständig frei nehmen kann.

Was dann auch mein Wohlbefinden beeinträchtigt. Es geht auf und ab, aber ich spüre den Stress. Besonders abends, wenn ein weiterer Tag einfach ohne Befriedigung endet. Wenn man den ganzen Tag lang darauf wartet, endlich Ruhe und Zeit zu haben, dann aber keins davon eintrifft. Der typische Abend ist zu kurz und zuviel muss reinkomprimiert werden. Endlich in Ruhe mit Ellie reden, aber auch endlich wichtige Aufgaben erledigen, aber gleichzeitig will man nach den Aufgaben des Tages auch endlich mal einfach Unterhaltung. Dann sehe ich, dass unser Familienleben auch bei bester Planung am Ende einfacher Arithmetik ausgeliefert ist: es gibt einfach zuviel zu tun und zu wenig Hände. Und an solchen Abenden fragt man sich, wie es denn mit zwei Kindern werden soll.


Otto Nachrichten

  • ein neues Gutenacht Spiel: wenn wir die Treppe hochgehen, rennt Otto erst nach rechts in Gästezimmer. Er kommt aber kichernd zurück, wenn Papa ankündigt eben selbst im Ottobett zu schlafen.
  • Otto macht große Fortschritte auf seinem Töpfchen. Er sagt ziemlich verlässlich rechtzeitig bescheid, wenn er muss. Ich bin überrascht, dass er das innerhalb weniger Wochen erlernt hat.
  • er übt die letzten zwei Wochen hüpfen und springen. Oft mit Froschlauten.
  • Sprachentwicklung: wenn wir im Auto das Lied von der Vogelhochzeit hören, kommentiert er, dass auch wir ja Mittwochs immer in den Wald fahren. Und er weiß, dass Papa des Müllers Lust teilt.
  • Auch benutzt er den Konjunktiv und "vielleicht", was mich überrascht.
  • er reagiert auf unsere Gefühle: wenn es Mami nicht gut geht, macht er sich große Sorgen und umarmt sie.
  • seine Kita Tage ändern sich und damit Ellies Arbeitstage. Er geht jetzt Mittwoch bis Freitag, d.h. so wie früher zur Tagesmutti. Das gefällt mir besser, weil er generell am glücklichsten ist, wenn er mehrere Tage bei uns ist.

Johannes Nachrichten

  • Diesen Montag musste ich zum ersten Mal seit fast drei Jahren ins Büro, um einen neuen Laptop abzuholen. Sogar in Deutschland war ich in dem Zeitraum häufiger. Wirkte auch gar nicht merkwürdig. Und es ist völlig leer. Ganze Räume sind verlassen und abgeschaltet. Offenbar bevorzugen die meisten wie ich zu Hause zu arbeiten. Lange möge das so bleiben.

  • An dem Tag habe ich auch gemerkt, welchen Unterschied ein paar Stunden weniger Bildschirm machen. Ich war abends richtig frisch.

  • letztens eine schöne Anekdote. Thomas, vor 10 Jahren auf der Isle of Wight und heute in Münster und taucht alle paar Jahre in meinem Leben auf, lud mich zu seinem 50. Geburtstag nächstes Jahr zum Wandern in Schottland ein. Wir mir zu dem Zeitpunkt unmöglich sein, aber der Modus der Einladung, mit fotokopierter Handschrift in Brief, hat mich so angesprochen, dass ich für die Antwort selbst mein bestes Briefpapier rausholte.

  • Lektüre: ich lese ob Erschöpfung stochastisch; etwas Wilhelm Busch, etwas Jane Austen, etwas Obama, etwas Geschichte, und den Anfang eines interessanten Buches über den polnisch-sowjetischen Krieg 1919-20 und die Bildung Zentraleuropas nach dem Ersten Weltkrieg.


Otto zeigt Mami wo er Mittwochs am Lagerfeuer singt

Wer unseren Garten erkennt der sieht, dass der letzte Sturm den besten Busch in der Ecke umgeweht hat. Das war der einzige Schatten im Sommer.

Mochi lässt Otto langsam an sich heran

Mittwoch, 9. November 2022

Neue Vorlieben

Otto war ein paar Tage krank mit Husten. Nichts großes, aber wir hatten sofort Schiss vor plötzlichen Krupp Anfällen.


Inzwischen wissen wir, dass Otto wirklich gerne in die Kita geht. Gleichzeitig findet er die Unterhaltung toll, zu der wir jeden Mittwoch in den Wald am Umweltzentrum fahren. Ich war wirklich überrascht, dass er das Vorlesen und das gemeinsame Singen am Ende nicht nur ertrug, sondern sich richtig gefreut hat. Mittwoch ist für ihn toll; er freut sich auf den Wald am Vormittag und auf die Kita danach. Schadet nicht, dass er dazwischen aus dem Cafe immer Kuchen kriegt.


Für mich ist der Vormittag auch wertvoll. Der Kontrast zwischen Schreibtischloch und den Stunden zwischen den Buchen tut mir sehr gut. Gerade im Moment genieße ich die Herbstfarben, und das vorwinterliche Gefühl in der Landschaft, gerade dort in den South Downs, wo man Blicke hat.


Otto Nachrichten

Otto lässt sich seit Neuesten gerne vorlesen. Besonders abends legt er sich dazu in sein kleines blaues Zelt im Wohnzimmer. Vielleicht, weil er etwas krank ist und ruhen will. Wobei das eine bisher nie zum anderen geführt hatte. Einmal hat er sogar auf dem Sofa gelegen und alleine durch ein Bilderbuch geblättert. Das macht mich sehr glücklich; ich wollte das schon lange machen, aber bisher hat er alle Versuche lautstark abgelehnt.

Otto hat seine volle Eloquenz gefunden. Er plappert los sobald er aufwacht ("steht der grüne Honda auf der Straße Mami?") und hört nicht auf bis er einschläft. Seit er das Wort "Warum" gelernt hat setzt er es rücksichtslos ein.


