Freitag, 28. Mai 2021

Pappa ante portas

Überraschenderweise hatte ich nach einem Jahr Vaterschaft eine Menge Urlaub übrig. Habe ich mir vermutlich für Notfälle erhalten und dann nicht mitbekommen, dass sich das Ende meines Berechnungsjahres nähert. Jedenfalls musste ich jetzt zwei Wochen frei nehmen, dazu kommen Feiertage, Fortbildungen, Betriebsausflüge (virtuell) sodass ich über drei Wochen lang nur drei Tage arbeiten muss.

Und ich war ganz scharf wandern zu gehen solange im Mai alles blüht. In dieser ersten Urlaubswoche bin ich mehrmals in die South Downs gefahren. Montag mit dem Fahrrad eine bekannte Strecke von Rowlands Castle nach Petersfield, mit einem kleinen Marsch um die Hubertuskapelle, dann durch die Stille der Buchenwälder des Königin Elisabeth Landschaftspark und schließlich Müsliriegel am South Downs Wanderweg über Buriton.

Mittwoch habe ich das Auto auf dem höchsten Hügel der Region abgestellt, bin den steilen Hang runter, unter der Autobahn durch zurück in den Landschaftspark und quer da durch wieder bis zu den Müsliriegeln gewandert. Das war der schönste Ausflug in dieser Woche, weil das Wetter passte, die Strecke neu und sehr abwechslungsreich war und ich Zeit hatte ab und zu Bäume und Blumen nachzuschlagen, die gerade blühen.

Donnerstag habe ich direkt im Landschaftspark geparkt und bin durch Wald und Feld auf einen benachbarten Hügel gestiegen, auf dem eine weithin sichtbar Windmühle steht. Wie sich rausstellte ist sie inzwischen ein Wohnhaus. Der Tag war nachmittags schon etwas zu heiß auf den ungeschützten Feldern und ich hatte meinen Bedarf nach Wanderung erstmal gestillt. Man ist ja nicht mehr der jüngste. Nächste Woche habe ich noch zwei Feiertage, und die Woche darauf habe ich wieder komplett frei. Also noch viel Gelegenheit sich auszutoben.

Dienstag war ich zu Hause geblieben, denn da besuchten uns Ellies Vater mit Frau und Ottos Stiefcousine, ein paar Monate älter und ein gutes Stück leichter als er. Das war interesant, wie er reagierte; normalerweise dominiert er andere Kinder sofort, aber hier brauchte er erstmal etwas Eingewöhnung. Wir sind mit den Kindern ins Miniaturdorf am Meer gegangen, das wir ja vor ein paar Wochen erkundet hatten.

Sonntag, 16. Mai 2021

Kuschelbot

Diese Woche war unsere Tagesmutti samt Familie krank und wir haben es vorgezogen, Otto zu Hause zu behalten. Ellie hat sich Donnerstag frei genommen und ich Freitag. Hat nichts gebracht, denn Otto hat sich Donnerstag woanders eine Erkältung abgeholt. Und uns stehen somit einige schwierige Nächte bevor. Ellie hat sich auch schon selbst angesteckt. Dem Virus entkommt man eben nicht.

Die Erfahrung allein mit Otto am Freitag war aber eine interessante. Ich hatte etwas Schiss, weil ich ihn noch nie einen ganzen Tag allein gehabt hatte. Aber es war geradezu einfach. Besonders vormittags hatte es was von Urlaub, weil ich mit ihm im Kinderwagen die lokalen Geschäfte entlang geschlendert bin, auf dem Weg einen Laden mit Käsekuchen ausprobieren konnte, wobei er sich mit dem Anblick von Bäumen und Autos selbst beschäftigte und im Park angekommen damit zufrieden war mit mir im Schlepptau über die Wiese und den Spielplatz zu botten. Mittags habe ich ihn ohne Probleme hingelegt und sogar selbst etwas schlafen können. Zum Abend hin ist mir richtig aufgefallen, wieviel frischer ich mich fühle als nach einem Arbeitstag. Ich habe also gelernt, das Ellies Leben einfacher ist als in den Monaten, die sich uns so ins Gedächtnis gebrannt haben.

Sonntag bin ich noch einmal allein den South Downs Weg an der gleichen Stelle wie vor zwei Wochen gelaufen, zwischen Regengüssen, und habe mich an Blüten und Vogelstimmen erfreut. Wie ich so älter werde finde ich an beiden immer mehr Gefallen.

Was macht Otto. Er ist noch viel kuscheliger geworden. Teilweise zieht er einen aktiv an sich um dann seine Wange auf meinen Kopf zu legen. Oder er legt sie plötzlich auf den Boden, eine Matratze, oder irgendwelche anderen Gegenstände und lächelt glücklich. Besonders nach dem Aufwachen und vor dem Einschlafen kann er gar nicht anders.
Er hat gelernt, auf sein kleines Spielzeugmotorrad rauf und wieder runterzusteigen. Das erste Mal, dass er Bewegungen auf einem Bein schafft.
Und er ist vor Kurzem mit seiner Mami endlich in einen richtigen Bus gestiegen. Busse hatten es ihm schon lange angetan. Er war begeistert.

