Dienstag, 25. Juni 2019

Meine neue Arbeit

Seit etwas zwei Wochen bin ich jetzt in meiner neuen Stelle. Noch habe ich keinen Zugriff auf die notwendigen Datenbänke, sodass ich meine gesamte Arbeitszeit mit Fortbildung verbringen kann, was mich sehr glücklich macht. Mein Team ist klein, bisher nur drei Leute, dafür technisch versiert und ich lerne jeden Tag richtig interessante Sachen. Unser Ziel wird grob gesagt sein herauszufinden, ob wir in den getrennten Datenbanken verschiedener Ämter und Ministerien die gleichen Leute zu identifizieren. Also zum Beispiel zu sagen, diese Registrierung der Krankenversicherung gehört zur gleichen Person wie dieser Führerschein des Kraftfahrzeugamtes. Wir haben hier ja keine Personalausweisnummer, über die man das feststellen könnte, was es sehr schwierig macht, etwas über die Bevölkerung auszusagen, ohne extra große, teure Umfragen zu machen.
Im Detail ist das eine sehr technische Arbeit, in der ich mir viele Fähigkeiten aneignen muss, die ich in der Zukunft für sehr wichtig halte. Diese ganze Woche habe ich eine Fortbildung in Sachen Maschinenlernen, übrigens mit einem sehr guten deutschen Dozenten.

Darüber hinaus habe ich letztens mein kleines Reclamheft zur DDR Geschichte ausgelesen. Noch bin ich nicht sicher, was ich als nächstes lesen; vielleicht konzentriere ich mich lieber auf die Lehrbücher meiner Fortbildungen, und die aus Ellies' Studium.
Außerdem arbeite ich daran, die vier Bassstimmen aus Schütz' Warum toben die Heiden zu lernen.

Canterbury

Am Wochenende nach Warschau waren wir wieder in Canterbury zum Geburtstag von Ellies Schwester, Amber. Das Wetter war zum ersten Mal dieses Jahr richtig schön und es war wieder eine Freude, morgens vor dem Haus über die Felder zu blicken, und durch die Stadt zu laufen.
Samstag haben wir eine richtig schöne Wanderung um das Dorf Lympne gemacht. Das liegt auf einer Hügelkette über der Küste von Kent, von wo man ganz klar die französische Küste ausmachen kann. Ein Schloss und eine alte Kirche ist auch da, wo bei Kaiserwetter geheiratet wurde. Dann ging es den Hügelkamm entlang und später einen Weg den Hügel runter, der einen Zoo in zwei Teile schneidet. Dadurch konnten wir jede Menge exotische Tiere beobachten, die dort frei im Gelände laufen können, insbesondere Giraffen. Unten ging es einen Kanal entlang, bevor wir wieder ins Dorf aufstiegen. Anschließend sind wir noch in die Stadt Folkestone gefahren, um zu prüfen, ob sie sich ähnlich wie Hastings vom Loch aus Ellies Kindheitserinnerungen zu etwas schickeren entwickelt hat. Früher hat dort ihr Opa Seeschnecken als Delikatesse gekauft, heute ist tatsächlich alles etwas schicker. Man sieht aber immer noch, wie so eine Stadt in den achtzigern und neunzigern gebeutelt worden ist.
Sonntag stieß die Mutter der Mädchen zu uns und wir sind in die Stadt gegangen, haben aber nichts weiter gemacht. Dafür hatte ich Zeit, vor dem Haus etwas zu mikroskopieren.

Blick vom Hügel bei Lympne aufs Meer und Richtung Frankreich



Der Kanal


Kirche von Lympne. Direkt dahinter haben wir ein Picknick mit fantastischer Aussicht gemacht

Schloss Lympne von unten

Die Nadeln eines Brennnesselblatts.

