Dienstag, 21. Januar 2014

19. Januar - Weymouth

Am Wochenende des 18./19. Januar fuhren Mathieu und ich in das Küstenstädtchen Weymouth zwischen Portsmouth und Cornwall. Dort trafen wir uns mit der Gruppe Freunde aus Frankreich, Spanien und Portugal, mit denen wir bereits an den Kreidefelsen der Sieben Schwestern und später in Stonehenge gewesen waren. Man trifft sich alle paar Monate, um den Kontakt zu halten. Das ist eine sehr angenehme Gruppe, die Organisation verlief ohne Zickereien wohin und wieviel. Als Bonus leben sie zu meiner Beruhigung alle so unfestgelegt wie ich. Sie wohnen in und um Bristol, daher die Wahl des kleinen Fischerortes Weymouth vor der Insel Portland, der unter Georg III zum Kurort avancierte und bis heute dank Strand und Hafen mit Fischern und Yachten Touristenwert hat.
Mit Musik aus Mathieus Heimatort kamen wir nach nicht einmal zwei Stunden Fahrt an diesem regnerischen Samstag auf einem Hügel über Weymouth an und ich sah gleich wieder, dass das offene Meer ein anderer Eindruck ist, als unsere Meerenge. Als es trocken wurde, fuhren wir hinunter und spielten bis zum Eintreffen der anderen an der Strandpromenade Golf. Mathieu hatte die Ausrüstung eingepackt und ich machte mir einen Notiz, dass große Sandstrände ideale Spielorte sind.
Nachdem die Gesamtgruppe ihre Sachen in die Pension über einem Pub direkt am Hafenfahrwasser, neben der zweistündlich geöffneten Hebebrücke gebracht hatten, verbrachten wir den restlichen Abend im Großteil der örtlichen Kneipen, zum Teil mit Tanz, und zum Schluss mit Spielkarten auf unseren Zimmern. Ich machte mir eine Notiz, Spiele einzuplanen, wenn ich so etwas mal selbst auf die Beine stelle. Mein neuer Schal von Ellie hat sich in der Nacht auch gleich wieder in Luft aufgelöst.

Am Sonntagmorgen zog mich das sonnige Fahrwasser gleich vor die Tür, wo auch die Glocken läuteten und Fischer ihren Fang verarbeiteten. Der Sonntag blieb durchweg sonnig und nach einem Abstecher an den lokalen Strand fuhren wir über die Hafenbrücke Richtung den Chessil Strand. Das ist eine kilometerlange Landzunge, die mit ca. 400m Breite das Meer von einem angeblichen Süßwassersee trennt und eine der Hauptattraktionen der Region ist. Dazu sind wir ins Dorf Abbotsbury weiter westlich gefahren. Auf Chessil Beach blieben wir eine ganze Weile einfach liegen, als die Sonne uns direkt beschien. Als wir durch das großteils geschlossene Dorf liefen, fielen mir zwei Dinge auf, weil sie für mich inzwischen so selten geworden sind. Eins war die Stille. Kein Motorenlärm im Hintergrund. Die sehr bergige Küste isoliert die einzelnen Siedlungen voneinander und man sah keine anderen Dörfer, hörte auch nicht viel außer dem Wind und den Schafen auf den Hügelkuppen über Abbotsbury. Darum gibt es auch nicht viele Lichtquellen; nach Sonnenuntergang war es richtig dunkel. Zu dem Zeitpunkt standen wir auf einem Einzelhügel, auf dessen Spitze auf einer sonst leeren Kuhweide eine dramatisch gelegene Kapelle über dem Meer und auch dem Dorf stand. Von dort sah man auch die Umrisse der heute fast verschwundenen Abtei, und mit der Dunkelheit und der Stille hatte ich sofort einen Eindruck, wie das gewesen sein muss, als sie im Ort noch die dominante Institution war.

Weitere Nachrichten: Mit Mathieu bin ich spontan ins Theater gegangen, das erste Mal hier seit Januar 2013. Ein junges Mädchen spielte solo ein Stück eigener Produktion, bei dem sie eine kleine Gruppe durch die Räume hinter Bühne führt und ab und zu singt. Dafür hat sie wohl einen Preis bekommen und tourt durchs Land. In Portsmouth war es die erste Aufführung, nicht einmal das Theaterpersonal wusste, was kommt. Am Ende lässt sie die Leute auf der Bühne in voller Raumsausleuchtung stehen. Prädikat besonders wertvoll in dieser Stadt ohne brauchbare Theater.
Zweitens habe ich mir für Abende ohne Theater ein Puzzle gekauft.

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Der Strand von Weymouth.

Der Strand Chessil. Weymouth liegt bereits ganz am Horizont, links von der sichtbaren Insel Portland.


Die Sonne ist rausgekommen.


Die Hügel über Abbotsbury sind voller Schafe.




