Sonntag, 13. Dezember 2015

Advent Advent, die Zeit sie rennt!

Man denkt es ist nichts besonderes passiert und dann findet man eins nach dem anderen im Gedächtnis. Also:

Allein, zu zweit, zu vielen


Einmal war Ellie unterwegs und allein meine Freunde weg. Also hatte ich einige willkommene Stunden für mich. Für Kaffee am Meer (die stürmische See macht immer noch Eindruck auf mich. Ein bisschen als wäre das ein seltenes Privileg. In dem Klima hier kann man mit einer Decke immer noch draussen sitzen.) und einige Stunden im Museumshafen. Wozu hat man schließlich Jahreskarten. Diesmal habe ich die Victory besucht (Nelsons Flaggschiff in der Schlacht von Trafalgar) und die M33 aus dem Ersten Weltkrieg (war von Kasia empfohlen worden, nachdem sie sich mit unseren Jahreskarten reingeschlichen hatten).
Dann wieder mit Ellie habe ich den Komiker Bill Bailey gesehen. Sehr bekannt aus dem Fernseher, immer mit den guten Leuten und Ideen. Sehr gut. Musikvirtuose, spielt bei Auftritten zehn Instrumente. Großer Spaß.
Dann hatte meine Tangotruppe einen kurzfristigen Auftritt. Beim Weihnachtstreffen der Spanischen Gesellschaft in einem Kulturhaus. Ein freundlicher Auftritt vor harmlosem Publikum, bei dem wir schonmal einige Choreographien für nächstes Jahr ausprobieren konnten. Für mich war es das schönste am ganzen Tag, schon auf der Arbeit tagsüber hatte ich mich gefreut; mir machen Auftritt immer Spaß.

Singen jetzt

Auch unser Chorkonzert war ein Erfolg. Publikumsandrang war leider etwas enttäuschend, dafür befand es unser Dirigent als den vielleicht besten Auftritt unseres Chors. Mir hat vor allem das Orchester gefallen, die wirklich gut spielten (im Gegensatz zum normalen Uniorchester). Sie spielten Mozarts Jupitersymphonie, wonach wir Hummels Messe in B moll sangen. Erfreulicherweise sind einige Fragmente aufgenommen und ins Internet gestellt worden. Wie ich leider erst kurz vor Konzertbeginn erfuhr, überträgt in der katholischen Kathedrale eine Webcam permanent Video ins Internet. Nur Papa hat noch rechtzeitig einschalten können. Zwei Wochen darauf waren wir allerdings wieder da, zum alljährlichen Adventsgottesdienst der Uni. Diesmal versuchte Friedemann, es aufzunehmen. Aber er hat nur die Generalprobe erwischt - vielleicht lässt sich noch was draus machen. Während dieser Auftritt nämlich zweitrangig war, hat er allen großen Spaß gemacht. Diese Tradition des Adventssingens hier gefällt mir wieder sehr. Leider gibt es dieses Jahr partout keine passenden Termine für mich. Auch das Singen auf der Arbeit habe ich verpasst. Sehr schade.

Singen Zukunft

Nächstes Semester singen wir (neben geheimnisvollen Andeutungen von Shakespeare) Dvoraks einzige Messe. Die kam mir beim ersten Anhören so bekannt vor - und in der Tat hatte ich sie am 16. August 2014 in der Kirche Jagow gehört. Auf den Uckermärkischen Musikwochen, am ersten Tag meines Sommerbesuchs in dem Jahr. Übrigens singt auch Friedemann seit einigen Monaten in Lübeck in einem Chor und es macht ihm Spaß. Auch sie hatten kürzlich Adventskonzerte.

Advent Advent

Auch privat wird natürlich Advent begangen. Zwei Dosen waren mit Keksen gefüllt, bis eine davon komplett vom Tangokurs aufgegessen wurde. Auf der Arbeit habe ich zwei Kalender (auch meine Kollegen haben übrigens welche, eine sogar einen Bildkalender, der hier weniger beliebt ist). An Adventssonntagen versuche ich zumindest, dass man sich abends mal hinsetzt und Musik und Kerzen anmacht. Der Nikolaus hat Ellie wieder einen Stiefel gefüllt und auch ich habe ein großes Paket bekommen. Große Aufregung sowohl für Ellie als auch Buddha. Mitgeschickte Dekoration wird übrigens auch genutzt.
Auch auf der Arbeit ist Weihnachten. Pünktlich seit dem 1. Dezember sieht das Büro aus wie Elton Johns Geburtstagsfeier.