Samstag, 22. Juni 2019

14.-17. Juni - Warschau

Vom 14.-17. Juni waren Ellie und ich in Warschau, um Kasias Geburtstag nachzufeiern. Das war für mich das erste Mal in Polen seit 2013, und für Ellie das erste Mal überhaupt. Kasia hatte mich einmal 2015 besucht (und dabei Ellies handbemaltes Kleid mitgebracht), aber abgesehen davon hatten wir uns seit sieben Jahren nicht wirklich gesehen. Wir hatten uns eine Wohnung ganz im Zentrum gemietet und kamen zum Ende einer Hitzewelle mit 30 Grad, die besonders Ellie das Leben schwer machte. Bei uns ist es übrigens ziemlich kühl, maximal 16 Grad und zum ersten Mal habe ich auch im Juni gar keine Lust ins Meer zu gehen.

Kasia hatte, natürlich, einen besonderen Plan: als geprüfte Stadtführerin würde sie einer Gruppe Freunde aus Lodz und Warschau eine Führung geben und im Anschluss würden wir ein Stadtspiel testen. Diese momentan in Polen beliebte Art von Schnitzeljagd hatte sie kürzlich für ihre Touristen entwickelt.


Wir trafen uns also am Grab des unbekannten Soldaten, schön im Schatten, da es schon half elf morgens zu heiß war. Die Führung ging die Krakauer Vorstadt bis in die Altstadt hinein, auf Polnisch, von mir soweit es ging für Ellie übersetzt, wobei ich ob des spezifischen Kontexts oft den Faden verlor. Nach dem Mittagessen teilten wir uns in zwei Gruppen, die je eine Variante des Spiels anfingen. Die Hinweise bestanden aus viel Literatur, Gedichten, Fotos und fiktiven Briefen, die das Leben von Menschen etwa aus der Kriegszeit darstellten und über deren Geschichte die Geschichte Warschaus vermittelten. Gute Idee also, mit ganz viel Mühe, aber die Wahrheit war: wir waren bereits nach der morgendlichen Führung zu fertig um in der Nachmittagshitze noch lange Briefe zu lesen. Trotz Hilfe von Kasia haben wir uns ziemlich schnell in einen Biergarten gesetzt. Das war mit Abstand der schönste Teil: wir sprachen über Magdeburg (wo eine Germanistin der Gruppe zur gleichen Zeit wie ich studierte hatte) und alte britische Fernsehserien, die momentan im polnischen Fernsehen sehr beliebt sind.


Abends fuhren alle zurück nach Hause und ich ging mit Ellie zurück in der Altstadt. Ich muss sagen, dass mir die Altstadt früher nie so gefallen hat wie dieses Mal. Überhaupt war es schon wieder zu sehen, wieviel sich in Polen, oder zumindest Zentralwarschau, entwickelt. Direkt neben unserer Unterkunft zum Beispiel hat man die Mirowska Markthalle in eine Esshalle umgewandelt, deren Stände wir jeden Abend besuchten.

Einige Sachen hätte ich nie für möglich gehalten:

  1. die Menschen fahren Fahrrad - und es gibt sogar richtige Radwege! Eindeutig mein Verdienst, bin ich doch damals immer tapfer auf den Fahrraddemos mitgefahren.
  2. Autos halten an Zebrastreifen! (Gesetz seit 2014)
  3. Am Sonntag ist fast alles zu! (Gesetz seit 2018)

Sonntag morgen trafen wir nochmal Kasia zum Frühstück, aber davon abgesehen konnte ich Ellie allein rumführen. Aufgrund des Wetters gingen wir erstmal in den Lazienki Park, wo ich zum ersten Mal eins der sonntäglichen Chopinlivekonzerte mitbekam, zwischen den Rosen unter seinem Denkmal. Im Laufe des Tages liefen wir die gesamte Strecke bis in die Neustadt, über einen indischen Markt, das Parlament und polnischen Käsekuchen.