Johannes Nachrichten

Ich schreibe seit einem Monat erfolglos an Weihnachtskarten. Die Abende sind so kurz, man fühlt sich immer zerrissen etwas zu schaffen oder endlich mit Ellie zu sprechen wie normale Menschen. An Arbeitstagen ist man den ganzen Tag im gleichen Haus, aber in getrennten Leben.


Mit Klanghölzern im Liederkreis im Wald

Der kleine Lord lässt sich vorlesen



Samstag, 29. Oktober 2022

Potto

Inzwischen geht Otto seit drei Wochen in die Kita. Inzwischen schließe ich vorsichtig, dass er da lieber hingeht als zur Tagesmutti. Losgehen will er nicht, aber wenn wir erstmal da sind, stürmt er gleich hinein. Und soweit wir wissen, spielt er begeistert mit allen Spielzeugautos und den Pfützen im Außenbereich. Er ist abends auch müde und nicht aufgedreht wie nach der Tagesmutti. Für uns ist die Logistik eine Erleichterung.

Unabhängig davon habe ich Otto sechs Teilnahmen an einer wöchentlichen Kinderbespaßung im Wald im Umweltzentrum gebucht. Das findet praktischerweise jeden Mittwoch vormittag statt, wenn ich ihn habe. Bisher haben wir einen sehr schönen Herbst und auch mir tut es sehr gut, mal in die Natur zu kommen. Otto spielt dann in der Matschküche, oder sägt und bohrt Holz, oder hämmert Pfähle in die Erde.

Dieses Wochenende hat er dann spontan seine Windel gegen einen Pott eingetauscht. Eigentlich hatten wir dafür eine Woche eingeplant, um ihn richtig umzugewöhnen bevor er wieder zur Kita geht. Aber er hat seit einiger Zeit gegen Windeln protestiert, und Samstag Morgen wollte er dann endlich seinen Pott haben. Bisher stellt er sich erstaunlich geschickt an. Nicht ganz klar, wie es dann nach nur zwei Tagen in der Kita läuft.

Mitte der Woche hatten wir richtig Stress, als unser Internet ausfiel und unser Anbieter einfach kein Ersatzgerät organisiert bekam. Einige Tage habe ich bei einem Freund um die Ecke gearbeitet. Am Ende hat es Ellie gelöst, in dem sie sich auf sozialen Medien öffentlich beschwert hat. Ich kann sowas nicht.

Es war wieder ein Beispiel, wie mich Dinge viel mehr stressen, als sie es vor drei Jahren getan hätten. Man kommt zu so wenig, da fällt das Haus schneller auseinander als man hinterherreparieren kann. Die letzten Wochen brauche ich dann wieder mehr  Entspannung durch Ablenkung und bunte Geschichten. Zum Beispiel spiele ich weitere Folgen der alten Computerspielreihe Monkey island. Ich erinnere mich, früher mit Adventures gar nichts anfangen zu können. Aber heute schätze ich eine schöne Geschichte mit schönen Farben. Ebenso lese ich eher Stolz und Vorurteil zum zweiten Mal als Obama zum ersten. Altbekanntes schlägt neues; ich frage mich ob das nicht allen Eltern so geht nach einiger Zeit.

Aus den selben Gründen habe ich endlich meine Herbstwanderung ausgeführt. Erstaunlich, was man aus der Natur zieht, wenn man den Großteil seines Lebens im gleichen Zimmer verbringt. Hinter der Hubertuskapelle bin ich die Strecke gelaufen, die ich mit Friedemann im Mai erkundet hatte. Ich habe einen Turmfalken, drei Rehe und hundert Fasane gesehen, die aus Feldern und Büschen stoben. Die Bäume haben eine schöne Färbung, ebenso die Beeren an manchen Büschen, und es gibt sogar noch Brombeeren. Eine schöne Frühwinterliche Athmosphäre liegt über manchen Stellen.





Im Wald




Sonntag, 9. Oktober 2022

Alle Ottos Äpfel

Heute sind wir ein zweites Mal aufs Land zu meinen Tango-Bekannten mit den Apfelbäumen gefahren. Wie gestern war es ein besonders schöner, sonniger Herbstag. Zuerst machten wir ein Picknick an der Kirche von Droxford, zwischen der Pracht der Bäume, die sich gerade färben. Ein Freude, Otto dazwischen zu sehen.

Bei unseren Bekannten angekommen haben wir zwei große Säcke mit Äpfeln gefüllt ohne den Bäumen viel Last abzunehmen. Otto schnappte sich auch einige tief hängende Früchte und rannte ansonsten viel rum. Diesmal erfuhr ich etwas mehr über unsere Gastgeber. Sie wohnen etwa 40 Jahre in diesem Haus, was inzwischen Millionen wert sein muss mit dem wunderschönen Blick auf den Alten Winchester Hügel und der Nähe zu den wohlbetuchten Orten am Fluss Meon. Er war in der Handelsmarine; sie stammt aus Finnland und lernte ihn kennen, als sie in den frühen 1970ern auf seinem Schiff nach England fuhr, bevor es Billigflüge gab. Ihre Kinder sind in vier Ländern verstreut, nur die jüngste wohnt in London. Und die Ernte in ihrem großen Garten wird mit dem Alter eben nicht einfacher. Aber Tanzen haben sie fast zur gleichen Zeit wie ich angefangen (2009, Salsa in Lodz).

Mir tut die Fahrt über Land und die Blicke und die Natur immer sehr gut. Während wir uns unterhielten, beschäftigte Ellie Otto, der am liebsten in den Gartenteich gestiegen wäre. Ich merkte, wieder, dass ich mir irgendwo Sorgen mache, sobald wir uns diese Aufgabe nicht genau zur Hälfte teilen.

Johannes Nachrichten

  • Ich habe eine neue Klobrille angebracht. Hat mich gerade mal ein halbes Jahr gekostet.