Ellies Geburtstag

Auch Ellies Geburtstag gab Anlass zu besonderen Veranstaltungen. Zuvorderst habe ich sie zum Musical Der König der Löwen nach London eingeladen. Das hatte ich schon vor 3 Jahren mit Kalina gesehen, aber daher wusste ich auch, dass es sich auch ein zweites Mal lohnt. Eine ganz tolle Mischung aus guten Sängern, einfallsreichem Bühnenbild und afrikanischer Kultur. In der Woche vor meiner Abreise plane ich noch, mit Ellie ins alljährliche Kindertheater zu gehen. Das hatten wir schon im letzten Jahr gemacht; ob der schamlosen Albernheit dieser traditionellen Bearbeitungen von Märchen sind die "Pantos" auch (vielleicht besonders) bei Erwachsenen beliebt. Zumindest bei albernen Erwachsenen.

Lesen

Bis vor Kurzem hatte ich vor allem Noten zum Lesen. Jetzt komme ich wieder zu Büchern, habe aber nur halbfertiges vorzuweisen. Kasias Buch "Das Waisenhaus" habe ich zu zwei Dritteln durch. Ich lese im Bibliotheksbuch über die DDR, ohne die Absicht, es ganz zu beenden. Daneben wiederhole ich einige Kapitel in der kleinen Physik, auch wieder einige aus dem großartigen Das Erbe Roms, und habe auch ein Buch von Margaret Atwood angefangen und unbeendet. Ich mag keine unbeendeten Aufgaben. Hoffentlich bringt Weihnachten Abhilfe.Siedler von Catan: Mathieu und ich spielen mit großem Einsatz. Zur Weihnachtspause steht es circa 4:5 für mich. Aber viele Partien werden um Haaresbreite entschieden; meine Nerven sind dafür gar nicht gemacht. Aber Friedemann kann ich zu Weihnachten alle mal besiegen.

Restpläne 2015

Soviel zu Vollbrachtem. Vor dem Abflug nach Hause werde ich Montag noch in die Stadt Swindon fahren, um dort einen Vortrag zu halten. Die Stadtverwaltung veranstaltet eine kurze Konferenz zum Thema Bevölkerungsalterung und Lokalverwaltung. Ich halte den gleichen Vortrag wie im September in Brighton. Auf dem Rückweg werde ich dann eine Nacht in Southampton bleiben und Kalina besuchen. Die war seit langer Zeit schwer mit Arbeit beschäftig und hat erst jetzt Zeit für ein letztes Treffen bevor das Jahr vorüber ist.

Sagen und Meinen

Zum Schluss eine Kategorie, die ich seit Längerem in mein Tagebuch intergrieren wollte. Insbesondere seit ich mit Ellie zusammen bin, finde ich einen bestimmten Aspekt interkultureller Kommunikation besonders relevant: die verschiedenen Konnotationen, die Kulturen mit bestimmten Worten und Ideen verbinden. Denn natürlich lernt man die Worte, Ideen in einer Fremdsprache auszudrücken. Man lernt Worte und Ideen, die es in der Fremdsprache nicht gibt. Und die es in der eigenen Sprache nicht gibt. Aber dann gibt es diese fiesen kleinen Dinge, die es in beiden Sprachen gibt, auch etwas Ähnliches beschreiben, aber dadurch im weiteren Bedeutungskreis Unterschiede verstecken. Praktische Beispiele: 


  • "Bohnen": der Engländer denkt dabei implizit an weiße Bohnen in Tomatensoße - baked beans. Auch wenn sie (normalerweise) nicht gebacken sind.
  • "Tee": grundsätzlich schwarzer Tee. Bestellt man "Tee", fragt einen niemand, welche Sorte. Ich freue mich schon darauf, wenn Ellie das erste Mal Tee in Deutschland bestellt.
  • "historische Stadt": für Ellie die Backsteinarchitektur des Georgianischen Zeitalter (18. Jh.). Z.b. der museale Teil des Marinemuseums. Ich hatte das immer für Fabrikarchitektur gehalten; mich hatte das nie angepsrochen, weil "historisch" in meinem Kopf mit Fachwerk und auf keinen Fall mit rechtwickligem Backstein verknüpft ist. So war ich in der Vergangenheit wiederholt enttäuscht gewesen, wenn ich ein als historisch beworbene Stadt besuchte. Halb York zum Beispiel sah für mich nach drögem Funktionsbau aus - vielleicht war das gar nicht so. Ich denke an Fachwerk - und da speziell an Wernigerode. Hier ist Fachwerk nur mit der Tudorzeit verbunden - Heinrich VIII, 16. Jh.
  • "Feuerwerk": wird nicht mit Silvester verbunden, sondern mit Guy Fawkes Nacht. Am 5. November. Zu Silvester nur ein paar öffentliche Feuerwerke, aber kaum privates. Meines Wissens ein Unikum in Europa.
  • "Asiatisch": man denkt zuerst an Indien und Pakistan. Der Teil Asiens, der einem mal gehörte und von dem man die meisten Leute vor der Nase hat.
  • "Weihnachten": New York der 1950er. Weil amerikanische Kultur und ihre Vorstellungen ohne Umwege importiert werden kann. Und dort wurde eine einheitliche Weihnachtskultur mit Strahlkraft um diese Zeit durch Hollywood festgeschrieben. Und dann versucht mal, eine hybride Tradition zu entwickeln, wenn man selbst an Wald, Oratorium, Ruhe und Kirche denkt. Zum Glück kommt Ellie noch aus einer volksmusikalischen Tradition.
Vor dem Tangoauftritt.

