Freitag, 29. September 2017

Das Haus ist nicht allein zum Wohnen da

Wir sind angekommen! Im erlauchten Kreis der Hausbesitzer! Und es hat nichtmal weh getan.

Umziehen
Der eigentliche Umzug ging sehr schnell. Viel schneller als vor allem Ellie gedacht hatte. Freitag bekamen wir die Schlüssel und haben die paar Sachen aus meinem alten Zimmer rübergeschafft. Samstag kamen Ellies Sachen dran. Alles war schon gepackt und mit zwei Packern und einem großen Laster haben wir alles in einer Fuhre innerhalb von 90 Minuten geschafft. Bett und Sofa waren schnell zusammengebaut. Mittag konnten wir schon im Garten essen. Wir haben auch gleich Nachbarn kennengelernt und gemerkt, dass die gut miteinander klarkommen. Nur Sonntag, beim Auspacken der ganzen Kisten, hatten wir etwas Stress miteinander und brauchten etwas Meer und Sonne um uns ans große Ganze zu erinnern. Am Strand war ich schon am Morgen gewesen, gleich nach der ersten Nacht - es sind nur fünf Minuten Fußweg. Ich habe eine Waschmaschine bestellt und ganz allein angeschlossen! Buddha wehrte sich zwar kurz gegen seine Transportkiste und hat den ersten Tag unter einer Bettdecke verbracht, hat sich das Haus aber inzwischen Untertan gemacht und interessiert sich ganz besonders für die katzengesperrten Bereiche wie den Dachboden.

Einziehen
Ellie und ich machen uns natürlich trotzdem überall Sorgen. Ich beobachte Gas-, Wasser- und Strommesser und stelle fleißig monatliche Rechnungsstatistiken aus. Und bisher sieht alles ganz gut aus. Somit treiben wir die weiteren Einrichtungspläne voran. Inzwischen haben wir einen richtigen Esstisch und Stühle, alles aus schwerem Holz, schön anzusehen, kaum zu bewegen, wahrscheinlich Krallenschärfer für Buddha. Einmal hat uns mein nun ehemaliger Vermieter besucht und mit seinen Erfahrungen das Haus inspiziert. Und es stellt sich heraus wir haben gut gekauft! Viele gute Sachen, die ich gar nicht bemerkt hatte. Nur der Boiler braucht wohl mittelfristig Ersatz. Ich versuche da die Kontakte meines Vermieters zu nutzen.

Losziehen
Bisher sind also vor allem die Vorteile des Hausbesitzes evident geworden. Ich spare jeden Tag 30 Minuten, die ich früher vom Ellie zum Fahrrad und zurück gelaufen bin. Ellie geht es richtig prima, und ich glaube ich schlafe hier besser. Sogar einen Besuch bei IKEA haben wir gut überstanden. Nichtsdestotrotz mussten wir nach zwei Wochenenden ohne viel Auslauf mal raus. Ich sehe jeden Tag auf dem Arbeitsweg die Kastanien und Eichen sich färben und wollte auf unsere traditionelle Herbstwanderung bei Haus Stansted. Schließlich sollen Häuser dem Leben dienen und nicht umgekehrt! Zum Beispiele haben die Spieleabende wieder begonnen. Neben allem Umzug habe ich das Preußenbuch ausgelesen, um dann gleich nochmal von vorne anzufangen. Der Chor ist wieder da, dieses Semester mit einem Vertretungsdirigenten und Benjamin Brittens "Sankt Nikolaus" - beide gefallen mir. Ellie ist dieses Semester nicht dabei, sie leitet Übungen für eine Tanzeinlage zur Hochzeit einer Freundin Anfang Oktober. Und jeden Donnerstag geht sie ab jetzt zum Deutschkurs!

Fotos kommen auch noch - aber erstmal fahren wir heute abend mit der Fähre nach Saint Malo!

Freitag, 15. September 2017

Ad Astra

Freundliche Übergabe
Seit heute gehört das neue Haus offiziell uns. Die Vorbesitzer haben uns Schlüssel, Schokolade und Champagner überreicht. Wir haben bereits einige Sachen rübergeschafft, darunter die meisten von meinen, aber der Großteil wird morgen am Samstag mit einem gemieteten Lieferwagen transportiert. Ellies Bude liegt seit Tagen in Kisten, als letztes haben wir Bett und Sofa auseinandergenommen - hoffentlich kriegen wir sie auch wieder zusammen. Stressig wurde es nur am Nachmittag, als wir wider Erwarten doch ganz schnell Anbieter für Wasser, Strom etc. finden mussten. Wichtig: Internet kriegen wir erst am 25. September. Bis dahin kein Tagebuch, keine Internettelefonie. Dafür unten einige Bilder.

