Freitag, 21. Juli 2017

Sturmfrei

Musik mit Kalina
Im Juli war Ellie mehrmals als Wochenende unterwegs, was ich für einige selten mögliche Dinge nutzte. Einmal habe ich mit Kalina ein Musikfestival in Southampton besucht. Dort war ich schon zweimal gewesen, aber da ist sie immer selbst aufgetreten. Sie ist dann abends mit zurück nach Portsmouth zum Sommerfreiluftkino gekommen. Man spielte Willy Wonka und die Schokoladenfabrik, nach dem Kinderbuchklassiker von Roald Dahl, sowas wie die englische Astrid Lindgren, die wiederum unbekannt ist. Viele seiner Geschichten sind hier feste kulturelle Referenzen, aber vermutlich keine so wie die Schokoladenfabrik. Die wurde darum auch erst vor kurzem neu verfilmt, aber wir sahen die klassische Version von 1971. Bald schon erkannte ich, dass sie in Bayern gedreht worden war!
Die ganze Vorstellung über ärgerten sich viele, dass von irgendwo hinter uns Musik laut herüberwehte. Es stellte sich heraus, dass die aus dem Strandcafe kam, wie eine Kapelle live spielte. Nach dem Film sind wir nochmal auf die Seepromenade gegangen und haben uns anderen Menschen angeschlossen, die dort auf dem Gehweg mittanzten. Das war für mich der schönste Moment des ganzen Wochenendes.

Sommer auf dem Land
Sonntag morgen sind wir die gleiche Promenade runterspaziert und Kalina ist nach einem Frühstück nach Hause gefahren. Ich nahm auch einen Zug, aber mit dem Rad aufs Land. Ich probierte einen Spaziergang durch goldene Felder aus, machte eine Radtour, bekam einen Sonnenbrand, verfuhr mich zum unpassendsten Zeitpunkt und ging abends nochmal schwimmen. An einem weiteren freien Samstag eine Woche später fuhr ich in die gleiche Ecke, fiel diesmal aber ins Wasser. Da ich nach vielen Sommertagen einmal den Tag zu Hause verbringen musste, kochte ich das erste Mal Opas berühmten Bohneneintopf.

Gelehrte Doktoren
Auf der Arbeit habe ich gerade alle Händer voll zu tun. Da meine Chefin nach ihrer Beförderung erstmal nicht ersetzt wurde, organisiere ich die anstehende jährliche Datenproduktion selbst. Und Mitte Juli habe ich auch wieder eine neue Chefin, die muss ich aber erstmal anlernen. Sie ist frisch promoviert und ist ganz neu im Amt, da ist also viel zu erklären, bevor sie mich anleiten kann. Zum Glück kann ich gut erklären, denn gut vorbereitet waren wir nicht. Jedenfall war ich dadurch voll ausgelastet. Ich habe es gerade noch geschafft, mich auf ein Stipendium für ein Aufbaustudium zu bewerben! So wirklich gefällt mir das Programm zwar nicht, aber einem geschenkten Gaul schenkt man nicht zu tief ins Maul. Ich schaue mich aber trotzdem noch nach besseren Kursen um - die Uni Portsmouth selbst hat einen sehr interessanten.

Noch habe ich aber Zeit für Privatlektüre. Das geplante Buch über Preußen ist noch nicht verfügbar. In der Zwischenzeit bin im Schweinsgalopp durch ein anderes gejagt, dass die ersten Nachkriegsmonate auf der Welt beschreibt. Allerdings kam auch ein großer Packen hausbezogener Dokumente, die ebenfalls gelesen werden wollten. Vermutlich werden wir Mitte August umziehen.
Ein verspätetes Geburtstagsgeschenk. Buddha findet Orange besser.



