Samstag, 24. April 2021

Elternurlaub

Vor einiger Zeit hatte Ellie vorgeschlagen, dass wir uns einmal die Tage freinehmen, in denen Otto bei seiner Tagesmutti ist, und dann zu zweit etwas unternehmen, wie früher. Dazu haben wir diese Wochen gewählt und dazu das allerbeste Wetter bekommen.
Am Mittwoch hatten wir nur den Nachmittag, weil Otto da ja erst Mittags zur Betreuung fährt. Die Zeit haben wir jeweils für uns genommen. Ellie wollte schon lange den Garten aufmöbeln. Ich dagegen hab endlich mal wieder mein Fahrrad genommen und bin am Meer in den Stadthafen gefahren. Da bin ich mal ganz in Ruhe die Gallerien entlanggeschlendert, habe mich mit einem der Künstler unterhalten, mir ein Mittagessen und einen Kaffee am Wasser geleistet und auf dem Rückweg an verschiedenen alten und neuen Läden Halt gemacht und Geld ausgegeben, wie in den alten Zeiten.

Donnerstag hat uns Ellie Eintritt zu einem National Trust Besitz gebucht. Das Haus "The Vyne" liegt eine Stunde Fahrt nördlich, bei Basingstoke. Kein Vorstudium, wir sind einfach durch die Parklandschaft gelaufen. Hasenglöckchen im Wald, Milane am Himmel und ein großer Ententeich vor dem Haus, wo alle Picknick machten. Ungestört in der Sonne zu liegen und Tee zu trinken war noch nie so ein Luxus. Im Anschluss sind wir noch verschiedene historische Orte in der Umgebung angefahren. Einige lohnten, andere nicht, aber in jedem Fall schien die Sonne und es war grün und wir konnten mal wiede in Ruhe über Geschichte reden.

Freitag hatten wir einen Mittagstisch in einem von uns sehr geschätzten Restaurant im Dorf Exton gebucht. Das liegt am ebenfalls sehr geschätzten und über die Jahre oft bewanderten Fluss Meon. Den sind entlang gefahren. Zuerst haben wir in Wickham gehalten und Kaffee getrunken. Dann in Droxford, wo ich vor Jahren das erste mal die Wege am Fluss erkundet habe, insbesondere die umgewandelte Bahnlinie. Da haben wir einen besonders schönen Pfad an der alten Wassermühle vorbei entdeckt, wo wir sicherlich noch einmal mit Otto hinkommen werden damit er die Füße ins flache Wasser stecken kann. In Exton haben wir uns ordentlich vollgeschlagen und sind dann über den Fluss und zwischen Feldern ein Stück Richtung des Aufstiegs zum Alten Winchester Hügel gelaufen. Aber nichts rauf, das ist zu weit - eines Tages mache ich das mal alleine. Auf dem Rückweg sind wir an diversen Orten entlang gefahren, die wir früher viel besucht haben, und wo wir hoffentlich mit Otto viel hinfahren werden. Ganz zuletzt ein Tee im Umweltzentrum, wo wir vor Jaaahren das erste Mal ein Wochenende in den South Down verbracht und uns erzählt hatten, wie schön das eines Tages für ein Kind sein würde. Ich habe in letzter Zeit nach Büchern mit lokalen Sagen recherchiert, die man Otto dann vorlesen könnte. Aber bisher nichts gefunden. Ist halt nicht der Harz.

Otto scheint eine kleinere Entwicklungsphase zu durchlaufen, wo er nachts nicht so gut schläft und dafür nachmittags über zwei Studen nicht aufwacht. Er ist weiter völlig besessen zu laufen und quasselt sehr viel mehr und in neuen Lauten. Er versteht auch erkennbar mehr: zum Beispiel liebt er ein neues Spiel, wo seine Eltern in verschiedenen Zimmern sind und er Sachen von einem zum anderen bringt. Auch spielt er jetzt gerne fangen. Er experimentiert mit seinem Spielzeug. Er hat immer mehr Geduld für Bücher und ist am glücklichsten, wenn beide Eltern bei ihm sind. Besonders aber hat er es auf Papa abgesehen.

Mittwoch, 21. April 2021

Der Normtag

Ich dachte mir ich schreibe mal unseren derzeitigen Tagesablauf auf.