Freundliche Übernahme
Praktisch für mich: Mathieu übernimmt mein altes Zimmer. Kontex: als er im Dezember seine Arbeit aufgab und auf Reisen ging, ließ er viele seiner Sachen bei mir. Ich benutzte mein Zimmer ja kaum noch. Jetzt ist er zurück aus der Weltgeschichte, sucht nach Arbeit, und das kann er ja genausogut von hier aus machen. Dann kann er sein Zeug anschließend gleich zum neuen Ort mitnehmen. Für mich zum einen eine Erleichterung, weil ich ihm viele Sachen des täglichen Bedarfs dalassen kann. Ich muss sie nicht schleppen, er brauch sich nicht erst einrichten. Zum anderen freue ich mich einfach, für eine Weile wieder einen Freund vor Ort zu haben.

Prioritäten
In meinem Kopf spielt der Umzug weiterhin keine große Rolle. Engländer finden es dagegen alle aufregend. Für mich wird der 15. September 2017 als der Tag in Erinnerung bleiben, an dem die Sonde Cassini in den Saturn stürzte. Darüber war ich schon seit Wochen aufgeregt und habe fast mit Rührung die letzten Minuten im Kontrollzentrum live verfolgt. Seit ich vor zwei Jahren Opas altes Physikbuch gelesen habe, habe ich eine echte Begeisterung für die Wissenschaft entwickelt. Schlägt Immobilienbesitz immer noch in meinem Herzen.


Buddha verurteilt jegliche Veränderung in seinem Reich.


Kisten findet er aber ganz ok.


Kurz vor dem großen Moment!
Ellie öffnet die Tür!








Vor einer Woche mit Kalina an der Windmühle von Bursledon.


Letztens habe ich die letzten Fotos aus meinem alten Tagebuch gerettet. Dieses hier stammt Januar 2005. So ging die ganze Schose los.

Sonntag, 10. September 2017

In der Mühle

Vor einigen Wochen bemerkte ich mit großem Unwillen, dass ich einige lang geplante Sachen einen weiteren Sommer lang nicht zu schaffen scheine. Sowas macht mich immer sehr unglücklich, schließlich soll man Sachen ausprobieren. Dann habe ich Schlag auf Schlag doch noch alles abgehakt: eine Sommerwanderung über Land, die Bootsfahrt zu den Nadeln mit Papa, die Kajakfahrt auf dem Itchen. Zuletzt habe ich mit Kalina die historische Windmühle in Bursledon besucht. Das liegt zwischen Portsmouth und Southampton, am gleichen Fluss, auf dem ich im Juli das erste Mal in diesem Jahr Kajak fahren war. Auf einem Hügel in der anderen Richtung betreibt ein Verein eine restaurierte Mühle, was mir vor Ewigkeiten auf der Karte aufgefallen war. Um die Mühle stehen nur noch eine Scheune und ein Getreidespeicher, gerettete historische Gebäude wie im Freilichtmuseum, wo wir mit Mutti gewesen waren. Es gibt eine kurze Führung und das war es auch schon, aber ich fand es gerade wegen des kleinen Formats sehr entspannend, mit Kalina in der Scheune bei einem Kaffee zu reden. Sie hat dann wieder bei uns übernachtet und konnte so zum Freiluftkino mitkommen.

Solche Ausflüge sind im Moment besonders wichtig, weil mich meine Arbeit frustriert. Ich bin offiziell aus Aufbaustudium ausgestiegen, weil es jeden Freitag fünf Stunden Fahren bedeutet hätte. Richtige Entscheidung, trotzdem eine Riesenenttäuschung. Durch den Umzug musste ich außerdem auf eine Konferenz und eine sehr interessante Veranstaltung im Büro verzichten. Und statt solche interessante Sachen zu machen, langweile ich mich ganze Tage lang mit dem statistischen Artikel zu Tode, der den Datensatz begleiten wird, den wir bald veröffentlichen. Die ganze Erfahrung mit der diesjährigen Datenproduktion, die ich dieses Jahr zum ersten Mal selbst geführt habe und die eigentlich eine tolle Karriereerfahrung wäre, hat mir nur gezeigt, dass mich eine technische Karriere interessiert und keine Projektleitung. Das Ganze tue ich mir jeden Tag auch noch besonders lang an, weil ich Arbeitszeit gutmachen muss.

Zu Hause wird gepackt. Mein Zimmer befindet sich wieder im Koffer und auch Ellie Bude ist größtenteils verkistet. Ellie nimmt sich eine Woche um den Umzug herum frei. Ich kann mir nur einen Tag nehmen.

Mittwoch, 6. September 2017

Mein ganzes Geld ist weg!