Sonntag, 16. Juli 2017

10. Juni - Verona

Mit Verspätung Eindrücke aus Verona. Dort waren wir zur Hochzeit von Freunden, wobei er Italiener ist, auch wenn er seit dem Studium in England wohnt. Wir waren insgesamt drei Tage dort. Für mich war es der erste Besuch in Italien seit ich ca 16 war, für Ellie der erste überhaupt. Und wir sahen, dass sie sehr viel besser dahin passt, als nach England. Zum allerersten Mal trug sie das wunderschöne, handbemalte Kleid, dass ich ihr vor zwei Jahren von Kasia habe machen lassen.
Am Hochzeitstag trafen wir uns zur Trauung am "Grab Julias", einem alten Kloster, heute Freskomuseum und Standesamt. Im Anschluss hatte die Familie eine Busfahrt zum Gardasee organisiert. Mit Zwischenstopp in Borghetto, einem kleinen Bilderbuchort, wo wir uns in einem Restaurant restlos überfraßen.
Das ließ zwei Tage zum Besichtigen, wovon ich soviel tat wie es ging, aber am Ende wurde es zu heiß und man musste sich zu Hause verkriechen. Die schönsten Momente gab es sowieso immer nach Dunkelheit, als wir stundenlang in den Bars auf den Plätzen saßen. Und auf den Straßen war niemand betrunken! Bis auf einige unserer Briten natürlich. Am schönsten bleibt in meiner Erinnerungen ein Abend, als wir zwei Flaschen Prosecco über die Burgbrücke nahmen und von den Bänken gegenüber auf die Stadt blickten. Vor uns am Fluss feierten Schüler die Ferien und ich tanzte mit Ellie zur Musik, die vom Burgrestaurant hinüberwehte.


Die römische Arena. Mit interessierte am meisten die römische Vergangenheit.

Ellie trug zum allerersten Mal das Kleid, dass Kasia bemalt hat. Wie ich erwartet hatte, schauten diverse Italienerinnen neidisch hinterher.

Borghetto
 
Abkühlung bei großer Hitze

  






Dienstag, 11. Juli 2017

7.7. - Geburtstag

Mein Geburtstag war ein richtig schöner Tag, ohne das ich etwas besonderes machen musste. Morgens musste ich früher aufwachen, um Ellies Geschenke auszupacken. Darauf besteht sie. Also ging der Tag so los:

  • 1 Flasche polnischer Haselnusslikör - Lidl ist nach halbjärhlichem Umbau wieder auf!
  • 1 Buch "Deutschland - Gedächtnis eines Volkes". Begleitbuch zur Ausstellung gleichen Namens, die wir 2015 im Britischen Museum London besucht hatten. Geschrieben von Neil MacGregor, damaliger Direktor, inzwischen Humboldt Forum Berlin
  • 1 Wochenende in St. Malo, Frankreich! Mit der Fähre von Portsmouth. Eine Nacht auf dem Schiff, ein Tag und eine Nacht im Ort, Rückfahrt am Sonntag. 29. September - 1. Oktober
Das war also schonmal gut. Insbesondere die Reise beschert mir seither jeden Tag Vorfreude. Nach der Arbeit dann hatte ich auf einmal eine richtig gute Gesangsstunde - was genau passierte, weiß ich nicht, aber plötzlich konnte ich singen. Und nächste Woche bringe ich CPE Bach's "Märkische Helene" mit. Im Anschluss öffneten wir zu Hause zwei Pakete, die inzwischen größtenteils verzehrt sind. Dann machten Ellie und ich Picknick am Meer - das war die einzige besondere Sache, um die ich gebeten hatte. Und ich ging danach zum Tango, wo es diesmal keinen Unterricht sondern nur freies Tanzen gab. Nicht wegen mir, aber passend.

Sonntag, 9. Juli 2017

1.7. - Picknickzeit

Zum Glück hatten mich die vier Reisen im Mai und Juni nicht so erschöpft wie gedacht, denn eigentlich ging es drei Tage später noch einmal los, nämlich nach Canterbury zum Geburtstag von Ellies Schwester Amber. Die auf dem Feld wohnt. Einen Abend sind wir ins Theater gegangen und haben Jane Eyre gesehen, einen der wichtigsten Romane von Charlotte Bronte. Zum Geburtstag selbst wurde gegrillt und die Eltern haben uns auch noch besucht. Amber wurde zwar am Ende krank, aber wir haben noch ein paar schöne Stunden auf den Felder, am Fluss und im Park gehabt. Und allen waren sich einig: die beste Musik wurde in den 90ern gemacht.

Das folgende Wochenende war das erste, was wir wieder gemeinsam in Portsmouth verbrachten. Das war mal schön, nicht unterwegs zu sein. Höhepunkt war ein Konzert in der Hubertuskapelle. Seit einem Jahr hat die einen Freundeskreis (Motto: Das Kirchlein in den Feldern - wer denkt da nicht umso mehr an Alt Placht) und der hat ein Ensemble aus London eingeladen. Vorher gab es Picknick bei der Kapelle, an einem dafür bestens geeigneten Abend, und dann französischen Barock, der Ellie und mir sehr gefallen hat. Den Sonntag haben wir einfach am Strand verbracht, denn es herrschen Sommer, Sandalen und kurze Hosen. Außerdem ist das gesetzliche Hausgutachten erstellt und da nichts außergewöhnliches beanstandet wurde der Kredit genehmigt.