Samstag, 8. Oktober 2022

Ecce homo

Vor anderthalb Wochen hatte Otto eines Nachts wieder einen Anfall von Pseudokrupp. Wir erkannten es sofort, trotzdem ist es furchtbar zu hören und zu sehen. Otto und Ellie kamen wieder per Krankenwagen ins Krankenhaus; ich holte sie wieder per Auto ab. Das spielte sich zwischen Mitternacht und 4 Uhr morgens ab. Das verbundene Erkältungsvirus hat auch bei mir ordentlich reingehauen, und der Schlafverlust hat dabei nicht geholfen.

Nichtdestotrotz wollte ich am Wochenende endlich mal wieder aus der Stadt. Ich muss sagen, dass meine komprimierten Arbeitstage mir zusetzen. Ich musste einfach mal raus, und auch war unser Auto wieder einsatzfähig. Wir sind an einem schönen Herbsttag auf den bekannten Selbsterntehof gefahren. Mit den Jahren gefällt mir dieser Ort immer mehr. Die Blicke in die Landschaft allein sind die Reise wert. Momentan wachsen Reihen von Kohl, Brokkoli und Möhren. Gibt einem ein wohliges Gefühl; vermutlich weil ich sonst kaum noch was sehe von der echten Welt vor der Tür.

Heute sind wir an einem besonders sonnigen Herbsttag zum Haus Stansted gefahren, und morgen besuchen wir wieder die Leute mit dem Apfelgarten. Otto ist wirklich für die Natur gemacht. Es ist eine Freude, ihn draußen zu sehen.

Otto ist momentan spürbar glücklich mit seinen Eltern. Er schläft auch super ein. Man legt ihn praktisch hin und er schläft innerhalb von zwei Minuten, solange er meine Hand halten kann. Das liegt nicht zuletzt daran, dass er lange Zeit nicht mehr von uns getrennt war. Durch Krupp und dann Urlaub war er nicht mehr bei der Tagesmutti. Und jetzt geht er nur noch zweimal hin bevor die Kita anfängt.

Otto Nachrichten

  • Otto hat das erste Mal Bratapfel probiert
  • unabhängig von der regulären Kita habe ich Otto eine besondere, wöchentliche Veranstaltung gebucht: 6 Vormittage Kinderbespaßung im Wald des Umweltzentrums. Davon haben wir zufällig erfahren, und es findet ausgerechnet Mittwoch Vormittag statt, wenn ich Otto habe. Bedeutet zwar insgesamt eine Stunde im Auto, aber auch mir wird es gut tun ins Grüne zu kommen.
  • Otto hat das Wort "Warum" gelernt und setzt es rücksichtslos ein.
  • Er singt das komplette Alfabet-Lied, und er spielt aktiv mit seinen kleinen Puzzlen, die bisher einfach nur Holzspielfiguren gestellt hatten.
  • Er singt viel und alle unsere Liederbücher kommen aus ihren verschiedenen Ablagen. Das freut mich besonders. Otto will insbesondere, dass ich beim Vorsingen mit dem Finger die Noten verfolge.
  • ... insgesamt finden beide Eltern es merkwürdig, sehr merkwürdig, wie hier ein richtiger, selbstbestimmter, verständiger Mensch steht.

Johannes Nachrichten

  • Ich will mich bei einem lokalen Zahnarzt anmelden. Stellt sich raus, die meiner Wahl spricht dank Studium in Deutschland fließend deutsch. Vielleicht guckt sie deshalb genauer hier als die in der Vergangenheit. Jedenfalls wird es teuer, sollte ich mich für sie entscheiden.
  • so etwa gleichzeitig mit der Erkältung macht auch mein Ischias Probleme. Das dauert meistens eine Woche.
  • Insgesamt ist mein Wohlbefinden weiterhin mittelmäßig.

Montag, 26. September 2022

Diese Woche haben wir etwas auf uns geachtet. Ich habe mehr Nächte im Gästezimmer geschlafen; da ruhe ich mich einfach besser aus. Samstag habe ich mir etwas Zeit ausbedungen um einige langweilige aber nötige Sachen zu erledigen und endlich ein Gefühl von Fortschritt zu haben. Am gleichen Tag kamen Ellies Vater, Frau, deren Tochter und Enkelin zu Besuch, letztere so alt wie Otto. Das Teilen von Spielzeugen hat ganz passabel geklappt. Otto hat gelernt, wie man andere Kinder umarmt, wenn sie Tröstung brauchen.

Sonntag bin ich mit ihm mehrere Stunden ans Meer gegangen. Das kompensiert für mich die ganze Zeit im Haus. Gibt mir das Gefühl, mein Kind an die frische Luft zu bringen. Und es hilft Ellie, die meinem Bauchgefühl nach momentan auch mehr Zeit für sich selbst braucht.

Otto Nachrichten

  • Ich habe diese Woche das Klavier rausgeholt und diesmal hat es bei Otto etwas mehr geklickt. Er versteht, dass ich irgendwie seine Lieder spielen kann, aber nicht, wie. Er selbst lässt am liebsten seine Autos über die Tasten fahren.
  • Ebenso haben wir die Laterne wieder ausprobiert und in der Tat spricht Otto mehr auf sie an als letztes Jahr. Leider hat er dann auch sofort den schönen Papier Schirm zerrissen.
  • Otto kann richtig Puzzle machen!

Johannes Nachrichten

  • Heimwerken: ich habe gelernt, Lattenroste am Bett und Schwellenleiste an Türen zu reparieren.
  • Ich bin endlich wieder zurück zu Obama Buch gekommen



Eine Fliege war im Raum und Otto sorgte sich, dass sie nicht genug Autos zum spielen hat.