Mittwoch, 5. Mai 2021

Junge Gesellen

Letzte Woche war viel los. Mittwoch habe ich mir endlich die Haare schneiden lassen. Das letzte Mal davor war im letzten August gewesen, vor Muttis Besuch. Ich ging nicht zum Friseur, die Friseurin kam zu uns in den Garten. Ellie hatte das Angebot gefunden. Ich dachte zuerst, dass das erst durch die Pandemie angefange hätte. Aber die Friseurin macht das seit 15 Jahren. Für mich ist das so bequem, dass ich wahrscheinlich gar nicht mehr in Salons gehen werden, solange ich zu Hause arbeite.

Donnerstag habe ich eine neue Brille bekommen. Zwei zum Preis von einem um genau zu sein. Die alte, 2013 auch bereits in Portsmouth gekauft, hatte vor kurzem eine winzige Schraube verloren, die für immer im Wohnzimmerteppich verschwunden bleiben wird. Diesmal war mir gesagt worden, dass die schmalen Gestelle, die ich in der Vergangenheit immer genommen hatte, zu klein für meinen Kopf sind. Darum sehe ich jetzt etwas anders aus, mit prominenteren Modellen. Gefällt mir.

Freitag mittag sind Ellie und ich zum Standesamt gefahren und haben die Hochzeit festgemacht. Bisher hatten wir nämlich nur telefonisch den Termin reserviert. Unter anderem wurden wir getrennt zu uns selbst und zum jeweiligen Partner befragt. Unter anderem dient das dazu, Scheinehen aufzuspüren. Im Zur Feier des Tages haben wir anschließend Brot und Kuchen von der tschechischen Bäckerei geholt.

Dann hatten wir ein langes Wochenende, mit freiem Montag. Da sind wir mit Otto einmal nach Emsworth gefahren, einem kleinen Hafenort östlich von hier. Der hat sich bei Sonnenschein und Ebbe fröhlich im Schlamm und Tang des Hafenbeckens eingesaut. Nachmittags habe ein schnell einen Ausflug allein auf den South Downs Weg gemacht. Das geht, weil Otto momentan zwei bis drei Stunden Mittagsschlaf macht. Ich bin zu einer Stelle gefahren, wo der Weg in den letzten Jahren an Rapsfeldern vorbeiführt. In der Tat war der Raps gelb, und die Hasenglöckchen noch immer blau, und die Vögel sangen am Himmel und die Schafe standen auf den Wiesen und guckten doof. Ich gab mir nur eine Stunde dort aber der Frühling, die Natur und das Gefühl von Raum sind immer noch neu genug für mich das es etwas besonderes ist.
Am Tag darauf sind wir mit Otto zu einem Bauernhof mit Cafe auf der Nachbarinsel Hayling gefahren. Otto war völlig aufgedreht auf der grünen Wiese, mit Kühen, Hühnern und Enten. Vielleicht deshalb hat er im Anschluss auf einmal seinen Mittagsschlaf ausfallen lassen. Wie er das kompensiert hat weiß ich nicht, aber ich war richtig stolz wie brav er den Rest des Nachmittagsmit uns gespielt hat. Die Dinge haben sich wirklich geändert.

Otto will derzeit nur raus aus dem Haus und laufen. Passt mir jetzt im Frühling. Wahrscheinlich ist das auch der Grund weshalb er oft früh müde wird. Manchmal fängt er vor 10 Uhr morgens an zu gähnen. Mittags pennt er dann auch gerne zwei bis drei Stunden. Anschließend schafft es kaum bis zur Schlafenszeit um 19 Uhr. Nur braucht er trotzdem Ewigkeiten um abends dann auch einzuschlafen.

In letzter Zeit sind eine ganze Reihe neuer Zähne durchgekommen. Ich bin wirklich beeindruckt, wie brav er das aushält. Kein Vergleich zu früher.

Weiterhin benutzt er seine Stimme immer mehr. Schreit aus Aufregung. Sabbelt selbstvergessen vor sich hin wenn er richtig froh und konzentriert ist. Oder wenn er müde auf meiner Schulter hängt. Seit kurzem zeigt er mit dem Finger auf die Dinge, die ihn interessieren. Neulich habe ich Fotos von Baby Otto Revue passieren lassen, als er sechs, acht, zehn Monate alt war. Das scheint bereits wie eine andere Welt. Wo er sich nicht selbst bewegen konnte, nicht auf Reize reagierte, sich nicht ausdrücken konnte. Kein Wunder, dass er das scheiße fand!