Buddha sagt mir was der Nikolaus gebracht hat.

Linzer Plätzchen & Mandelsterne

Montag, 23. November 2015

Winterwochenenden

Eines schönen Samstags hatte Ellie einen Tanzauftritt und ich endlich mal wieder einen ganzen Tag für Mathieu. Der ist wieder Single und hat dementsprechend mehr Zeit. Der Tag war sonnig und stürmisch. Nach einem schönen Kaffee am Meer haben wir die Fahrräder in den New Forest genommen. Dort haben wir geparkt, die Räder startklar gemacht und uns sofort verirrt. Am Ende haben wir sie die meiste Zeit durch Bäche, über die Heidefelder und nasse Hänge geschoben. Aber wir waren beide froh, einmal wieder die richtige Natur zu spüren - und da bin ich immer wieder froh, Männerfreunde zu haben. Als wir den richtigen Weg fanden, waren wir von der kalten Luft schon so müde, dass wir den Rest des Tags in einem Pub mit Spielen verbracht haben. Das Kartenspiel Die Siedler von Catan war eine gute Investition. Wir haben einen Weg gefunden, es trotz der deutschsprachigen Karten zu spielen. Es macht den Winter sehr viel erträglicher; sogar Ellie hat es einmal gespielt und gemocht.
Unser gemeinsamer Auftritt mit dem Chor rückt auch näher; eine Woche vorher hatten wir die Vorprobe mit dem diesmal sehr kleinen Orchester.


Einen anderen Winterwochenendsnachmittag habe ich mit Ellie bei einem Töpfer Keramik bemalt. Wie ich kurz darauf erfuhr, ist diese Geschäftsidee ziemlich verbreitet. Man kauft halbfertige Keramik vom Regal, bemalt es mit bereitgestellten Farben und lässt es dann brennen. Das macht überraschend viel Spaß; während ich anfangs dachte, dass ist bestimmt interessant aber ohne Massenreiz, weiß ich jetzt, dass man oft gar keinen Platz mehr bekommt. Hätte ich früher davon erfahren, hätte ich das für das Betriebsweihnachtsessen vorgeschlagen, schließlich kann man sich auch Essen mitbringen oder hinbestellen, wie ich an einem Kindergeburtstag sah. Besser als die überteuerten Restaurantbesuche, die man in der Arbeitswelt hier für Pflicht hält. Bestellungen dafür werden alle Jahre wieder ab August angenommen.

Von Arbeit wegen habe ich auf dem Karrieretag der Mathematikfakultät der Uni Portsmouth gesprochen. Das heißt regionale Arbeitgeber werben einen Tag lang um die Studenten im letzten Jahr. Was in England, dass muss gesagt sein, immer das letzte Jahr des Grundstudiums bedeutet, also Jahr 3, im Alter von ca. 22. Einen Master macht man hier eher selten. Mein Amt hat sich da wohl erst kurzfristig angemeldet und mir wurde dementsprechend kurzfristig klar, dass ich der einzige Vertreter sein würde und ein einstündiger Vortrag erwartet wird. Zum Glück kann ich Vorträge und erinnere mich auch noch gut daran, wie furchtbar langweilig diese Werbeveranstaltungen sind. Leute in Anzügen rattern Managerfloskeln herunter. Als ich dort ankam, hatten die Studenten schon 3 Stunden hinter sich und waren gelangweilt und müde. Aber ich habe sie aufgeweckt, mit konkreten Beispielen aus meinem Alltag.