Sonntag, 18. September 2022

Spielball

Seit meiner Rückkehr von Muttis Sommerfest in Templin scheint mein Leben härter. Das hat mehrere Gründe. Einmal vermute ich einen doppelten Kulturschock, bei An- und Rückreise. Die Uckermärkische Weite, Stille und Dunkelheit, sogar der Duft der Kiefernwälder, waren ein Kontrast zu meinem gewöhnlichen Leben. Aber lange Zeit war das ja der Normalzustand für mich gewesen, und kroch schnell wieder in die Knochen. Darum wirkte die Rückkehr in den Trubel Südenglands und mein fast ausschließlich auf mein Haus beschränktes Leben dann ebenfalls desorientierend.

Letzteres hat sich jetzt noch mehr verstärkt. Ellie arbeitet nun drei Tage die Woche statt zweieinhalb. Wir konnten Ottos Zeit bei der Tagesmutti aber nicht erhöhen. Darum nehme ich mir jetzt jeden Mittwoch Vormittag frei und betreue ihn. Was auch angenehm ist, insgesamt. Aber die Stunden muss ich die anderen Tage wieder rausholen. Das lässt wirklich nichts mehr übrig. Eine halbe Stunde gehetzter Spaziergang zum Mittag vielleicht. Unter der Woche verlasse ich das Haus praktisch nicht mehr. Ich merke, dass ich Dienstag abend mental spürbar erschöpfter bin als vorher.

Zuletzt belastete mich, dass wir Kind Nummer zwei nun wirklich angehen wollen. Das hatten wir zwar besprochen, aber ich habe den Gedanken nicht wirklich an mich ran gelassen. Da habe ich genauso viel Schiss wie beim ersten Mal. Ich fühle, dass ich mein eigenes Leben gerade erst wieder zurück bekomme, den Kopf gerade erst über Wasser. Und dann will man sich gleich wieder in zwei Jahre stürzen, wo man nur für andere lebt.

Wir erleben eines sehr schönen Herbst. Ich würde gerne mal wandern, aber dazu fehlt die Zeit. Letztes Wochenende sind wir Otto noch zu einem Cafe gefahren, wo er in so einer Art Miniatur-Stadt spielen konnte, während wir Kaffee tranken. Natürlich nie gleichzeitig. Anschließend haben wir ganz viele Brombeeren gepflückt, die an einer Stelle immer noch reifen.

Eine Woche später haben wir einen besonders schönen Ausflug nach Rowlands Castle gemacht. Wegen kaputten Autos durfte Otto mal wieder in den Zug, und vor Ort sind wir auf die baumgesäumte Blickmeile zum Haus Stansted gegangen. Ich wusste aber nicht, dass der parallele Streifen Wald richtig schön ist, und der Feldsaum daneben ebenso. Das war ganz privat, überall waren noch Brombeeren zu finden, und wir hatten plötzlich einen richtig schönen Ort für ein Picknick, Otto konnte in der Natur spielen und in der Ferne fuhr regelmäßig die Eisenbahn vorbei. Wir fühlten uns wie richtig gute Eltern.

Abends dann kam ein Hammerschlag: Ottos Tagesmutti will aufhören. Nach dem ersten Schock hat sie zwar präzisiert, dass sie solange weitermacht, bis wir Ersatz gefunden haben. Aber ich kann mich kaum erholen. Es ist so schwierig überhaupt jemanden zu finden, wo sollen wir das jetzt so kurzfristig herholen; geschweige denn jemanden dem wir vertrauen; wieviel mehr wird es uns kosten wenn ohnehin alles teurer wird. Nur ein halbes Jahr mehr hätten wir gebraucht bis Ottos Kita-Platz beginnt.

Ich hatte schon lange das gefühlt, dass wir anfallenden Aufgaben in Haushalt und Lebensplanung kaum noch hinterherkommen. (Das Auto kostet uns auch schon wieder ein paar Hundert an Reparatur). Jetzt wirkt es, als würden wir trotz ständigen Rennens auch noch zurückfallen.


Otto Nachrichten

  • Otto interessiert sich sehr für Schrift. Manchmal schleppt er einem ein Buch an, speziell damit man ihm was vorliest. Er versteht, das es mit diesen Zeichen irgendwas auf sich hat.
  • Otto guckt sich Puzzle an. Darum haben wir Sannis kleine Feuerwehrpuzzle ausprobiert und Otto versteht das Prinzip erstaunlich gut. Hätte ich noch nicht erwartet.
  • .... fragt und fragt und fragt "Was ist das?" und "Was isst das?"
  • er spricht fast in ganzen Sätzen. Und er spricht jetzt in der ersten Person von sich. Insbesondere sagt er "Ich mag das". Zum Beispiel "Ich mag Dada" - dann darf er natürlich doch noch zu mir ins Bett.
  • Otto hat aus Rostock 3 Matchbox Autos erhalten, mit denen ich damals noch gespielt habe. Zwei sind sogar englische Importe: ein Lotus Super Seven, und ein Mini Ha-Ha

Johannes Nachrichten

  • Ich wollte eigentlich Obamas Buch weiter lesen, bin aber stattdessen auf den zweiten Band der James Bond Reihe abgeglitten, Leben und Sterben lassen. Wegen der Ästethik der alten Filme aus den 50ern größtenteils. Das Buch ist auch gut und liest sich locker weg.


Otto war einen Mittwoch lang krank

Stansted Park

In der Spielstadt


Montag, 29. August 2022

Tante Kalina

Es geht weiter mit den Menschen die man mal täglich gesehen hat: gestern kam Kalina für eine Nacht zu uns. Auf der Durchfahrt nach Southampton, wo sie ihre alte Wohnung verkauft. In meinem Kopf ist das noch die neue... Wir hatten uns seit meinem Geburtstag 2019 nicht mehr gesehen. In Magdeburg hatte ich fast täglich noch Tee bei Aleksieva Schwestern getrunken. Fast schon nicht mehr wahr.

Also hat sie Otto kennen gelernt; sie hat den klassischen Anfängerfehler gemacht sein Gewicht zu unterschätzen und als der ins Bett gegangen war haben wir noch am Meer gesessen. Die Zeit und Umstände für Gespräche waren begrenzt, aber dafür war es sehr schön.