Donnerstag morgen habe ich alle meine Ersparnisse ausgegeben. Fast alle. Plötzlich war die Notarin fertig mit dem endlosen Prüfen und Suchen. Nachdem sie es monatelang nicht mal zum Rückruf geschafft hatte, sollten wir jetzt sofort Gebühren und Hauseigenkapital schicken, am besten am gleichen Tag, an dem sie anrief. Acht Minuten danach fragte dann auch schon der Immobilienmakler, ob das Geld denn schon überwiesen wäre. Natürlich nicht - das konnten wir erst am folgenden Morgen auf der Bank. Plötzlich ist also der 15. September Übergabedatum. Ab dann sind wir offiziell Eigentümer eines schönen, alten, kleinen englischen Häuschens. An dem Wochenende wird dann auch umgezogen. Und ich bin mein Geld los. Briten sagen mir zwar, dass mein Geld nicht weg sondern angelegt ist. Aber ein Deutscher Sparer weiß es, natürlich, besser.


Im Grünen
Um die lokale Deutschheit zu verstärken, kam Papa für ein langes Wochenende. Er erlebte das letzte schöne Wetter. Am ersten Tag ihn zu einigen meiner Lieblingsorte im Naturschutzgebiet der South Downs gefahren. Auf dem Hügel Butser war es so sonnig, dass wir im Gras schlafen konnten. Dabei bekam ich den Anruf, dass wir nun endlich das Haus bekommen. Dann ging es noch zur Jurte und zum Alten Winchesterhügel. Letzterer ist der prominent in die Landschaft vorstechender ehemalige Standort einer eisenzeitlichen Siedlung. Ich war dort bisher selbst nur einmal mit Ellie gewesen. Damals haben wir Äpfel gesammelt und später zu einer Art gesüsstem Apfelbackstein verkocht. Gegessen haben wir in einem Biergarten im Dorf Buriton, ebenfalls in der Sonne. Das liegt direkt unter einem Hügel der South Downs, und hinter dem Königin-Elisabeth Landschaftspark, durch den wir dann nach Hause gefahren sind, an der Hubertuskapelle vorbei. Das englische Land zeigte seine beste Seite und das englische Meer auch; abends haben wir auf der Seebrücke gegessen.

Auf dem Blauen
Den zweiten Tag haben wir dann komplett auf dem Wasser verbracht, was mir einen alten Plan erfüllte. Ich wollte nämlich schon lange mal die örtlichen Sommerseefahrten ausprobieren. Mit Papa habe ich die allerletzte dieser Saison erwischt, und zwar zu den Nadeln der Isle of Wight. Das ist eine Gruppe von Felsnadeln im Meer ganz am Westende der Insel. Bisher hatte ich sie nur einmal von Weitem gesehen, rangekommen war ich nie. Der Tag war ganz ausgezeichnet, Sonne, praktisch kein Wind, tausende Segel auf dem Meer, man konnte hundert Kilometer weit nach Westen blicken. Mittags wurden wir im schönen kleinen Ort Yarmouth auf der Insel abgesetzt, wo ich mal mit Mathieu übernachtet hatte und wo ich zuletzt im letzten Sommer mit Mutti und Ellie gewesen war. Ganz besonders hat mir aber die ganze Nordküste der Insel gefallen, vorne Wald und dahinter Hügel und Felder, die mich praktisch rufen, ich muesste alles abwandern. Auch vor der Abtei Quarr und Schloss Osborne kommt man vorbei. Und weil es die allerletzte Fahrt in diesem Jahr war, bekamen wir im Hafen noch eine Extrarunde um den neuen Flugzeugträger dazu.

Im Nassen
Nur der letzte Tag fiel ins Wasser. Aus lauter Verzweiflung haben wir in Winchester englischen Sonntagsbraten gegessen und sind ins Stadtmuseum gegangen. Ein weiterer Ort, den ich mal allein ausprobiert und jetzt in der Hinterhand hatte. Ich wurde sogar wiedererkannt.



Am Abend vor Papas Besuch hatte die Uni-Kosmologie einen weiteren öffentlichen Vortrag im Pub gehalten. Dabei habe ich einen der Leute hinter der Internetseite getroffen, auf der man bei Wissenschaftsprojekten helfen kann. Astronomen trinken gerne und können Mathe. Eine gute Kombination. Sie sagen ich sollte das Studium einfach nachholen.


Ellie freut sich übrigens schon so auf ihr neues britisches Leben als Hausbesitzerin, dass sie bereits anfängt zu packen. Zwar hat sie recht - besser früh anfangen. Aber ich kenne die Gute ja - sie freut sich einfach auf viele Räume zum Ausstatten. In meinem Kopf spielt das Ganze eine merkwürdig kleine Rolle. Das wichtigste bisher ist, dass Mathieu mein altes Zimmer für eine Weile übernimmt, wenn er demnächst seine dort gelagerten Sachen abholt. Dadurch muss ich mich nämlich erstens nicht um Zwischenlagerung dafür kümmern, und zweitens freue ich mich wirklich zumindest zeitweise einen Freund vor Ort zu haben.