Sonntag, 11. November 2012


Es wird Winter, und es wird ruhiger. Von der ganzen langen Liste mit geplanten Aktionen und Ausflügen ist inzwischen nur noch die Pilgerroute und die Fähre nach Frankreich übrig, und die sind vielleicht besser für den Frühling. Dementsprechend war ich das Wochenende nach Kalinas Besuch zum ersten Mal seit langem allein in Portsmouth geblieben. Da musste ich mich des ganzen Ausmaßes meiner Einsamkeit erwehren – nach den ganzen vier Monaten hier habe ich unter dem Strich keine festen Kontakte. Ob trotz oder wegen all der Aktionen, wer weiß. Ich habe mit zwei Französinnen aus der Couchsurfing-Gruppe ein zweites Restaurant ausprobiert, was mir seit langem empfohlen wurde, aber besonders spannend war weder das Essen noch die Unterhaltung. Die Studentengemeinde habe ich aufgegeben, weil die Leute nicht aufzufinden sind. Schließlich war ich endlich in der Kunstgalerie am Hafen, die aus einer halben Etage Ausstellungsfläche mit vielleicht einem Dutzend Exponaten besteht. Auf der positiven Seite habe ich an diesem Wochenende die seit Juni nicht enden wollende Aufgabenliste beendet und stehe jetzt in etwa da, wo ich hinwollte, nämlich mit meiner Zeit allein für meine persönlichen Interessen. Nachdem ich lange Zeit davor Scheu hatte, bin ich mit Freude wieder einmal einige Stunden in die Unibibliothek eingekehrt, mit den Noten für die Carmina Burana und einem Buch über Europa nach dem Römischen Reich. Auf der Arbeit habe ich mir einen Forschungsartikel des Max Plank Instituts Rostock ausgedruckt, der von einer Art Verein junger Mitarbeiter in meinem Rang empfohlen worden war. Freitag schließlich, am Tag bevor Friedemann ankam, habe ich eine wundervolle Tangostunde einige Minuten von meiner Haustür ausprobiert. Die wird auf jeden Fall zu meinem wöchentlichen Programm gehören, wofür der Dienstagssalsa gekürzt wird. Denn ich bin müde.

Friedemanns Besuch

Dann also kam Friedemann und zeigte, dass doch etwas Routine eingesetzt hatte. Insbesondere erinnerte er mich an die Schönheit des Meeres, bei Tag und Nacht, an dem ich nicht mehr ganz so häufig vorbei fahre wie am Anfang. Der Besuch war in aller Ehrlichkeit nicht immer einfach und hat nicht zuletzt viele Fragen über mich selbst aufgeworfen. Aber man konnte einige Dinge gemeinsam machen. Wir haben so deutsches Brot gebacken, wie es englische Zutaten zulassen, die römische Festung in Portchester besucht und uns die jährliche Guy Fawks (Gei Fooks) Nacht mit Feuerwerk und Marinebläsern im Einkaufszentrum am Hafen angesehen. Das hatte ich nur einmal, 2004, gesehen, muss es in York irgendwie verschlafen haben. Das geht zurück auf den fehlgeschlagenen Sprengstoffanschlag eines Katholiken auf englisches Parlament und König im 17. Jahrhundert. Seitdem wurden zur Feier der Unabhängigkeit vom Papismus in all seinen hinterhältigen Gesichtern jährlich Strohpuppen verbrannt. Heute sind davon größtenteils Feuerwerk und Lagerfeuer übrig, nicht zufällig ähnlich den in anderen Ländern üblichen Lichtern zum zeitnahen Allerheiligen. Böller und Raketen steigen hier aus irgendeinem Grund sowieso häufig in die Luft. Vor allem hatte ich mit Friedemann endlich jemanden, um mein Wissen über die Kneipenszene auf einen angemessenen Stand zu bringen. Wir haben eine ganze Reihe ausprobiert, die ich immer im Verdacht hatte, etwas besonderes zu sein und tatsächlich haben wir einige ganz tolle gefunden, die mich teilweise an meine jungen Jahre in Torun erinnern. Friedemann hatte auch er den guten Gedanken, einige schöne Bilder vom Fischereihafen gemacht, wo ich schon länger der vermuteten Fischqualifikation einer weiteren Kneipe nachgehen wollte. Einmal haben wir uns nach meiner Arbeit an der Küstenstrecke getroffen, die ich im Sommer mit der Italienerin gefahren bin. Ich hatte mir zwei Tage freigenommen, einmal ist Friedemann allein nach Winchester gefahren (ich stelle einige seiner Fotos in diesen Beitrag, da ich damals keine gemacht hatte) und Samstag waren wir auch auf der Isle of Wight radeln.

Nach dem Besuch begann eine anstrengende Arbeitswoche, denn wieder einmal steht eine Veröffentlichung an und wir schreiben so viel statistischen Kommentar wie wir können. Ich lerne etwas neues über ein bestimmtes Computerprogramm, was sehr schön ist, aber mein Schreiben noch mehr verlangsamt. Nach der Tangostunde Freitagabend, die bis um elf geht, brauchte ich das Wochenende dann auch wirklich. Dies ist das letzte unverplante Wochenende vor Weihnachten, aber vielleicht durch die Besuche der letzten Wochen hatte ich keine Gleichgewichtsprobleme, vor Ort zu bleiben und die Bibliothek zu frequentieren. Nächsten Sonntag ist Chorgeneralprobe, eine Woche später am 25. Auftritt – ich stelle auch das Plakat in den Beitrag. Weiterhin bin ich dem Ruf eines lokalen Theaters nach Freiwilligen gefolgt und spiele eine weitere Woche darauf vielleicht eine Rolle bei Viktorianischem Weihnachtsfest in den historischen Docks. Am ersten und letzten Dezemberwochenende hier besuche ich dann vielleicht noch einmal Kalina.
 
Der Hafen von Portsmouth vom Westufer.
 
 
Der Spinnaker-Turm am Einkaufszentrum.

Die Fischkneipe am Fischereihafen.
Der Spinnaker Turm bei Nacht.

Der Fischereihafen am Abend.

Der Fischereihafen am Abend mit Spinnaker-Turm und dem Fisch-Pub.

Die Kathedrale von Winchester, Westfassade.

Die Kathedrale von Winchester, Westfenster.

Die Kathedrale von Winchester, Ostfenster.
 
Altstadt von Winchester.

Die Tafelrunde, eine Nachbildung aus dem 13. Jh. in Winchester.

In der Kirche des Kloster Quarr auf der Isle of Wight.

Mit dem Audioguide in der Burgruine der römischen Festung in Portchester.


Unser Konzertplakat.