Am nächsten Morgen fuhr Kalina weiter. Sonst hätte sie nachmittags mit uns die Hubertuskapelle umgeben von Sonnenblumen sehen können. Überall machten Leute Fotos. Ich habe diesen kleinen Ausflug sehr genossen; es war ein besonders schöner Tag im Frühherbst. Die vollen Bäume, Hecken mit reifen Früchten; Otto an den letzten Brombeeren des Jahres. Der blauweiße Himmel, die Stoppelfelder und dahinter die grünen Wälder. Tat mir irgendwie sehr gut. Ich träume dann davon, irgendwann mit Otto durch so eine Landschaft zu wandern, Drachen steigen zu lassen, Beeren sammeln, Kuchen backen.


Brombeeren > Mund


Original Bulgarisch


Samstag, 27. August 2022

Oma und Tante Rieke

Anfang August kamen Mutti und Rieke auf Besuch; hier bekannt als Oma und Tante Rieke. Für Mutti war das letzte Mal 2 Jahre her, für Rieke 7. Erst jetzt komme ich dazu darüber zu schreiben, denn es die Erinnerung wert. Vieles habe ich inzwischen sicherlich vergessen; das subtilere ohne Zweifel; daher eine kurze Auflistung unserer Ausflüge.

  • ein Picknick an der Kirche von Droxford, anschließend mit Otto die Füße in den Meon gesteckt. Die South Downs sind enttäuschen nie.
  • selber ernten auf der Durleighmarsh Farm. Otto wieder in den Blaubeeren.
  • die Sonnenblumenfelder auf der Insel Hayling. Leider sichtbar geschüttelt von der Dürre. Ich habe Wasser auf Ottos Autositz geschmiert, weil ich echt Skrupel hatte in da reinzusetzen.
  • ein Nachmittag im Umwelt Zentrum, wo ich einige Wochen vorher eine Übernachtung zum Geburtstag bekommen hatte. Oma und Tante musste sehen, dass man in Ottos Gesellschaft wirklich nicht essen kann.
  • Der Kunsthandwerkermarkt in Bosham bei Chichester, Windelwechselns in der Krypta der Kirche und mit den Füßen im Bach
  • Schloss Arundel für Mutti und Rieke, während wir mit einem leicht erkälteten Kind in den Gärten blieben. Otto bekam eine Schildkröte zu sehen.
Leider machte zum Ende hin die Hitzewelle alles schwierig; ich habe mich wenn möglich nur noch im Haus verkrochen. Wohin man auch fuhr, so verbrannt habe ich die Landschaft noch nie gesehen. Sagt man ja inzwischen jedes Jahr.

Abgesehen von den Ausflügen waren wir auch viele Abende zu dritt am Meer. Da war es frisch und ich konnte baden, die Schiffe fuhren und wir haben geredet wie es sich gehört. Mutti hat immer drauf geachtet, dass wir auch eine Flasche Bier mitbringen, oder zwei.

Ganz besonders schön fand ich es auch Mutti und Otto zu sehen. Enkel hatte, das glaubt man uns ja nie wirklich, keinerlei Berührungsängte und hat beide sofort dienstverpflichtet. Mutti hat ihn abends gebadet und ganztags viel bespaßt, besonders im Garten, was ich sehr gerne gesehen habe. Wir sind regelmäßig auf den Spielplatz gegangen; ich freue mich, dass sie eben auch den Alltag gesehen haben. Inklusive der Stressmomente und Reibepunkte, die viele Eltern gerne verschweigen. Es war gerade unter dem Gesichtspunkt schön, auch mal Aufgaben verteilen und selbst etwas mehr entspannen zu können.

Nicht zuletzt war es natpürlich gut, dass um Otto mal deutsch gesprochen wurde. Er versteht alles.

An drei Tagen mussten wir arbeiten, da sind Mutti und Rieke selbst umhergezogen, einen Tag auf die Isle of Wight.


Das erste Mal Zoo

An den zwei Wochenenden seit dem Besuch sind wir mit Otto zweimal in den Zoo Marwell gefahren, etwa vierzig Minuten nordwestlich von uns. Das erste Mal, weil er noch nie in einem Tierpark gewesen war und er nur noch ein halbes Jahr gratis rein kommt. Das zweite Mal, weil man momentan innerhalb von sieben Tagen gratis noch einmal reinkann. Das erste Mal schien er mir noch ein bisschen zu jung dafür zu sein. Aber nach dem zweiten Besuch heute bin ich mir da nicht mehr so sicher. War vielleicht einfach zu heiß gewesen. Seine Lieblingstiere waren erst die Nashörner, jetzt  die Meerkatzen. Ellie und ich mochten die Okapis am meisten. Eines Tages im Rostocker Zoo, wie Papa als Stepke.