Picknick in Canterbury.
Picknick bei St. Hubertus.

21. Juni - Falscher Mohn ist noch schöner

Ab 21. Juni bin ich zurück in England. Und erst Anfang Juli komme ich zum Nachtragen! Unter anderem sind da nachstehend einige fotografische Eindrücke aus Rostock, Frankfurt und der Uckermark. Parallel habe ich mir aus Rostock eine Reihe großformatiger Fotos mitgenommen, die mich an zu Hause erinnern sollen, sobald ich in unserem Haus Dinge an die Wand hängen darf. Ein Bild des Rostocker Stadthafens zur Hansesail hängt bereits auf der Arbeit.

Zwischen den Seen und Feldern der Uckermark sind mir einige weitere Dinge bewusst geworden, die es in England nicht gibt:
1. Störche
2. ein Wort für Freibad (gibt ja kaum Binnengewässer, und wenn sind die privat)
3. Bohnenkraut

Bei uns so normal, dass ich gar nicht weiß, warum mir das nicht früher aufgefallen ist.

Nach vielen Mühen habe ich Gullivers Reisen ausgelesen, samt Kommentar und Glossar. Als nächstes steht Christopher Clarks Buch "Preussen" auf dem Programm. Das habe ich zum 22. Geburtstag in Wernigerode bekommen, aber erst viele Jahre später angefangen, nachdem Das Erbe Roms mein Interesse an weniger spektakulären Aspekten von Geschichte geweckt hatte. Die letzten Jahre habe ich auf Besuchen in Deutschland die erste Hälfte geschafft. Jetzt will ich mir das englische Original aus der Bibliothek holen um den Rest zu schaffen.


Mohn und Kornblumen und dahinter die Türme Rostock. Ein Blick von Sildemow.


Ein Mohnfeld bei Schwedt. 2017 war wohl besonders gut für Mohnblumen - Brandenburg und Mecklenburg waren voll davon.






Bei der Gelegenheit habe ich ein Bildbearbeitungsprogramm ausprobiert, an dem Friedemann in seiner ersten Arbeit lange gearbeitet hatte. Vorher...


...und nachher.


Einer der markanten Blicke seit meiner Kindheit: aus dem Frankfurter Kinderzimmer auf die Oderwiesen.

Aquatogermane

Einen Tag nach meinem 25. Geburtstag bin ich Kajak fahren gegangen. Das hatte eigentlich nichts mit dem Geburtstag zu tun, sondern war der beste Termin für die Gruppe, die sich angeschlossen hatte. Das waren drei Mann aus Ellies Freundeskreis, die auch auf der Hochzeit in Italien gewesen waren. Meine Vorliebe für Boote rührt immer noch von der Kajaktour auf dem Bug 2006, also vor knapp drei Jahren. Seither bin ich zwar ab und zu Kajak gefahren, aber in England bisher nur zweimal, und das auf dem Meer. Einen Fluss finde ich da interessanter, weil der allmähliche Wechsel der Landschaft und das besser zu beobachtende Tierleben einer Wanderung vergleichbar ist. Nun gibt es hier kaum Binnengewässer, und auf den zwei Flüssen waren mir bisher kein Bootsverleih bekannt. Dann habe ich ganz zufällig auf einem Spaziergang mit Kalina einen Ort entdeckt, und den haben wir jetzt ausprobiert.
Der Fluss Hamble liegt zwischen Portsmouth und Southampton, auf dem Weg passiert man auch meine Arbeit, und Euch ist er vielleicht von der rosa Fähre bekannt. Wir vier sind den Fluss hochgefahren, also in die andere Richtung. Ich war ganz überrascht, wieviel Freizeitverkehr unterwegs war. Der untere Abschnitt ist Liegeplatz für tausende teure Yachten. Oberhalb eine Brücke können dann nur kleine Boote durch, insbesondere Kajaks. Da die Gezeiten noch starken Einfluss haben, sind wir umgekehrt, nachdem wir in einem Seitenarm fast auf dem Trockenen steckengeblieben sind. Auf dem Rückweg haben wir dann gelernt, welche Rolle die Strömung spielt, denn wir sind viel schneller als gedacht vorangegkommen. Wir waren auch ordentlich fertig, Klamotten nass, Haut und Haare salzig. Wie ein richtiger Deutscher. Eigentlich wollte ich nach der Rückfahrt noch Schwimmen gehen, aber erstmal bin ich ins Bett gefallen.




Nach getanem Werk.