Sonntag, 13. Dezember 2015

Advent Advent, die Zeit sie rennt!

Man denkt es ist nichts besonderes passiert und dann findet man eins nach dem anderen im Gedächtnis. Also:

Allein, zu zweit, zu vielen


Einmal war Ellie unterwegs und allein meine Freunde weg. Also hatte ich einige willkommene Stunden für mich. Für Kaffee am Meer (die stürmische See macht immer noch Eindruck auf mich. Ein bisschen als wäre das ein seltenes Privileg. In dem Klima hier kann man mit einer Decke immer noch draussen sitzen.) und einige Stunden im Museumshafen. Wozu hat man schließlich Jahreskarten. Diesmal habe ich die Victory besucht (Nelsons Flaggschiff in der Schlacht von Trafalgar) und die M33 aus dem Ersten Weltkrieg (war von Kasia empfohlen worden, nachdem sie sich mit unseren Jahreskarten reingeschlichen hatten).
Dann wieder mit Ellie habe ich den Komiker Bill Bailey gesehen. Sehr bekannt aus dem Fernseher, immer mit den guten Leuten und Ideen. Sehr gut. Musikvirtuose, spielt bei Auftritten zehn Instrumente. Großer Spaß.
Dann hatte meine Tangotruppe einen kurzfristigen Auftritt. Beim Weihnachtstreffen der Spanischen Gesellschaft in einem Kulturhaus. Ein freundlicher Auftritt vor harmlosem Publikum, bei dem wir schonmal einige Choreographien für nächstes Jahr ausprobieren konnten. Für mich war es das schönste am ganzen Tag, schon auf der Arbeit tagsüber hatte ich mich gefreut; mir machen Auftritt immer Spaß.

Singen jetzt

Auch unser Chorkonzert war ein Erfolg. Publikumsandrang war leider etwas enttäuschend, dafür befand es unser Dirigent als den vielleicht besten Auftritt unseres Chors. Mir hat vor allem das Orchester gefallen, die wirklich gut spielten (im Gegensatz zum normalen Uniorchester). Sie spielten Mozarts Jupitersymphonie, wonach wir Hummels Messe in B moll sangen. Erfreulicherweise sind einige Fragmente aufgenommen und ins Internet gestellt worden. Wie ich leider erst kurz vor Konzertbeginn erfuhr, überträgt in der katholischen Kathedrale eine Webcam permanent Video ins Internet. Nur Papa hat noch rechtzeitig einschalten können. Zwei Wochen darauf waren wir allerdings wieder da, zum alljährlichen Adventsgottesdienst der Uni. Diesmal versuchte Friedemann, es aufzunehmen. Aber er hat nur die Generalprobe erwischt - vielleicht lässt sich noch was draus machen. Während dieser Auftritt nämlich zweitrangig war, hat er allen großen Spaß gemacht. Diese Tradition des Adventssingens hier gefällt mir wieder sehr. Leider gibt es dieses Jahr partout keine passenden Termine für mich. Auch das Singen auf der Arbeit habe ich verpasst. Sehr schade.

Singen Zukunft

Nächstes Semester singen wir (neben geheimnisvollen Andeutungen von Shakespeare) Dvoraks einzige Messe. Die kam mir beim ersten Anhören so bekannt vor - und in der Tat hatte ich sie am 16. August 2014 in der Kirche Jagow gehört. Auf den Uckermärkischen Musikwochen, am ersten Tag meines Sommerbesuchs in dem Jahr. Übrigens singt auch Friedemann seit einigen Monaten in Lübeck in einem Chor und es macht ihm Spaß. Auch sie hatten kürzlich Adventskonzerte.

Advent Advent

Auch privat wird natürlich Advent begangen. Zwei Dosen waren mit Keksen gefüllt, bis eine davon komplett vom Tangokurs aufgegessen wurde. Auf der Arbeit habe ich zwei Kalender (auch meine Kollegen haben übrigens welche, eine sogar einen Bildkalender, der hier weniger beliebt ist). An Adventssonntagen versuche ich zumindest, dass man sich abends mal hinsetzt und Musik und Kerzen anmacht. Der Nikolaus hat Ellie wieder einen Stiefel gefüllt und auch ich habe ein großes Paket bekommen. Große Aufregung sowohl für Ellie als auch Buddha. Mitgeschickte Dekoration wird übrigens auch genutzt.
Auch auf der Arbeit ist Weihnachten. Pünktlich seit dem 1. Dezember sieht das Büro aus wie Elton Johns Geburtstagsfeier.

Ellies Geburtstag

Auch Ellies Geburtstag gab Anlass zu besonderen Veranstaltungen. Zuvorderst habe ich sie zum Musical Der König der Löwen nach London eingeladen. Das hatte ich schon vor 3 Jahren mit Kalina gesehen, aber daher wusste ich auch, dass es sich auch ein zweites Mal lohnt. Eine ganz tolle Mischung aus guten Sängern, einfallsreichem Bühnenbild und afrikanischer Kultur. In der Woche vor meiner Abreise plane ich noch, mit Ellie ins alljährliche Kindertheater zu gehen. Das hatten wir schon im letzten Jahr gemacht; ob der schamlosen Albernheit dieser traditionellen Bearbeitungen von Märchen sind die "Pantos" auch (vielleicht besonders) bei Erwachsenen beliebt. Zumindest bei albernen Erwachsenen.