Otto Nachrichten

  • viele liebgewonnene Dinge sich nicht mehr in Mode. Wir dürfen ihn weder Dodo noch Bot nennen. Er sagt dann so schnell "Noooo, Otto!", dass wir ihn inzwischen "Notto" ausprobieren.
  • Wenn er in der richtigen Stimmung ist, quatscht und quasselt er mit Gusto und in richtigen Sätze n, auch wenn man etwas Erfahrung braucht um sie zu verstehen. Aber da merkt man mal, was er alles mitkriegt, wieviel er sich merkt und was für Details er ausdrücken will. Es macht ihm auch sichtlich Spaß und er redet manchmal einfach deshalb. Dann muss man immer die gleichen Fragen beantworten. Man sieht schon jetzt, wieviel er mal fragen wird. Zum Glück will ich ihm auch viel beibringen.
  • Seit einiger Zeit bewegt er sich bevorzugt auf Papas Schultern fort, genannt Papa-Pferd und angefragt mit Schnalzlauten. Das hat er lange nicht gemocht. Jetzt sehe ich in den Spiegelbildern vorbeiziehender Fenster, wie Otto mit verzücktem Ausdruck auf Papas Kopf kollabiert. Aber er ist wahnsinnig schwer!
  • Dazu muss ich ihm seine neuen Lieblingslieder vorsingen. Vor ein paar Wochen habe ich im Auto mal die späteren Nummern seiner CD ausprobiert. Seitdem will er nichts mehr von Summ Summ Summ hören. Stattdessen nur noch: "Oh du lieber Augustin", "Niklausabend" und vor allen Dingen "Horch was kommt von draußen rein". Alle paar Minuten hört man ihn "Hollahi, hollaho" singen. Und auch den restliche Text kann er verdammt gut.
  • Er wechselt inzwischen nahtlos zwischen Deutsch und Englisch. Er kennt natürlich mehr englische Worte, aber wenn er etwas haben will, fragt er zuerst Mami in ihrer Sprache, und wenn das nicht klappt, fragt er Papa in seiner. Ich erwarte trotzdem, dass er Deutsch mit etwa drei Jahren ablegen wird. Aber das Fundament ist da, und das freut mich wirklich.
  • Er interessiert sich auch zunehmend für Schrift. Ich muss ihm die Texte in seinen Bilderbüchern vorlesen und er will auch, dass ich dabei auf die Worte zeige. Wir versuchen daher wieder erste Buchstaben beizubringen. Er spricht auch die englischen Zahlen bis 10 nach, versteht die Bedeutung aber wahrscheinlich nicht.
  • ... bei all dem positiven ist er momentan aber auch ausgesprochen launisch und ungeduldig. Wenn dann nicht sofort passiert was er will brüllt er los und schmeißt und beißt und haut.

Johannes Nachrichten

  • ... und das kann ich nicht einfach mit "ist halt normal in dem Alter" wegwischen. Ich muss deutlich sagen, mein nervliches Wohlbefinden hängt in den letzten Wochen an einem dürftigen Strang. Das hängt sicherlich auch mit meinem Schlaf zusammen, aber die Umstände sind letztendlich irrelevant. Vor einer Woche fühlte ich mich kurz vor einem Nervenzusammenbruch, als ich morgens schon fertig war und zuviele Sachen auf einmal auf uns einprasselten. Ellie musste den Katzen Medizin reinwürgen und schloss sich dazu in ein Zimmer ein; fünf Sekunden nachdem ich Otto übernommen hatte hämmerte der brülllend an ihre Tür und ich hatte dieses schreckliche Gefühl, dass alle Tricks und alle Mühe nichtmal das Allernötigste erreichen würde. Und das hat es plötzlich ausgesetzt und ich musste raus in den Garten rennen, weil ich es nicht ausgehalten habe, gleich am frühen Morgen. Wir haben uns abends zum Glück darüber unterhalten. Ich fühle mich immer furchtbar, wenn es scheint, dass ich nicht mal fünf Minuten die Arbeit machen kann, die Ellie den ganzen lieben langen Tag schafft. Und das mir bei Otto sowohl das Talent zur Unterhaltung fehlt als auch die Gedult, die Ellie seit jeher aus einer mir unergründlichen Reserve hernimmt, und ich damit noch mehr Druck auf ihr lasten lasse. Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass ich mehr und früher schlafen kann. Aber ich sage es immer wieder: die Erlebnisse des ersten Jahres stecken weiter in uns, mit Gefühlen von Schuld und Ohnmacht, egal ob nun berechtigt oder nicht.







Sonntag, 31. Juli 2022

Samstag, am Tag vor der Reitstunde, wollten wir eigentlich zum jährlichen Drachenfestival in Portsmouth. Wegen des Verkehrs sind wir aber am Ende zur Burg Portchester gefahren. Ähnlich wie die Insel Hayling ist die mit Kind sehr viel interessanter als früher. Vor allem ist es römisch ummauert, sodass man Otto frei laufen lassen kann. Denn laufen muss er. Dass, und Steine ins Wasser schmeißen. Zuerst in den Graben der mittelalterlichen Burg. Später in die Bucht von Portsmouth, vor den Mauern, von wo man die Stadt un die Isle of Wight sehen kann. Erstaunlich wie schön man es empfindet, einfach rumzusitzen, solange ein Kind glücklich ist. Wir haben kleine Krabben gesehen - die laufen wirklich seitwärts!

Irgendwann versteht Otto, was eine Ritterburg ist. Und dann geht's ab.


Otto Nachrichten

  • seit Kurzem bemerke ich zum ersten Mal, dass Otto gezielt Sprachen wechselt. Wenn Mami nicht zu den Blackberries will, fragt er Papa nach Brombeeren.

Johannes Nachrichten

  • ich bin fertig, einfach nur fertig. Otto hat einige Nächte lange so lange zum einschlafen gebraucht, dass ich selbst längst hätte schlafen sollen.



Pferde und Äpfel

Als ich die Übernachtung im Umweltzentrum genoss, die mir Ellie zum Geburtstag geschenkt hatte, hatte ich den Wunsch, ihr auch etwas schönes zu schenken. Ich wusste seit einigen Jahren, dass sie mal gerne einen geführten Ausritt im Grünen machen würde. Ich selber kenne mich da ja auch nicht aus, aber nach einiger Recherche entschied ich mich bei einer Reitschule am Fluss Meon zwei Stunden zu buchen. Ich schlimmsten Falle wäre man da wenigstens in einer schönen Ecke. Und Otto könnte ich da auch einfach betreuen. Termin war der Tag vor Muttis und Riekes Ankunft.
Ich hatte Otto vorsichtshalber die Tage vorher schonmal darauf vorbereitet, dass Mami reiten gehe und eine Weile nicht sichtbar sein wird. Er war aber total begeistert, als Mami Reitschuhe und einen Helm bekam und dann auf Poppy das Pferd stieg. Er selbst wollte auch reiten, auf Papas Schultern. Das macht er seit Kurzem gerne. Ellie ist dann mit Begleitung die stillgelegte Bahnlinie lang geritten, wo wir auch schon oft spazieren gegangen sind.