Die Kapelle auf dem Hügel.

Sonntag, 12. Januar 2014

Vorsätze

In Deutschland von Sonne und einem wunderschönen Abendrot verabschiedet bekam ich in England als erstes eine Handvoll Regen ins Gesicht. Sturm und Überflutungen waren noch aktuell. Portsmouth ist wieder vergleichsweise glimpflich davon gekommen, aber der Parkplatz am Tragflächenboot ist halb unter Wasser, das Boot selbst mit meinen Fahrern immer wieder abgesagt und die Straßen am Meer teilweise gesperrt, weil die Wellen mächtig gegen die Mauern schlagen. Als Hintergrund zum abendlichen Joggen am Strand ist es aber sehr gut.
In anderer Hinsicht bin ich gut angekommen. Nachdem ich im Urlaub soviel Lektüre geschafft habe, habe ich ja wider besseren Wissens eine ganze Reihe Bücher mitgenomen. Tucholsky's Sammelband ist fast fertig, jetzt lese ich eine kleine Einführung in die Philosophie der Logik und daneben Kasias Weihnachtsgeschenk, "Unschuld" von Pierre Magnan. Ellie hat Deutschlehrbücher bekommen, aber bisher sehen sie noch unbenutzt aus. Sie schnappt dafür sehr schnell gehörte Worte auf. Sie hat ein erstaunliches Gedächtnis für Klänge und Wörter, ist aber keine systematische Lernerin. Auch im Chor singt sie nach akustischem Gedächtnis, ich muss Noten lesen.
Selbiger Chor hat mit dem neuen Semester begonnen. Wie im letzten Frühlingssemster ist er ein gutes Stück kleiner, denn wir singen modern. Diesmal gefällt es mir aber gleich von Anfang an. Es sind drei Stücke der britischen Komponistin Cecilia McDowell. Die lebt sogar noch und hat die Ehrendoktorwürde der Uni Portsmouth bekommen. Daher soll sie auf dem Konzert am 22. März höchtselbst sprechen und soll im Februar wohl einmal eine Probe besuchen.
Es gab eine große Veranstaltung in den historischen Docks (wo auch mein Weihnachtsmarkt war). Das BBC Programm 'Stargazing' (Sternegucken), eine Art Wanderzirkus, inspiriert von den populären Wissenschaftssendungen des Prof. Brian Cox, machte Halt. Ellie und ich haben unabhängig voneinander zufällig Karten gekriegt. Leider haben wir es dann nicht auf die Reihe gekriegt, uns da auch zu finden. Das Programm war mehr an Kinder gerichtet, als man aus den Sendungen vermutet hätte. Aber allgemein unterstütz ich den Trend leidenschaftlich, Wissenschaft cooler zu machen. Schließlich habe ich selbst soviel zu lernen. Und neben den Spielchen für Kinder hatte ich immer noch eine gute Zeit mit den Teleskopen, die auf dem Deck des alten Panzerseglers Warrior aufgestellt waren. Da kommt man sonst auch nur für viel Geld rauf.
Weitere Fortschritte: ich habe nach einem Rezeptvergleich mit Friedemann über Weihnachten die Mehleffizienz beim Brotbacken fast verdoppelt! Und mit Mathieu bin ich in die lokale Schwimmhalle gegangen. Zwar wurden alle Hoffnungen untergraben, dass ich durch den Sommer ein besserer Schwimmer geworden wäre, aber als kurze Erholung vom Büroalltag ist es für den Preis sehr gut und soll wenn möglich wöchentlich geschehen.

Auf der Arbeit beschäftigt mich die anstehende erste Veröffentlichung des Projektes, an dem ich ja seit letztem Februar arbeite. Das ist einmal die Datenbank selber, an der jetzt neben den reinen Daten viele Benutzerdokumente vorbereitet werden, die auch Laien den Zugang vereinfachen sollen. Außerdem bereite ich einen Stand mit Plakat und Broschüren für eine interne Konferenz Ende Januar vor. Das macht mir großen Spaß, weil ich da einmal mit Formen und Farben rumspielen kann. Unabhängig davon gibt es Nachfragen nach Wiederholungen eines Vortrags über Minderheitenkulturen, den ich mit einem Kollegen vor einiger Zeit für unsere Umfrageklinkenputzer gehalten hatte. Dort bahnen sich vielleicht einige Dienstreisen in anderen Standorte an.

Am kommenden Wochenende soll nun eine Reise mit Mathieu's portugiesischen Freunden aus Swindon stattfinden. Mit denen waren wir schon in Portsmouth und Stonehenge unterwegs. Jetzt geht es in die Region knapp östlich von Cornwall. Selbstverständlich habe ich viel mehr Pläne, als das Jahr Wochenenden hat. Außerdem wollte ich dieses Jahr Prioritäten setzen und ruhiger leben.