Da ich ab Freitag in
Polen bin, möchte ich noch etwas aus den letzten Tagen hinterlassen.
Nach einem Frühlingsanfang mit wunderschönen Blicken über das
abends länger helle Meer herrscht jetzt die bisher größte Kälte
des Winters. Als ich am Samstag neue, unplattbare Fahrradreifen
aufgezogen habe, war ich nach zwei Stunden im Freien für den
restlichen Tag erledigt.
Nach einer Woche in
meiner neuen Arbeitsgruppe weiß ich jetzt etwas mehr über meine
Aufgabe. Wir arbeiten an „Spezialprodukten“ aus der Volkszählung.
Bisher hatte ich mit normalen Tabellen zu tun, die ein oder zwei
Bevölkerungsmerkmale wie Gesundheitszustand oder Wohnungsgröße
zusammenfassen. Das war für die normale Bevölkerung, die Presse und
öffentliche Ämter gedacht. Richtige Wissenschafter brauchen aber
mehr Details. Für die stellen wir jetzt ambitioniertere Datenbanken
zusammen, die viele Kategorien gleichzeitig umfassen. So kann der
Soziologe jetzt untersuchen, ob Leute aus bestimmten
Industriebereichen ähnliche Gesundheitsprobleme haben, oder ob
Besserverdiener die Innenstädte verlassen. Denn nicht nur geben wir
mehr Daten preis, wir geben sie jetzt für Individuen an, nicht mehr
für ganze Gruppen (z.B. alle Menschen in London). Damit wird
natürlich potenziell der Datenschutz gefährdet – zwar werden
Namen und Adressen gelöscht, aber sollte es in einem Dorf z.B. nur
einen Muslimen geben, ließe sich der natürlich identifizieren und
schon wüssten seine Nachbarn, was er verdient und ob er gesund ist.
Darum stellen wir diese Daten in verschiedenen Detailstufen bereit,
und je mehr Daten wir preisgeben, desto mehr Auflagen gibt es, Zugang
zu erhalten. Die ganz privaten Daten z.B. bekommen nur echte
Wissenschaftler, die richtig gefilzt werden und auch nur in unserem
Sitz Zugang bekommen.
Ganz konkret arbeite
ich an der Kodierung von Variablen. Das heißt, ich stelle
Instruktionen zusammen, wie Antworten aus den Fragebögen zu
Kategorien zusammengestellt werden. Welche Kategorien gebraucht
werden, hat jemand anderes bereits entschieden, wir grübeln jetzt,
wie die Daten möglichst einfach in diese Kategorien gesammelt werden
können. Wollen wir wissen, wie weit jemand von seinem letzten zu
seinem aktuellen Wohnsitz gezogen ist, schauen wir auf die
Postleitzahl, leiten damit aus der PLZ Landkarte die Ortskoordinaten
ab und ermitteln die Luftlinie über den Pythagoras. Zumindest machen
das Kollegen so, ich wäre darauf nicht gekommen. Die Instruktionen
gehen dann an die Computerfuzzies, die damit dann wohl die
Datenbanken füttern und am Ende sollen die dann die erforderlichen
Tabellen ausspucken.
Mit Kommentaren habe
ich jetzt nichts mehr zu tun und auch unser altes Team geht langsam
auseinander an neue Arbeitsorte. Meine Gruppe zieht im März eine
Etage runter, wo viele junge Leute arbeiten. Aber die neue Aufgabe
gefällt mir, weil wir eng mit Universitäten zusammen arbeiten und
unsere Daten in einige Datenbanken gespeist werden, mit denen ich
selbst als Student gearbeitet habe. Mit der neuen Aufgabe kommt auch
eine neue Vorgesetztenstruktur, meine alte Chefin ist jetzt sowieso
für ein Jahr auf einem Forschungsprojekt außer Haus.
Auf
vielmalige Nachfrage führe ich die besten Zeiten
(in deutscher Zeit) auf, um mich telefonisch zu erreichen. Das ist
Wochentags nach der Arbeit, soweit der Abend nicht durch Aktivitäten
belegt ist. Durch das Stechuhrsystem kann grundsätzlich auch auf der
Arbeit sprechen, außer ich bin in Besprechungen. An Wochenende
kann ich immer sprechen,
nur kann ich gegebenenfalls nichts gleich abnehmen, sollte ich auf
Reisen sein.
Montag/Dienstag
ab 19 Uhr.
Mittwoch ist
der schlechteste Tag, wenn dann bin ich
20.45-22.00 Uhr verfügbar, wenn ich mit
der Chorleitung in den Pub gehe. Danach gehe ich tanzen.
Donnerstag 19-20.30
Uhr, danach habe ich Tanzstunde.
Freitag 19-20.30,
danach habe ich Tangostunde.
In
Polen bin ich evtl. nicht erreichbar, da meine alte polnische Nummer
ausgelaufen ist und ich mir wohl eine neue holen werde.