In weiser Voraussicht hatte ich früh mit Adventsvorbereitungen begonnen. Unter anderem ließ ich mir einige Rezepte aus Rostock zuschicken. Mit Ellie habe ich sofort das Backen begonnen, damit Anfang Dezember auch genug für Freunde da ist. Zum Glück mag Ellie deutsche Weihnachtstraditionen. Wie mir die geleerte Dose unseres ersten Backabends verriet.

Montag, 16. November 2015

Brumm Brumm Katsching

Große Nachricht: wir haben seit Mitte November ein Auto. Ford Ka, 14 Jahre alt. Praktisch gratis durch Ellies Familie bekommen, sogar für uns hergefahren. Während das natürlich praktisch für Ausflüge in bisher unerschlossene Gegenden ist, kann ich mich nicht wirklich begeistern. Ich bin Fahrradfahrer. Die weiteren monatlichen Fixkosten für Versicherung würde ich lieber sparen, schließlich hat mir ein Auto nie gefehlt. Aber für Ellie ist es ein Kennzeichen des Erwachsenseins. Das hat mich wirklich umgetrieben. Zum einen, weil monatliche Fixkosten für mich immer selbstverständlich klein gehalten werden, zugunsten von Unternehmungen und Ersparnissen. Zum Glück ist alles viel einfacher als befürchtet und lässt sich leicht wieder abstoßen. Aber natürlich erinnert mich auch jede kleine Verpflichtung hier an die lieber ignorierte Entscheidung, wielange ich hier bleiben will.
Ellie ist übrigens eine überraschend gute Fahrerin. Dabei hat sie erst vor einem Jahr den Führerschein gemacht und hat seitdem nicht mehr hinterm Lenkrad gesessen. Meine Testfahrt am Folgetag in den engen  Straßen von Portsmouth war dagegen keine Freude für mich. Ich bin Radfahrer.

Ausgeben tue ich genug. Vor allem winkt zur Abwechslung die Kultur. Zum ersten Mal seit wohl gut zwei Jahren bin ich mit Ellie zu richtigem Theater gewesen, eine Amateurgruppe zwar, aber immerhin mal ein ernsthaftes Thema, nach dem Film "Begegnung" (1945). Zu einer weiteren Amateuraufführung waren wir in London. Bauchtänzer spielten Schneewittchen. Hervorragende Technik als auch teilweise exzellentes Schauspiel.
Zwei Wochen darauf habe ich mit Mathieu und Ellie in der alljährlichen Vorweihnachtsballetsaison Schwanensee gesehen. Das Russische Staatsballet ist dabei eindeutig eine Klasse über dem Moskauer Staatsballet, dessen Nussknacker die letzten zwei Jahre dran war. Außerdem war ich mit Ellie auf einer regionalen Bauchtanzshow in Fareham mit einer interessanten Mischung aus den schlechtesten lokalen Gruppen und zwei richtigen Profis. Eine davon hatte ich die Woche vorher in London gesehen. Im Gedächtnis werden mir aber einige betrunkene Frauen (im fast ausschließlich weiblichen Publikum) bleiben, die die Aufführung durch nur gequatscht haben. In der Pause hat sich dann jemand mit ihnen unterhalten und sie kamen nicht wieder rein. Aber mein Eindruck bestätigt sich, dass man sich hier bei Aufführungen aller Ort schlechter verhält als ich das gewohnt bin. Stichwort Plastiktüten, Handys, Kinderschreien.

Die Bücherfront: Ich habe die Einführung in die Physik ausgelesen. Kasia hat mir gleich zwei neue Bücher auf den Stapel gelegt; davon lese ich einen Roman im Finnland in den ersten Jahren des 20. Jh. Dazu habe ich ein angefangenes Buch von Margarete Atwood und ein Ellie ein sehr spannendes über die DDR aus der Bibliothek. Ellie sagt, sie weiß geschichtlich nichts je weiter es nach Osten geht und will zu Weihnachten ein Buch darüber, was um Gottes Willen im 20. Jahrhundert über die Europäer gekommen ist. Vorschläge an mich oder den Weihnachtsmann.

Der Chor steht zwei Wochen vor dem Konzert am 28. November, mir macht alles großen Spaß, weil ich die Musik gut kenne. Dann kann man das eigentliche Singen genießen. Tangoproben füllen die Wochenenden. Außerdem versuche ich Zeit für Mathieu zu finden. Dann spielen wir in den Kneipen Die Siedler von Catan, oder treffen uns Samstag früh zum Frühstück im Strandcafe. Letzteres wollte ich nach meinem Geburtstag unbedingt wieder machen; der lange Verzug zeigt, wie schwierig es ist füreinander Zeit zu finden.

