Dienstag, 17. März 2020

Warten

Wir warten weiter. Seit der offizielle Entbindungstermin erreicht wurde, machen wir keine Pläne mehr sondern leben von Tag zu Tag. Ohnehin kann Ellie kaum noch laufen und will das Kind nur noch raushaben. Sogar ich habe kaum noch Schiss und bin das Warten auch satt.
Das ganze wird aber verstärkt durch den Coronavirus. Gestern abend wurde mitgeteilt, dass ab heute alle Mitarbeiter möglichst von zu Hause arbeiten. Heute dann zusätzlich, dass das wahrscheinlich für Monate gelten wird. Persönlich arbeite ich bereits seit Freitag zu Hause, nachdem ich Angst bekommen hatte, wegen irgendwelcher Symptome in Quarantäne zu müssen statt zur Geburt zu können.
Ganz unabhängig von meinen persönlichen Plänen sind jetzt alle meine Hobbys sowieso eingestellt. Chor, Tango, Singen. Ehrlich gesagt macht es mir das leichter: hätte ich gar nicht so trauern brauchen.
Und überhaupt gibt es eine Menge positiver Nebeneffekte. Zum Beispiel habe ich nach der Geburt erstmal zwei Wochen frei. Danach muss ich zwar wieder arbeiten, aber mit Sicherheit noch lange zu Hause. Mehr Zeit für die Familie, weniger ermüdendes Pendeln. Ich habe viel mehr freie Zeit. Jeder Abend ist frei und dazu spare ich mir die zweieinhalb Stunden pendeln pro Tag. Mittags gehen wir spazieren, ans Meer oder zu den lokalen Geschäften, was sonst ein Luxus ist. Und die Abende scheinen viel länger. Ich kann nach der Arbeit ans Meer, zu Hause einen Brief schreiben und es ist immer noch erst halb acht. Ellie als auch ich merken, dass ich entspannter bin. Die Katzen übrigens auch: sie freuen sich ganz deutlich, viel mehr von ihren Menschen zu sehen.
Die Menschen im Land dagegen sind nicht entspannt. Wir hatten bisher anekdotisch von Hamsterkäufen bestimmer Produkte gehört, aber seit vorgestern sind bestimmte Regale permanent leer. Nicht, dass ich wirkliche Engpässe erwarte. Vielmehr vermute ich, dass die besten Quellen für die nächste Zeit die richtigen Bäckereien und Gemüsehändler sein werden, statt der Supermärkte. Qualitätsbrot und frisches Obst für Baby also.

Bosham am letzten Wochenende. Ellie kann kaum noch laufen, darum habe ich sie langsam an den teuren Häusern des Ortes vorbeigefahren.

Donnerstag, 5. März 2020

Warten

Etwa achte Monate lang war Baby ziemlich abstrakt geblieben. Das ändert sich jetzt. Als wir die Grenze zum März überschritten und weniger als zwei Wochen übrig waren, musste ich nochmal tief Luft holen. Aber inzwischen sind alle uns bewussten Vorbereitungen erledigt. Es bleibt wirklich nur noch Warten.

Letzten Samstag sind wir zum letzten Babykurs gegangen. Am Vorabend war mir beim Tango ein besonderer Tanz mit allen Damen gewährt. Sonst passiert das nur zu Geburtstag - aber wer weiß wann ich wieder dahin komme.
Und am Mittwoch habe ich den Chor fürs erste Verlassen. Mein erstes richtiges Hobby hier in Portsmouth. Wahrscheinlich werde ich nicht mehr zurückkehren können. Ellies einziges Hobby ist am Mittwoch Abend. Und einer von uns muss zu Hause bleiben.

Auf Nachfrage hin:

  • noch sehe ich keine Hamsterkäufe in den Läden
  • bei uns vor Ort gibt es keine Überschwemmungen. Die sind alle an den Flüssen, nicht am Meer. Die Flüsse auf der Bahnstrecke zum Flughafen stehen aber seit letztem Jahr durchgehend über den Ufern. Und der Meon, auf dem Weg zur Arbeit, fülllt mindestens seit Dezember sein gesamtes Tal und wir eher noch breiter als schmaler. Mir gefällts eigentlich. Morgens quaken die Enten.