Was mir noch so aufgefallen ist


  • man sieht viel mehr Ethnien und hört viel mehr Fremdsprachen als früher. Insbesondere Russisch - vermutlich Ukrainer.
  • mein Polnisch ist noch ziemlich gut, sobald ich in der alten Umgebung bin

Vor dem Schloss

Konzert vor dem Chopin Denkmal im Lazienki Park
Abendessen in der Altstadt

Dienstag, 4. Juni 2019

Der lange Mai

Ich hatte knappe zwei Wochen zwischen meinen Deutschlandbesuchen, viel davon angefüllt mit wichtigen Terminen und der ganzen Übergabe meiner Arbeitsaufgaben, bevor ich am 10. Juni offiziell die Abteilung wechsle. Dadurch schien der Mai sehr lang. Was mir passt, denn die Frühlingsblüte war überall wunderschön.

Vom 20. zum 22. Mai fand wieder das jährliche Wissenschaftsfest Pint of Science in den Kneipen von Portsmouth statt. Nach langem Werben hielt ich am ersten Abend meinen ersten eigenen Vortrag, wie sich die moderne Statistik entwickelt. Wir hatten am Ende 27 Gäste, inklusive Ellie, die offenbar eine richtig gute Zeit und eine Menge freundlicher Fragen hatten. Wir haben drei Kontakte zur Uni Portsmouth schließen können, was für mich gut ist, denn das ganze Projekt ist mein Baby.

Die ganze Woche hatte ich auf der Arbeit eine richtig gute, technische Fortbildung, mit einem tollen Professor. Am Samstag den 25. Mai, einen Tag vor dem erneuten Abflug nach Deutschland sind Ellie und ich nach London gefahren. Sie zu einem Tanzlehrgang, ich zum Händel und Hendrix Museum. 1732 hatte sich Georg Friedrich Händel ein Haus in London gekauft, wo er den Rest seines Lebens wohnte. 1963 dann mietete sich Jimmy Hendrix und Freundin zwei Häuser nebenan eine Dachbodenwohnung. Heute sind beide in einem Museum verbunden; unten Barock, oben Gitarren. Erfahren hatte ich davon von unserem Dirigenten; selbst interessierte ich mich etwas mehr für Händel. In dessen altem Musikzimmer übte auch gerade eine Studentin auf einer barocken Violine. Hendrix Bude hat mir auch gefallen; sie ist sehr nahbar, wie eine normale Studentenwohnung; man kann sich das Leben da sehr plastisch vorstellen.

Unten stehen einige Fotos aus Frankfurt und Schwedt. Ich habe eine tolle Kajaktour im unteren Odertal gemacht, samt Sonnenbrand, und war zum Herrentag bei bestem Wetter mit tausenden guten Deutschen auf dem Deich radfahren. Von Frankfurt aus habe ich am letzten Tag kurz Eisenhüttenstadt besucht; das Zentrum gefällt mir (ich mochte diese 50er Jahre Blocks schon immer), und das Museum des DDR Alltags besonders. Ich muss aber auch sagen: ich habe Ellie noch nie so vermisst.

Jetzt bin ich meiner letzte Arbeitswoche und finde immer noch etwas, was übergeben werden muss. Am 5. Juni ist wieder Jahrestag der Landung in der Normandie; eventuell wird der Verkehr da schwierig, weil zum 75. Trump nach Portsmouth kommt und für ihn alles abgesperrt. Außerdem kommt Angele Merkel; wenn es ihr zuviel wird kann sie bei uns Pause machen.

Vor dem Urlaub hatte ich mein Geschichtsbuch über das klassische Europa ausgelesen. Jetzt habe ich kleines Reclamheft zur DDR Geschichte aus dem Museum in Eisenhüttenstadt. Außerdem habe ich endlich die kompletten Noten für Schütz' "Warum toben die Heiden". Und schließlich habe ich am Strand endlich mal ein Fossil gefunden: eine versteinerte Seegurke.

Landkartenexegese mit Opa

In Zützen bei Schwedt

Oderkanal bei Zützen

Zur gleichen Zeit in unserem Garten

Museum des DDR Alltags in Eisenhüttenstadt. Untergebracht in einem teilweise noch funktionierenden Kindergarten.

Fragestunde nach unserem Kneipenvortrag am 20. Mai