Die
Abreise aus Deutschland war wie immer schwierig und das Reisen die
inzwischen so ungeliebte Ermüdung wie gewohnt. Die Rückkehr nach
England war aber diesmal glimpflich, auch wenn wie erwartet der Sommer eindeutig vorbei ist. Direkt nach dem Urlaub kam ja
eine Konferenz in Wales, weshalb ich auf den nächsten Flughafen in
Bristol geflogen bin. Übernachtet habe ich bei einer
Klavierlehrerin, die fließend Deutsch sprach und richtigen Essen
machen konnte, wozu ich echtes deutsches Brot beisteuerte. Während
meine Kollegen für die lange Anfahrt von Titchfield um 7 Uhr
losfuhren, konnte ich morgens im Klavierraum noch Singen üben und
mich erst dann zum Bahnhof aufmachen.
Diese
meine erste Konferenz, auf dem ersten Besuch in Wales, war eine
schöne Erfahrung. Swansea ist nicht interessant, aber die Uni, auf
deren Gelände alles stattfand, liegt 5 Minuten Fußweg von einer
weiten Bucht mit Sandstrand und Leuchtturm auf einem Felsen. Dorthin
habe ich mich gerne morgens und abends abgesetzt. Die Mensa hatte
direkten Blick aufs Wasser. Vor allem aber konnte ich wieder richtig
Student spielen und habe mir drei Tage lang Vorträge von schlauen
Leuten angehört, darunter echte Koryphäen, deren Bücher wir im
Studium gelesen haben. Ich selbst habe ganz am Ende auch meinen
Vortrag gehalten.
Zurück
in Portsmouth ist unser Haus richtig voll. Neben den drei
„Sommer“bulgaren sind die zwei normalen Studenten zurück. Da der
dritte sein Studium ja abgeschlossen hatte und weggezogen war, ist
eine neue Engländerin dazugekommen. Sie ist mit Mitte 20 etwas älter
als die anderen und hatte große Hoffnungen geweckt, da sie Musik
und Schauspiel studiert, singt und tanzt und das auch unterrichtet,
dem Chor und auch der Bauchtanzgruppe meiner Freunde beitreten
wollte. Nach zwei Wochen ist aber klar, dass sie sich das Studium
wohl etwas zu zeitfrei vorgestellt hat. So sehe ich von meinen
Mitbewohnern wie gewohnt wenig, da ich ja selbst nicht viel zu Haus
bin. Nach einem Abschiedsessen sind die drei Bulgaren jetzt
ausgezogen; mit denen hatte ich gerne zusammen gewohnt.
Das
neue Semester hat also begonnen und die Stadt ist überflutet mit
Erstsemestern, was in England eine besonders niedere Lebensform ist.
Auf der positiven Seite läuft auch der Unichor wieder, aber anfangs
musste man sich durch eine richtige Flut dieser Leute auf Strassen und Gaengen kämpfen. Wir
singen Mozarts Messe KV 167 und Salieris Messe in D, Konzert ist am
30. November. Ein interessantes Detail: im nächsten Semester
studieren wir ein Stück der wohl wichtigen und sogar noch lebenden
Komponistin Cecilia Macdowall ein. Die hat auf Betreiben unseres
Dirigenten einen Ehrendoktor der Uni bekommen und hält uns dafür
zum Probebeginn eine Rede. Gut also, in einem Unichor zu sein. Mit moderner
Musik sollten wir dann auch die meisten Studenten loswerden. Auch
mein Gesangsunterricht läuft, und von meinem Tangolehrer habe ich
ein Lob bekommen! Ich bin also voll und ganz zurück in meinem
Programm, mit all der dazugehörigen Zeitnot. Zum Glück ist
natürlich der Sommer fast vorbei und man muss nicht mehr ständig
auf tolle Konzerte und Schwimmen gehen (wobei letzteres noch lohnend ist). Darum verbringe ich wieder einige Zeit
in der Bibliothek, wo ich durchaus auch Gesang und Tanz üben kann.
Meine
Priorität war in den ersten Wochen aber, den Kontakt mit Freunden
wieder herzustellen. Neben Einzeltreffen bot sich dafür das
Portsmouth Sommerfest an, das am 21. September im zentralen Stadtpark
(mit den Meerschweinchen) stattfand. Freunde machten eine
Bauchtanzshow und andere hatten sich als Arbeitshelfer gemeldet. Das
tat ich dann auch und hatte neben Aufbauhilfe für Stände der Öko-
und Bewusster-Leben-Fraktion endlich mal die Zeit, mich in Ruhe zu
unterhalten.
Neben
allem lässt sich auch die richtige Arbeit nicht völlig vermeiden.
Zum Glück ist es aber ruhig. Unser bisheriger Chef wurde
hinauskomplimentiert und wir wurden mit einer der letzten großen
Arbeitsgruppen der immer weiter schrumpfenden Abteilung Volkszählung vereinigt. Dadurch kann sich wieder jeder auf ein Thema
konzentrieren, und ich bin zurück in meinem Lieblingsbereich, der
Variablenentwicklung und -qualitätsprüfung. Das darf ich in Ruhe
vor mich hintreiben und das macht mir Spaß. Außerdem gibt es viele
Fortbildung, zur Konfliktregelung, zur Sicherung von privaten Daten
und zur Erschliessung von Datenquellen aus den nichtstatistischen Verwaltungsbehoerden.