Davon abgesehen genieße ich zunehmend wieder Zeit allein. Als einmal alle weg oder beschäftigt waren, habe ich allein neue Wege zwischen Haus Stansted und der Hubertuskapelle erforscht. Das war ein feuchter, nebliger Tag, aber mir hat es richtig Freude gemacht, einmal wieder als richtiger Deutscher mit meinen festen Schuhen über schlammige Wege und feuchtes Herbstlaub zu laufen, ohne Karte. Mit Ellie ginge das nicht.
Insgesamt ist wie auch in Deutschland der Herbst bisher schön. Nach dem Sommer zumindest ein Trostpflaster. Vom dritten Stock meins Büros sehe ich oft die Sonne über Portsmouth aufgehen. Ob bei Sonne oder Wolken und Sturm sitze ich abends gerne noch in den Cafes am Strand.

Nachstehend Fotos von Kasias Besuch im Oktober.
Kasia und ich nach zweijähriger Trennung.

Kasias Mann Andreas und ich vor dem Tor zum Kathedralenhof von Salisbury.

Mondaufgang. Kreuzgang der Kathedrale in Salisbury.

Wer erkennts? Kasia im Haus Stansted.

Samstag, 31. Oktober 2015

Alte Menschen rennen zuviel durch die Gegend

Nach Lissabon wollte ich ein ruhiges Jahresende. Keine Reisen, Zeit für mich, Alltag, Lesen, Winter, Advent. Montag Spieleabend mit Mathieu, schön regelmäßig, wider die Dunkelheit. Dafür habe ich mir extra Spiele zugelegt, insbesondere die (Neuauflage der) Siedler von Catan. Dann stellte sich nach und nach raus, dass fast jedes Wochenende ausgebucht ist. Bauchtanzshows, Musicals, Chorproben (Hummels Messe in h moll, Haydns Insanae et vanae Curae) kollidieren mit Tangoproben, ich will mit Mathieu auf die Isle of Wight, Ellie will mit mir nach Canterbury, eine Freundin von ihr will uns nach Manchester holen. Insbesondere Tango fängt wieder an beängstigende Ausmaße anzunehmen. Auftritte sind für Mai und Juni vorgesehen. Aber keine Sorge, das wird meinen Besuch nicht vereiteln.

Kalina
Zwei Wochen nach meiner Rückkehr besuchte ich mit Kalina die Klosteruine in Netley, von mir schon einmal 2013 besichtigt. Anschließend kam sie eine Nacht nach Portsmouth, wo wir einen schönen Abend mit meinen ersten Spielen verbrachten und uns alle freuten, wie schön ein ruhiger Abend in unserem Alter ist.

Kasia
Drei Wochen nach meiner Rückkehr kam Kasia mit Mann, als letzter Besuch dieses leider so verregneten Jahres. Sie bleiben eine Woche, fahren jeden Tag wohin. Leider habe ich keine Urlaubstage mehr übrig, somit blieben nur Abende und das Wochenende. An den Abenden wurde entweder Tee getrunken, weil alle von Arbeit oder Urlaub müde waren. Oder es wurde gekocht und getrunken. Und alte Geschichten erzählt, die schon viel zu lange her sind. Oder Ellie bekam neue Kleider, gemacht in Polen und bemalt von Kasia. Und einmal kamen Kasia und Mann mit zum Tangokurs. Am Wochenende fuhren wir einmal auf die Isle of Wight. Am Sonntag ging es erst nach Southampton (wo Kasia in den polnischen Parlamentswahlen abstimmte) und dann weiter nach Stonehenge. Zumindest für Kasia und Mann, ich blieb ob der Kosten im benachbarten Salisbury. Das waren, ganz ehrlich, zwei wunderschöne Stunden ganz allein mit mir. Im Kreuzgang der Kathedrale (zuletzt zu Ostern beschrieben) sah ich die Sonne unter- und später (wieder mit den anderen) den Mond aufgehen. Der erste schöne Herbsttag, an dem das bunte Kastanienlaub auf dem Domvorplatz in der Sonne leuchtete.


