Sonntag, 28. Januar 2018

Der Duft von Eigentum

Ich habe gelernt: Reisen ist an Werktagen viel einfacher. Hin- und Rückreise nach Deutschland gingen außergewöhnlich glatt. Diesmal schien die Reise diesmal merkwürdig lang, und England im ersten Moment merkwürdig fremd. Unser Haus roch sogar... englisch. Hat mich an die Häuser erinnert, in denen ich mit 16 in Brighton gewohnt hatte. Zum Glück hatte ich einen Koffer dabei gehabt, denn ich brachte einen ganzen Stapel Geschenke mit für Ellie, und drei Alben mit Fotos von mir.

Ich bin gleich am nächsten Tag arbeiten gegangen und habe auch eine Menge zu tun, das meiste davon sehr angenehm. Am 7. Februar spreche ich für eine Beförderung vor und mehrere meiner Ideen haben großen Zuspruch erhalten.

Im Chor bereiten wir Janaceks Vaterunser, Karl Jenkins Messe "Der bewaffnete Mann" und Leonard Bernsteins Chichester-Psalme vor. Bernstein hatte ich bisher nur mit Musicals verbunden, aber offenbar hat er 1963 ziemlich anspruchsvolle Musik für die Kathedrale in Chichester geschrieben. Ellie ist nicht mehr im Chor, weil sie am gleichen Abend Bauchtanz hat. Früher ist sie nach dem Chor schnell zur zweiten Tanzstunde gegangen, jetzt will sie doch lieber den ganzen Abend da mitmachen. Dafür singt sie seit Kurzem in einer Folk-Gruppe mit. Und ich bereite mich seit Jahresbeginn auf die nächste Tangoshow vor. Diesmal bereits im Juni, aber offensichtlich in einem neuen Format, dass nicht so lange Vorbereitung braucht. Sagt der Lehrer.

Als nächstes fahren wir dieses Wochenende zum Sternwarte in Greenwich. Das hatte mir Ellie zu Weihnachten geschenkt. Langsam spürt man auch den Frühling und ich denke an die ersten Ausflüge. Dabei habe ich gesehen, dass der Freundeskreis der Hubertuskapelle sich inzwischen eine eigene Internetseite zugelegt hat und darauf ein ganz tolles Rundum-Bild zur Verfügung stellt.

Samstag, 6. Januar 2018

Imperiale Füße

Großbritannien ist bekannt für seine eigenen Maßsysteme. In Wirklichkeit ist es noch viel komischer: man verwendet eine Mischung aus imperialem und metrischen System. Man kennt beide Systeme, benutzt sie aber teils für verschiedene Anwendungen und kann auch nur theoretisch umrechnen. Für Körpergröße und Gewicht benutzt man im Alltag das imperiale System, jeweils "Fuß und Inch" und "Stein und Unze". Ellie und Kollegen können zwar ganz gut einen Meter und ein Kilo abschätzen, aber partout nicht für diese Grundmaße. Entfernung können sie in etwa in Kilometern angeben, parallel zum den Meilen auf Straßenschildern, aber sie wissen nicht wieviel meine 1,85 Meter sind. Ich weiß inzwischen, dass ich ca. 6 Fuß 0 Inch groß bin, aber nicht, wieviele Steine ich wiege. Und während die Verkehrsschilder eben in Meilen arbeiten, werden viele andere Dinge offiziell in Kilometern angegeben. Man bemüht sich also die wichtigsten Dinge international kompatibel zu machen, aber die persönlichen Maße werden von Generation zu Generation weitergegeben. Milchflaschen sind offiziell primär in Litern beschildert, aber man kriegt sie eben in Mehrfachen von 0,568 Litern, also einem Pint, denn die Flaschen haben natürlich ihre traditionelle Größe und Form behalten. Beim Kochen und Backen geht beides - nur Familienrezepte kann sich Ellie weiterhin nur in Unzen oder Tassen vorstellen. Was genau eine Tasse ist, ist dabei sogar zwischen Familien umstritten.

Silvester

Genau zu Silvester kam Mathieu aus Frankreich zurück. Seit er im November von seiner langen Weltreise eine Weile nach Portsmouth zurückgekehrt war, hatte er eine neue Arbeit gesucht. Jetzt hat er eine gefunden: am 15. Januar fängt er in Paris an. Wenn ich aus Deutschland zurück bin, wird er also schon nicht mehr da sein. Darum habe ich ihn vor meiner Abfahrt nochmal ein paarmal getroffen. Zu Silvester sind wir in seine Lieblingskneipe, wo wir uns in der Vergangenheit oft zu Spieleabenden getroffen haben. Ohne ihn wird mir ein Mitspieler fehlen. Eigentlich hatte ich erwartet, dass überall geschlossene Saufgesellschaft und sehr voll wäre. Aber ausgerechnet an diesem Abend kamen wir nicht nur rein, sondern bekamen auch einen Tisch - und wir waren nichtmal die einzigen Spieler. Wir lernten anderen Leute kennen, die zu Silvester auch spielten. Wir hatten gerade erst angefangen, da musste ich schon wieder los, denn ich wollte Ellie nicht allein lassen. Ellie hat sich als Silvesterhasser herausgestellt, was aber wohl auch mit dem baldigen Ende ihres Urlaubs zu tun hatte. Sie sagt, zu Silvester fühlt man sich zum Feiern gedrängt, ob man es zugibt oder nicht - nun, wir haben das Gegenteil bewiesen. Ich habe mit Mathieu zu Hause weitergespielt. Gegen 23 Uhr ist er nach Hause, denn beide hatten wir nicht unbedingt vor, bis Mitternacht aufzubleiben. Im letzten Jahr hatte ich schließlich gesehen, dass wirklich nichts passiert. Ganz überraschend wurde diesmal aber doch etwas geböllert und aus unserem Dachfenster hat man sogar einen ziemlich guten Blick nach Norden und zum Hafen. Von dort hört man sogar Schiffssirenen, wie in Rostock. Das dortige Geschehen habe ich über einige Internetkameras verfolgt.