Otto dagegen ist nach Mamis Abmarsch über den Wanderpfad und ein Feld rüber zum Meon geritten. Dort haben wir lange im Wasser gestanden und Otto hat Steine geschmissen. Als ich ihm gerade die nassen Sachen wechseln wollte find es an zu regnen. Zum Glück fing gleich daneben ein sehr geschützer Hohlweg an, wo ich ihn nicht nur umziehen konnte, sondern er hat sich auch überraschend gut mit Büschen und Beeren unterhalten. Der Pfad führt zur Kirche von Droxford, einem der schönsten Orte im ganzen Meon-Tal, nicht zuletzt wegen der Spielecke. Das Cafe hatte zu; zum Glück fragte Otto nicht nach dem versprochenen Kuchen. Stattdessen spielte er im Kirchenschiff mit den Autos aus der Spielkiste.
Ich habe bis heute immer ein bisschen Schiss, Otto alleine bespaßen zu müssen. Aber dieser Wechsel von Wasser, Feld, Bäumen und Kirche hätte ihn den ganzen Nachmittag auf Trab halten können. Er ist halt ein richtiger Naturbursche. Wir sagen immer, er wäre früher der perfekte Bauernsohn gewesen. Groß, stark, null Berührungsängste. Solange er auf seinen starken Beinchen draußen rumstapfen kann ist er glücklich.

Ellie war auch auf Trab gewesen und hatte den Ausritt sehr schön gefunden. Das ließe sich also nochmal machen. Es war Mittagszeit und ich hatte nicht an Proviant gedacht. Darum habe ich die Familie zu Pizza in einer nahen Kneipe eingeladen. Ellie fühlte sich zu dem Zeitpunkt langsam von gewissen Nebenwirkungen des Reitens immobilisiert. Aber Pizza im Garten nach zwei Stunden in der Natur war was schönes. Zum Glück war der Garten ummauert und abschließbar.

Zuletzt fuhren wir zu Leuten, die ich vom Tango kannte. Die hatten ganz viele Äpfel loszuwerden. Eigentlich wollte ich die nur einpacken, aber wie das so ist lief es am Ende auf Kaffee und Apfelkuchen hinaus, während Otto begeistert durch ihren großen Garten lief. Die haben da wirklich ein schönes Häuschen, gleich unter dem Alten Winchester-Hügel, wo ich oft wandern war. Insgesamt ein sehr viel längerer und schönerer Tag als erwartet, für alle.






Montag, 25. Juli 2022

Samstag letzter Woche habe ich noch einmal die Wanderung gemacht, die ich mit Friedemann zum ersten Mal probiert hatte. Von der Hubertuskapelle über einen Hügel zum Cafe in Compton, durch Wald und Feld mit schönen Aussichten. Vormittags, um die größte Hitze zu vermeiden. Dazu habe ich mir einen Bekannten mitgenommen, der auch gerne wandert und sich für Natur interessiert. Wir haben Rotmilane und sogar Himbeeren gefunden.

Otto dagegen stürzt sich momentan auf die sehr früh reifenden Brombeeren. Eigentlich hatte ich ihm zeigen wollen, dass die noch lange nicht fertig sind, aber ist gar nicht so nee nee. Jetzt gehen wir jeden Tag zu einem bestimmten Busch auf einem Hinterhof die Straße runter. Sogar Otto schafft die nicht alle, und wir bringen immer eine Dose mit nach Hause.

Sorgen machen ihm nur die Dornen. Genau wie Seetang. Egal ob er in der Nähe von Wasser oder Büschen ist. Eigentlich geht es ihm nur darum gekuschelt zu werden.


Elterntag

Am Donnerstag haben Ellie und ich uns einen Tag für uns gegönnt. Das machen wir selten, weil Ottos Krankentage die Masse meines Urlaubs benötigt. Das letzte Mal war es uns zum Weihnachtsmarkt in Winchester gelungen. Zum Versuch im März war dann Otto oder seine Tagesmutti krank gewesen. Auch dieses Mal hatten wir halb damit gerechnet, hatten aber am Ende Glück.

Zuerst sind wir in den Ort Hambledon gefahren. Der gilt gemeinhin als die Wiege des modernen Crickets. Aber wir haben vor allem Sonnenblumen gefunden und es genossen, uns in einem Cafe mal in Ruhe unterhalten zu können. Anschließend hatten wir einen Mittagstisch in Exton, direkt am "Fluss" Meon gebucht. Da waren wir schon mehrmals, und es ist immer wieder schön.

Dann wussten wir nicht ganz, was wir in der Ecke noch neu erkunden könnten. Am Ende fuhren wir zum ehemaligen Haus des Naturforschers Gilbert White. Nicht, dass wir wussten, wer das war. Wir sehen nur seit Jahren das Schild zum Museum an der Autobahn. Es stellte sich als ein sehr schönes Anwesen in einem sehr schönen kleinen Ort heraus. Ein großer Garten und Wanderwege drumherum. Rein gehen konnten wir nicht mehr, aber wir fahren nochmal hin, wenn wir wieder einen Tag "frei" haben.


Otto Nachrichten

  • Otto war in der Tat krank, aber nur kurz, übers Wochenende.
  • Ellie berichtet, dass sich sein Humor entwickelt. Er ist gerne und absichtlich albern. Außerdem reflektiert er viel über Baby Otto. Was der alles noch nicht konnte. Aber er schaut auch interessiert Fotos und Videos aus der Zeit, die sowohl nah als auch sehr fern zu sein scheint.