Mary
Allein mit Ellie bin ich zum ersten Mal ins historische Werftmuseum gegangen. Ich war dort 2012 und 2013 auf dem historischen Weihnachtsmarkt als Schausteller gewesen, aber nie in die Museen gekommen. Genauer gesagt ist das der Marinestützpunkt, dessen historischer Teil zur größten Touristenattraktion der Stadt ausgebaut worden ist, während ein großer Teil immer noch in Betrieb ist. Dort liegen viele alte Schiffe, wovon zwei besonders wichtig sind. Eins ist die Victory, Nelsons Flaggschiff bei der Seeschlacht von Trafalgar (vgl. Trafalgar Platz in London mit ihm nebst Löwen auf Säule). Das andere ist die Mary Rose, Flaggschiff von Heinrich VIII, welches 1545 direkt vor Portsmouth gesunken war. In den 1980ern gefunden und gehoben wurde um die vom Schlick konservierte Hälfte ein Museum gebaut. Dort wollte ich natürlich immer mal hin, aber nur nach Vorbereitung. Jetzt fühlte ich mich gut genug eingelesen, nicht zuletzt durch Ellie, die sich gerade mit Heinrich und seiner Tudor-Dynastie auskennt. Dort haben wir also einen schönen Nachmittag verbracht und die tausenden Fundstücke bestaunt, die so gut erhalten sind, dass sie oft Personen mit Namen zugeordnet werden können. Für Besucher: die Eintrittskarten gelten ein Jahr lang.


Im Stadtzentrum wurde das Haupttheater endlich wieder eröffnet. Drei Jahre war renoviert worden - meine gesamte Zeit hier kannte ich es nur geschlossen. Jetzt gibt es zumindest Hoffnung auf gute Vorstellungen, ab und zu ist etwas brauchbares im Programm - aber immer viel weniger und viel teurer als in Deutschland.


Paulina
Aufregende Neuigkeiten auf der Arbeit! Seit Kurzem arbeitet bei uns eine Polin aus Posen, die gute acht Jahre in Rostock gelebt hat. Dort studiert sie und arbeitete anschließend am Max Planck Institut für Demographie. Mit dem arbeitet ja gerade meine Arbeitsgruppe zusammen - sie kennt die Leute, die mit uns korrespondieren. Anschließend hat sie ihren Doktor in Southampton gemacht und kam danach zu uns. Ich war völlig aus dem Häuschen, als ich von ihr erfuhr und wir unterhalten uns lange, wie schön Rostock ist und was für ein Kontrast Southampton bzw. Portsmouth. Sie fand hier so wie ich ihren Partner - Emigrantenschicksal.


Neuestes Konzertplakat.

04.10.2015 - Lissabon

Höhepunkte aus Lissabon


  • Nachtspaziergänge in der Altstadt
  • russisch Essen bestellen
  • der Blick von der Christusstatue
  • Die Aussichtsterassen
  • Nachtcafes mit Aussicht
  • Der Mond über der Burg
  • Fahrradausflug nach Belem
  • portugiesische Bäckerein
  • Kaffee am Botanischen Garten
  • Spaziergang im Viertel Estrela
  • Fado Konzert
  • Burg in Sintra
  • Kaffeepausen
  • Das Zirkuscafe
  • Rasierer vergessen - jetzt trage ich Bart
  • Fotoapparat verloren - vorerst keine Fotos



Kloster im Viertel Belem. Schön verziert mit Geld aus der Entdeckerzeit.

Vom TUIs "Mein Schiff 4" wurde die Altstadt die ganze Nacht lang mit Disko beschallt.



Das Zirkusprojekt El Chapito kümmert man sich um obdachlose Kinder.








Vgl. Mein Block in Torun.

Sintra. Im Hintergrund einer von zwei Nationalpalästen.

Aber wir kletterten lieber auf die maurische Burg.

Weils das was zu sehen gab.


Freitag, 25. September 2015

Auf dem Sprung

Vor dem Abflug nach Lissabon die wenigen Neuigkeiten aus den zwei Wochen England.
Aus Deutschland hatte ich mir das Buch "1913 - Der Sommer des Jahrhunderts" mitgenommen und fast durchgelesen. Nach den Erfahrungen mit Mutti und Rieke im Regen lege ich mir Spiele für zu Hause zu. Karten, Mikado, Mensch ärger Dich nicht. Außerdem Die Siedler von Catan, für Abende im Pub mit Mathieu. Der Chor begann am 23. September Hummels Messe in B moll. Tags darauf hielt ich von Arbeit Wegen einen Vortrag über das Altern der Bevölkerung auf einer Konferenz in Brighton. Die Vorbereitung dazu hatte die beiden Wochen in England ausgefüllt. Die Konferenz war für Stadtplaner; man will den Menschen bessere Häuser und Städte fürs Altern bauen. Für mich sprang dabei ein Mittagessen im örtlichen Palast (vgl. Besuch mit Friedemann im Juni) heraus sowie der perfekte Gehstock aus einem Antiquitätengeschäft.
Das einzige Wochenende zwischen Deutschland und Portugal verbrachten Ellie und ich bei ihrer Freundin in London. Da es den Mädchen Zeit füreinander geben sollte, hatte ich Zeit um a) Samstag früh zu schlafen b) Sonntag morgen bei Sonne im Garten 1913 zu lesen c) mich viel mit dem polnischen Mann der Freundin zu unterhalten.



