Mittwoch, 14. September 2011

31.08.2011 - C'est fini, fini

Erst im Zug fiel mir auf, dass ich nur einen Tag später als 2005 aus England abfahre. Ein Jahr, das ich mit viel Arbeitsfreude und bescheidenen Reiseplänen begann, lässt sich wie immer mit dem Bedauern zusammen fassen, wieviel Zeit verschwendet worden ist. Wenn auch der August gar keine berichtenswerten Ereignisse mehr gebracht hat, so hat er doch eins bewiesen: mich bringt inzwischen auch die größte Verzweiflung, Panik oder Scham nicht mehr zum Arbeiten. Einen weiteren ganzer Monat zwar früh aufgestanden und zu viel vorm Rechner gesessen, aber doch nichts gemacht außer Zeitung zu lesen. Und wenn es da nichts neues gab, habe ich mir Archivfolgen der Tagesschau aus der Wendezeit angeschaut. Obwohl das alles bereits im Arbeitsplan vorausgesehen war, dauerte alles noch viel länger, sodass von den erhofften zwei Wochen für Korrektur, Nachlesen und den einen Tag nach Edinburgh gar nichts blieb. Nichtmal ein gutes Gewissen, dass dafür wenigstens die Arbeit besonders vielversprechend wäre.

Was ist passiert: mein ägyptischer Freund Achmet hat mir die Haare wieder kurz geschnitten. Der Käufer meines Fahrrads hat sich natürlich nie mehr gemeldet, sodass ich es einem Freund geschenkt habe. Ich habe ein zweites Mal im Münster Kaffee serviert. Ich war mangels Salsa und Fußball ab und zu kurz joggen. Denn auch wenn ich nichts gemacht habe, saß ich täglich zehn Stunden vor dem Computer und brauchte Bewegung. Bei einem Latinofest habe ich auf der Straße getanzt und später mit neuen russischen Freunden drinnen. Denen habe ich auch noch eine Führung durch den Münster gegeben. Sie waren auch einmal bei mir zum Pilzebraten und ich habe mit ihnen einmal Champagner probiert. Der Pflaumenbaum in unserem Garten wurde von mir persönlich komplett abgeerntet und gegessen. Er war so übervoll, dass wir den Maden teilweise nicht mehr zuvor kamen. Das hat zu einem Pflaumenstreuselkuchen geführt. Zwei weitere Versuche lehrten die letzten Lektionen dieses Jahres: Streuselkuchen ist gar nicht so einfach.

Wenigstens einmal noch wollte ich ja noch Edinburgh. In der Fahrkartenschlange wurde mir dann aber bewusst: ich habe mich echt geändert, denn nichtmal jetzt war mir der eine Tag das ganze Geld wert. Stattdessen habe ich trotz Vorsatz in York noch einige kleine Kirchen wegen ihrer Fenster besucht. In die Dreifaltigkeitskirche eines der ehemaligen Klöster bin ich auch einige Male morgen gefahren, wenn ich erstmal keinen Computer brauchte. Dort ist es nämlich wunderbar ruhig, Weihrauch liegt in der Luft, es gibt eine gute Ausstellung, es spielt eine CD mit gregorianischen oder orthodoxen Gesängen, und manchmal wird Orgel geübt.

Am Anfang des Jahres war ich so zufrieden mit mir und der Welt, weil ich einen Plan und ein Ziel hatte und endlich mal nicht alles Stückwerk und Improvisation war. Jetzt wird meine Stimmung wieder geprägt von der Unsicherheit was nun wird, und noch schlimmer, dem Bewusstsein, dass ich daran mal wieder selbst schuld bin.