Mittwoch, 15. Dezember 2010

16.12.2010 – Letzte Meldungen 2010

Eigenbildung
Am Vormittag des 04.12. war ich im Bar Konvent, einer kleinen katholischen Nonnengemeinde am Micklegate Tor. Die wurde von einer mutigen Mary Ward zu Zeiten der Katholikenverfolgung gegründet, die sich zum gottesfürchtigen Leben nicht in ein Kloster sperren wollte. Nach langem Kampf mit Anglikanern wie den eigenen Katholiken (wollten keine so selbstständige Frau) heute Kopf vieler Frauenkonventsableger in aller Welt. Im ersten Stock ist eine versteckte Kapelle, von außen nicht sichtbar, mit acht Ausgängen und Priesterversteck für den Fall einer Razzia. Überraschend leicht und hübsch. Parterre ein überdachter Patio mit Café, auch mit Gartenplätzen.

Statistik
Wartezeit für den öffentlichen Zahnarzt: 18 Monate.
Geschätzter deutscher Anteil an der Bevölkerung Yorks: 25%. Hauptthema: überall Deutsche.

York gucken
Eine Internetseite mit guten, teilsweise 360 Grad Bildern sowie Videos von Yorks wichtigsten Ansichten: http://www.york360.co.uk/


Anfang des Semester hatte ich ein paar französche Erasmus Studenten kennen gelernt. Erst spaet erfuhr ich, dass sie Musik studieren, Gregoir spielt Klavier, Morgain Geige; und noch spaeter, dass sie taeglich in der Musikfakultaet ueben. Erst eine Woche vor ihrer Abreise konnte ich zum ersten Mal zuhoeren, und es war ganz toll, Beethovens Fruehlingssonate. Gregoir studiert uebrigens Musik und Physik – und wieder sehe ich, dass ich meine Karierre vollkommen falsch gewaehlt habe. Recht – ja, Ingeneurswesen – ja, Physik – ja, wenn man dann auch noch Musik macht – super. Und was kann ich? Von allem ein bisschen und damit von nichts wirklich etwas.

Wetter
Nach dem Schockwinter taut jetzt alles, vom Unidach kommen geradezu Bäche, nur die festgetreteten Eisschichten auf den Wegen gehen ohne Metallwerkzeuge nirgendwohin. Viele Seitenstraßen sind übrigens gletscherartig, seit dem ersten Tag ist dort nichtmal ein bisschen Sand hingekommen. Der Straßenräumdienst in diesem Land funktioniert als wären sie zum ersten Mal mit Schnee konfrontiert.


Mittwoch den 08.12. war ich im zweiten Konzert des Unichors, der Brahms deutsches Requiem sang. Seit ich dabei herausfand, dass eine japanische Kommilitonen mitsingt und sie im nächsten Semester im Münster auftreten werden will ich mich auch einschreiben.
Natürlich wird das Frühlingstrimester viel weniger Zeit lassen, und selbst hätte ich 48 Stunden am Tag frei reichte es nicht für alle Pläne. In einem halben Jahr soll ich die Uni verlassen, und jetzt im Master sehe gerade mal wieviel noch zu lernen ist, sogar in den wenigen Bereichen wo ich mir wenigstens ein bisschen zugetraut hatte. Nichts schließe ich ab, ich sehe gerade zum ersten Mal die Bruchstücke in so etwas wie einen Kontext fallen, und erst so erkenne ich, wieviel man noch lesen müsste bevor man es sich herausnehmen kann irgendetwas selber zu schreiben. Dann gibt auf und geht zum arabischen Essen weil man ohnehin nie soviel lesen und nachholen könnte, aber sogar dort wartet nur Verzweiflung ob der Unmöglichkeit der Umsetzung aller Ambitionen in nur einem Leben (selbst wenn ich die Zeit bisher effektiv genutzt hätte) auf einen. Schließlich will man sofort Arabisch lernen will und Türkisch, weil der Präsident der türkischen Gesellschaft da ist, und dann tauchen die Kazachen auf und man will doch wieder ganz schnell das Russischlehrbuch aus der Bibliothek zurück holen, wo es liegt um wenigstens den Pflichtfeldern wie Mathe ihre Zeit zukommen zu lassen, in einem der wenigen Vernunftsmomente wo man akzeptiert, dass man sich für nur einige wenige der vielen Wünsche entscheiden kann. Es gab auch eine ausgezeichnete Bauchtanzeinlage, von einer Chinesin, und später haben wir alle fröhlich im Kreis arabisch getanzt.
Im Anschluss gab es noch eine zweite „Weihnachts“party, die sich weit interessanter gestaltete als erwartet. Vor allem die sonst eigentlich ganz ruhigen Griechen üerraschten mich mit erstklassigem Balkanhabitus. Zwei Mädchen tanzten bald andeutungsreich auf einem Tisch während wir darunter die Arme hochreckten und Hopa und Aide riefen.

Heute abend fahre ich nach Nottingham und übernachte auf dem East Midlands Flughafen. Freitag mittag sollte ich in Deutschland sein.

Freitag, 3. Dezember 2010

03.12.2010 - Notizen

Dienstag 23.11. habe ich den Computerlehrgang mit einer Prüfung beendet und bin jetzt offiziell Datenbankfuzzi.

Freitag, 26.11., war morgens plötzlich Winter. Seitdem schneit es jeden Tag mehrmal massiv. Die Studenten aus dem Süden waren erst völlig begeistert. Spätabends wurde der Campus noch einma lebendig als alle aus ihren Wohnheimen liefen und sich Schneeballschlachten lieferten. Mir hat das von Anfang nicht gefallen. Zu früh, zu viel, zu kalt. Und zwei Tage später hatte auch jeder genug und geht nur aus dem Haus wenn er muss. Die Gassen der Altstadt sind natürlich sehr verwunschen im Schnee, vor allem abends wenn sie schon leer und dunkel sind. Die Laternen geben ihnen dann das orange Leuchten wie in Torun. Die weißen Türme des Münsters stehen unbeindruckt im Schneetreiben. Von meinem Haus sind sie dann nur etwas verschwommen.

Am 01.12. war ich im Konzert der Uniorchesters. Haydns Trauersymphonie sowie Mozarts Maurerische Trauermusik und Requiem gesungen vom Chor. Zwei Stunden für drei Pfund.

Am gleichen Tag habe ich endlich die Flugtickets für Weihnachten gekauft. Ich komme 17.12. - 05.01. Mit Hausarbeit im Gepäck. Genaue Besuchstermine in Kürze. Allerdings bin ich gespannt, ob das überhaupt klappt. Ich nutze einen kleinen Flughafen im Süden, wo die Anfahrt ein Wagnis ist, zumal bei dem Wetter. Im Moment sind jedenfalls alle Flughäfen gesperrt und ein Drittel der Züge wie auch die Straßen stillgelegt.