Schöner wohnen mit Riekes Geburtstagsbild.

Mittwoch, 23. September 2015

Karten & Statistik

Heute etwas Material über meine Region in Relation zu anderen.
  • Tabelle, Einwohner meiner bzw. Eurer Städte. Neben 2014 auch der Stand 1990 als Kontext. Siehe z.B. wie fast alle Städte in Polen und Ostdeutschland schrumpfen, die in England wachsen. Nach 2014 absteigend geordnet.
  • 3 Karten meines Alltags. Zur Illustration, wo ich regelmäßig langfahre.

Einwohnerzahl (in Tausend)
Stadt19902014
Warschau1.735 1.650
Lodz850710
Breslau644634
Southampton204242
Lübeck215213
Magdeburg279213
Portsmouth177210
York173204
Rostock198203
Torun200203
Frankfurt8658
Schwedt4931
Templin1916
Easington Colliery???5

Innerhalb von Portsmouth
Weg zur Arbeit

Regelmäßige Ziele in der Region.


Dienstag, 1. September 2015

26.8.2015 - Besuch III: Mutti & Rieke

Zum Abschluss dieses Sommers von Besuchen kamen Mutti und Rieke zu mir. Ursprünglich hatte ich mich ja gefreut, endlich Besuche im Sommer zu haben - aber der Sommer ist den Namen nicht wert. Am zweiten Tag fuhren wir zu dritt zum Haus Stansted, wo Ellie und ich schon mehrmals gewesen waren. Ursprünglich hatten wir zur auch dort gelegenen Hubertskapelle gehen wollen, aber Wetter verfinsterte sich bereits zu Beginn und das Haus hat ein Cafe. Dort haben sie zwar Cream Tea kennen gelernt, aber dafür lief das Wasser in Strömen die Fenster hinab. Das Wetter wurde im Laufe der Woche immer schlechter und dazu wird es noch früher dunkel. Zum Ende fühlte ich mich schon wie im November und war richtig deprimiert - die 3 Sommermonate waren völlig für die Katz, Mathieu spricht wieder davon, bis Ende des Jahres ins nächste Land zu ziehen. Und auch ich war am Anfang und am Ende des Besuchs versucht, ins nächste Flugzeug nach Hause zu steigen. Das lag aber vermutlich mehr daran, dass nach sovielen Besuchen aus Deutschland die Erinnerung geweckt wurde, dass ich niemals so lange hier sein wollte.
Glücklicherweise war das Wochenende gut. Als wir mit Ellie zur Isle of Wight fuhren, war es sogar sommerlich. Ich führte sie eine bekannte Strecke lang, am Ende für Mutti und Ellie etwas zu lang. Aber anfangs sind wir fast am Strand geblieben, so schön war es.
An weiteren Tagen gingen wir in den Zirkus, ins Pie-Cafe, und spielten bei Ellie Romme. Einmal konnten sie mich noch schwimmen sehen. Aber die letzten zwei Tage konnten Mutti und Rieke kaum aus dem Haus.
Und dann stellte sich heraus, dass es doch noch nicht ganz vorbei ist mit den Gästen. Ende Oktober haben sich Kasia und Mann angemeldet.

Als man noch in meinem Hinterhof frühstücken konnte.

Cafe bei Haus Stansted, kurz vor dem richtigen Regen.

Mutti vor Haus Stansted.

Auf dem Weg zur Isle of Wight.

Am schönsten Tag der Woche

Ebbe und Portsmouth

In einer Vogelwarte bei Seaview.



Schwierige Karten für Buddha und mich.

31.7.2015 - 4 kleine Reisen

St Hubert III
Im Juli wurde viel rumgereist. Nachdem ich kurz zuvor Papa und Mathieu die Hubertskapelle bei Rowlands Castle gezeigt hatte, machten ich auch mit Ellie einen Ausflug dorthin. Bei ausnahmsweise sonnigem Wetter war die Wildblumenwiese inzwischen ergraut, aber die Felder noch mehr ergoldet.

Ruine Cowdray
An einem anderen Wochenende fuhren Ellie und ich zur Ruine eines Renaissancepalastes. Das war im kleinen Ort Cowdray, etwas nördlich von Chichester. Es liegt in der gleichen schönen Region wie St Hubert oder Haus Stansted oder der Elisabeth Landschaftspark oder das Umweltzentrum mit Yurte, den South Downs, einer Hügelkette entlang der halben Südküste. Für Leute mit gutem Internet hier ein gutes Video.