Johannes Nachrichten

  • Ich gehe momentan jeden Tag schwimmen. Je nach Gezeiten in der Mittagspause oder abends. Von der Wassertemperatur her sind haben wir die schönsten Wochen des Jahres. Und vom Andrang ist es an Arbeitstagen am besten.
  • ich mache wieder eine Pause von Obama und lese relativ spontan ein Buch über die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa. Aus der Penguin Reihe der europäischen Geschichte. Habe ich zufällig billig gefunden.
  • Meine Pläne mein und Ottos deutsches Geld anzulegen sind fürs erste gescheitert. Nachdem ich ein Jahr gebraucht habe, die neuen Konten bei der DKB anzulegen, erfahre ich jetzt, dass man zum Investieren in Deutschland wohnen muss. Ich finde vermutlich noch einen Weg das Geld arbeiten zu lassen. Aber das wird dauern, denn Zeit zum recherchieren habe ich nicht.
armes krankes Baby
in Hambledon

Baby Otto konnte sowas nicht!

Bombeen



Montag, 11. Juli 2022

Großer Kleiner Junge

Im Laufe der vorigen Woche haben wir uns größtenteils erholt. Ellie macht wieder brutal Sport, und ich gehe regelmäßig baden.

Vorigen Samstag sind wir mit Otto zum Esel-Asyl auf der Insel Hayling gefahren, weil er sich im Urlaub so gefreut hatte die zwei Esel dort zu füttern. Leider hat ihm das einzige dort anwesende Pferd gleich anfangs Angst gemacht sowas wir nicht lange bleiben konnten.

An meinem Geburtstag habe ich gearbeitet, weil ich den Urlaubstag wahrscheinlich nochmal zum Kinderhüten brauchen werde. Post und Pakete wurden trotzdem gewürdigt; insbesondere die Lieder- und Lesebücher meiner Kindheit, die jetzt auf Otto warten. Ellies Geschenk war eine Übernachtung am Wochenende im renovierten Gästehaus des Umweltzentrum, also in den South Downs. Sie wollte mir Zeit für mich selbst schenken - in der Tat fehlt es uns beiden daran am meisten. Samstag nachmittag sind wir zu dritt hin gefahren. Nachdem Otto auf der Wiese rennen konnte, ist Ellie mit ihm nach Hause gefahren. Ich bin an dem Abend eine Runde wandern gegangen. Dann habe ich mir etwas Zeit zum Lesen gegönnt, in meinem unvergessenen aber inzwischen selten hevor geholten Mittelalterbuch. Später habe ich mich auf eine Wiese gesetzt und zugesehen, wie die Sonne hinter einem Hügel unterging während der Wind durch das Gras wehte und allerlei Tiere umherschwirrten. Das war eine richtige Erfahrung, wie ich sie in meinem früheren Leben häufig gemacht hatte. Einen Abend lang konnte ich das Gefühl dieser Jahre in Hostels in fremden Orten aus der Vergangenheit ziehen.

Leider entdeckte ich, dass ich kein Ladekabel mitgenommen hatte, deshalb gibt es keine Fotos vom folgenden Tag. Da hatte ich mir eine lange Wanderung vorgenommen, nördlich um East Meon herum zum Bahnhof in Petersfield. Die zweite Hälfte war ehrlich gesagt eher Pflicht als Kür, als ich mich bei großer Hitze und zunehmend erschöpft durch die Felder geschleppt habe. Aber gut, wenn man schon mal die Zeit hat kann man auch mal etwas größeres wagen. Die erste Hälfte war wirklich schön. Ich bin die Hügel hoch und runter durch Hohlwege gelaufen, die jetzt im Sommer grüne Tunnel von Haselsträuchern und Eschen sind. Später bin ich noch einen mit Buchenwäldern bedeckten Hügel hoch, das war eine Stunde lang etwas wie im Harz. Kurz vor Mittag verließ ich das schützende Blätterdach, ab da wurde es dann zu heiß. Aber über dem Ort East Meon hatte ich nochmal sehr schöne Blicke. Über mir flogen die Rotmilane, und teilweise unter mir, so steil war der Anstieg. Ich habe insgesamt fünf Rehe gesehen, und das ist hier selten. Nicht wie in Brandenburg, wo die Herden an der Bahnstrecke liegen.

Also, am Ende zu viel des guten. Aber Ellie hat echt gute Ideen. Und ich hab gemerkt, dass ich immer noch große Probleme habe, sie mit Otto allein zu lassen. Im Kopf weiß ich, dass das kein echtes Problem mehr ist. Aber als sie mir ihr Geschenk erklärte, war ich gerührt, dann ergriffen. Da steckt noch was in mir.


Otto Nachrichten

  • Otto versteht jetzt, dass er mal ein Baby gewesen ist. Jetzt ist er ein Großer Junge. Der Bi Ba Butzemann beispielweise ist ein Baby Otto Lied.
  • bei näherem Hinsehen merkt man aber, das er  genau genommen ein Großer Kleiner Junge ist. Keine zweieinhalb Jahre. Aber verdammt wuchtig, und wendig, und eigenständig. Vorbei die Zeiten, wo er Papas Hilfe auf dem Klettergerüst brauchte.
  • ... in der Tat schauen wir seit einiger Zeit mit gewissem Bedauern auf frühere Fotos (vielleicht mit Ausnahme der ersten 6 Monate)
  • Ottos großes Interesse gilt seit einiger Zeit Krabben mit Creme ("creamed crabs"), einem alten Scherz von Ellie und ihrer Schwester, der sich bei Otto ausgesprochener Beliebtheit erfreut

Johannes Nachrichten

  • inzwischen ist mein Besuch beim Tango an Freitagen relativ regelmäßig
  • und diese Woche bin ich, auf Ellies Ermutigung hin, ein paarmal kurz mit einem Kaffee in der Hand zum Meer gegangen. Das ist sehr angenehm, und immer noch ungewöhnlich, weil ein bisschen wie früher.
  • ich lese Obamas Autobiographie mit immer größerem Vergnügen







Am besten fand Otto wieder den Esel aus Plastik


Ellie hat für mich einen Bienenstich improvisiert

Meine Abendwanderung. Man beachte oben den Mond


Auf der Wiese des Umweltzentrums