Lesen

Bis vor Kurzem hatte ich vor allem Noten zum Lesen. Jetzt komme ich wieder zu Büchern, habe aber nur halbfertiges vorzuweisen. Kasias Buch "Das Waisenhaus" habe ich zu zwei Dritteln durch. Ich lese im Bibliotheksbuch über die DDR, ohne die Absicht, es ganz zu beenden. Daneben wiederhole ich einige Kapitel in der kleinen Physik, auch wieder einige aus dem großartigen Das Erbe Roms, und habe auch ein Buch von Margaret Atwood angefangen und unbeendet. Ich mag keine unbeendeten Aufgaben. Hoffentlich bringt Weihnachten Abhilfe.Siedler von Catan: Mathieu und ich spielen mit großem Einsatz. Zur Weihnachtspause steht es circa 4:5 für mich. Aber viele Partien werden um Haaresbreite entschieden; meine Nerven sind dafür gar nicht gemacht. Aber Friedemann kann ich zu Weihnachten alle mal besiegen.

Restpläne 2015

Soviel zu Vollbrachtem. Vor dem Abflug nach Hause werde ich Montag noch in die Stadt Swindon fahren, um dort einen Vortrag zu halten. Die Stadtverwaltung veranstaltet eine kurze Konferenz zum Thema Bevölkerungsalterung und Lokalverwaltung. Ich halte den gleichen Vortrag wie im September in Brighton. Auf dem Rückweg werde ich dann eine Nacht in Southampton bleiben und Kalina besuchen. Die war seit langer Zeit schwer mit Arbeit beschäftig und hat erst jetzt Zeit für ein letztes Treffen bevor das Jahr vorüber ist.

Sagen und Meinen

Zum Schluss eine Kategorie, die ich seit Längerem in mein Tagebuch intergrieren wollte. Insbesondere seit ich mit Ellie zusammen bin, finde ich einen bestimmten Aspekt interkultureller Kommunikation besonders relevant: die verschiedenen Konnotationen, die Kulturen mit bestimmten Worten und Ideen verbinden. Denn natürlich lernt man die Worte, Ideen in einer Fremdsprache auszudrücken. Man lernt Worte und Ideen, die es in der Fremdsprache nicht gibt. Und die es in der eigenen Sprache nicht gibt. Aber dann gibt es diese fiesen kleinen Dinge, die es in beiden Sprachen gibt, auch etwas Ähnliches beschreiben, aber dadurch im weiteren Bedeutungskreis Unterschiede verstecken. Praktische Beispiele: 


  • "Bohnen": der Engländer denkt dabei implizit an weiße Bohnen in Tomatensoße - baked beans. Auch wenn sie (normalerweise) nicht gebacken sind.
  • "Tee": grundsätzlich schwarzer Tee. Bestellt man "Tee", fragt einen niemand, welche Sorte. Ich freue mich schon darauf, wenn Ellie das erste Mal Tee in Deutschland bestellt.
  • "historische Stadt": für Ellie die Backsteinarchitektur des Georgianischen Zeitalter (18. Jh.). Z.b. der museale Teil des Marinemuseums. Ich hatte das immer für Fabrikarchitektur gehalten; mich hatte das nie angepsrochen, weil "historisch" in meinem Kopf mit Fachwerk und auf keinen Fall mit rechtwickligem Backstein verknüpft ist. So war ich in der Vergangenheit wiederholt enttäuscht gewesen, wenn ich ein als historisch beworbene Stadt besuchte. Halb York zum Beispiel sah für mich nach drögem Funktionsbau aus - vielleicht war das gar nicht so. Ich denke an Fachwerk - und da speziell an Wernigerode. Hier ist Fachwerk nur mit der Tudorzeit verbunden - Heinrich VIII, 16. Jh.
  • "Feuerwerk": wird nicht mit Silvester verbunden, sondern mit Guy Fawkes Nacht. Am 5. November. Zu Silvester nur ein paar öffentliche Feuerwerke, aber kaum privates. Meines Wissens ein Unikum in Europa.
  • "Asiatisch": man denkt zuerst an Indien und Pakistan. Der Teil Asiens, der einem mal gehörte und von dem man die meisten Leute vor der Nase hat.
  • "Weihnachten": New York der 1950er. Weil amerikanische Kultur und ihre Vorstellungen ohne Umwege importiert werden kann. Und dort wurde eine einheitliche Weihnachtskultur mit Strahlkraft um diese Zeit durch Hollywood festgeschrieben. Und dann versucht mal, eine hybride Tradition zu entwickeln, wenn man selbst an Wald, Oratorium, Ruhe und Kirche denkt. Zum Glück kommt Ellie noch aus einer volksmusikalischen Tradition.
Vor dem Tangoauftritt.

Buddha sagt mir was der Nikolaus gebracht hat.

Linzer Plätzchen & Mandelsterne