Mit Mathieu unterwegs
Mit Mathieu habe ich einmal nach der Arbeit eine schöne Fahrradtour von Fareham nach Gosport gemacht, also in etwa die Strecke, die ich 2012 anfangs täglich zur Arbeit gefahren war. Seit ich auf den Zug umgestiegen war, bin ich kaum noch da gewesen, denn Gosport ist bis auf das Geschichtsdorf ziemlich langweilig. Mathieu aber, der dort arbeitet, zeigte mir zwei schöne Kneipen, davon hat mir ein Cafe am Yachthafen besonders gefallen.
Einige Tage später haben wir uns das aufblasbare Kayak meines Vermieters geliehen und sind mit einer Hobbykayakgruppe den Strand rauf und runter gefahren. Das wollte ich schon immer mal machen, seitdem ich Leute in der Abendsonne Boot fahren sehe. Nur hatte unser Tag hohe Wellen und wir mussten uns ziemlich anstrengen. Vor allem aber hatte ich die weniger kluge Idee, Handy und Fotoapparat, in einer Plastiktüte, mitzunehmen. Dafür gab es zwar gute Gründe, nicht zuletzt Bilder fürs Tagebuch, aber natürlich drang Wasser in die Tüte und beide Geräte waren kaputt. Daher habe ich mir endlich ein neues Handy (auch eine Kamera natürlich) kaufen müssen, zweifellos zur Freude von vielen von Euch, die mein armes Telefon seit Jahren gnadenlos niedermachen. Auch musste ich mir eine neue Brille (und dazu gratis eine Sonnenbrille) kaufen - nichts davon hat mir sehr gefallen.

Stratford
Das Telefon konnte ich schnell und billig ersetzen. Immer noch ein Modell aus der Zeit als es um Telefonieren und SMS ging. Aber zugegeben, es ist etwas bequemer. Die neue Kamera dagegen kam später an. Darum gibt es keine Fotos von der größten Reise des Monats, dem langen Wochenende in Stratford-upon-Avon. Dorthin war Ellie auf eine Hochzeit eingeladen. Ich nicht, ich fuhr zur Stadtbesichtigung mit. Ellie hatte keine große Lust auf die Hochzeit, ich dagegen schon auf die Stadt. Schließlich ist sie Geburts- und Sterbeort Shakespeares. Und das beste, ich konnte einmal seit langem wieder ganz allein und in eigener Geschwindigkeit herumlaufen. Die Stadt ist für meine Verhältnisse nicht ungewöhnlich historisch, an sich sind nur die 5 Anwesen des Shakespearevereins wirklich erhalten. Vier davon habe ich geschafft, drei Stadthäuser und ein Haus etwas außerhalb, dazu seine Grabstätte. Es wird sich auch große Mühe gegeben, zum Beispiel spielen Schauspieler Szenen nach Wunsch. Aber am besten haben mir die Häuser mit großen Gärten gefallen, denn die kamen bei ausnahmsweise sommerlichen Wetter richtig zur Geltung. Insbesondere das Familienhaus seiner Frau Anne Hathaway tat es mir an, denn im Dorf Shottery gelegen hatte es nicht nur einen großen, bunten Garten in voller Blüte, sondern eine Apfelwiese, Wald und ein Arboretum. Dabei muss ich wieder unterstreichen, wie schlecht der Sommer dieses Jahr wirklich ist, und was für eine Wohltat ein sonniger Tag auf dem Land. Ebenso, dass ich abends in ein richtiges Theater gehen konnte. Natürlich hat die Königliche Shakespearegesellschaft in Stratford ihren Hauptsitz, betreibt zwei von drei Theatern im Ort und dort spielen teilweise die besten Schauspieler der Landes. Man bekommt natürlich als Spontankäufer nur noch Restkarten - in meinem Fall gar nicht Shakespeare sondern das Stück "Volpone" von Ben Jonson.
Ellie hat die Hochzeit übrigens viel mehr gefallen als erwartet. Auch die alten Freunde, die sie eigentlich nicht so sehr sehen wollte, waren bessere Gesellschaft als sie dachte. Eine davon lernte ich am ersten Abend kennen. Dabei schockierten mich wieder ihre Geschichten von früher - erst nach und nach merke ich, aus welchen Umständen sich Ellie herausgearbeitet hat.


Endlich angekommen - Ellie vor St Hubert






Am Yachthafen von Gosport mit Mathieu und neuer Brille.

Neue Sonnebrille.

Auf der Hafenfähre zurück auf die Seite von Portsmouth.


Die Ruine von Cowdray