Otto wacht zwischen 6.15 und 7.15 Uhr auf. Dann wird Windel gewechselt und gefüttert, die Katzen auch. Dann mache ich mich fertig und gehe mit ihm raus, entweder ans Meer oder auf den Spielplatz. In jedem Fall darf er ordentlich laufen. Ich versuche knapp 45 Minuten später wurde zu Hause zu sein, dann ist das Frühstück meist fertig. Nur wenn er lange geschlafen hat bleibe ich da und mache das Frühstück direkt. Otto darf dann vom Hochstuhl zugucken und kriegt Beruhigungshappen. Donnerstag und Freitag dagegen fahre ich Otto 8.15 Uhr zur Tagesmutti, komme 9 Uhr zurück und esse dann. An Werktagen fange ich 9.15 Uhr an zu arbeiten. Otto geht dann vormittags mit Ellie spazieren, wenn er nicht betreut wird. Am Wochenende fahren wir dagegen meist direkt nach dem Frühstück zu einem Spaziergang.
Wenn Otto bei uns ist kriegt er gehen 12 wieder essen und geht gegen 13 Uhr schlafen, momentan oft bis 15 Uhr. Danach geht es für ihn wieder raus, je nach Tage mit beiden Eltern, oder nur mit Ellie, oder eben mit der Tagesmutti.
17.30 höre ich auf zu arbeiten, und an Betreuungstagen kommt Otto gegen 18uhr nach Hause. Ich spiele dann mit ihm bis wir ihn baden, meist ab 19 Uhr. Dann lesen wir ihm eine Geschichte vor, dann wird gesungen und dann geht es ins Bett. Der Diensthabende kommt davon etwa 20 Uhr zurück, der andere macht den Haushalt. Dann macht man essen, räumt auf und eh man es sich versieht ist es Zeit die Katzen zu füttern, Türen abzuschließen und ins Bett zu gehen. Ich lese dann noch etwas aber sobald ich einmal die Augen vom Blatt nehme schlafe ich ein.

Momentan ist es schwierig abends noch irgendetwas außer den Pflichten zu machen. Ottos Schlafenszeit liegt da sehr ungünstig. Wir haben aber angefangen, Haushaltsdinge eben früher zu machen, damit später mehr Zeit bleibt.

Dienstag, 13. April 2021

Laufen und Springen

Ich kann nur staunen in welchen Sprüngen aus dem Baby ein kleiner Junge hervortritt. Vor ein paar Tagen habe ich an der Haustür eine Lieferung für Ellie angenommen. Auf dem Weg ins Wohnzimmer kam mir Otto entgegen, ich habe es ihm hingehalten und gesagt "für Mami" und er hat es genommen und es ihr tatsächlich hingebracht. Solche Momente gibt es immer wieder, wenn sich sein Geist und sein eigener Wille zeigt. Ein anderes Mal hat ihm Ellie erfolgreich gesagt, ihr doch eine saubere Windel aus der Packung in der Ecke zu holen. Umkehrt versteht er, wenn er z.B. einen Baustein in eine Kiste werfen soll. Nicht nur macht ihm die Gutenachtgeschichte am Abend Spaß, er bringt manchmal selbst das gewünschte Buch.

Vor allen Dingen liebt er es zu laufen. Inzwischen zeigt er ganz deutlich, dass ihm im Haus langweilig wird. Sobald die Tür auf geht hellt sich seine Stimmung auf, und wenn er erstmal laufen kann brabbelt er aufgeregt vor sich hin. Manchmal schiebt er aktiv die angebotene Hand weg, weil er alleine wil. Dadurch ist er mittags und abends auch früh müde. Passt mir. Als nächstes interessiert ihn bereits klettern, auf Möbel, Fenstersimse und Treppengatter.

Ellie hat am Freitag unerwartet über die Universität ihre erste Impfung erhalten. Den Samstag über hat sie dann für die Nebenwirkungen gebraucht, aber Sonntag war sie wieder voll da. Dann sind wir gleich nach dem Frühstück zurück in die Hasenglöckchen gefahren. Kälter als vor einer Woche, aber Otto hat sich wieder gefreut draußen laufen zu können und Boden und Flora mit Hand und Mund zu erkunden.

Und als sie sich gerade erholt hatte bekam Otto am Montag seine regulären Impfungen. Vier Stück auf einmal, eine davon löste (planmäßig) ein Fieber aus das ihn die Nacht und den nächsten Tag über beschäftige. Er war aber insgesamt sehr tapfer. Ich bin doch ganz gerührt wie er uns vertraut auch wenn es ihm schlecht geht.

Ich selbst habe auch das Gefühl mich in den letzten paar Wochen geistig zu erholen. Ich habe viel weniger Schiss vor der Nacht und dem nächsten Tag und ich spüre vor allem abends mehr Kraft noch etwas mehr zu machen als Fernsehen zu gucken.

Montag, 5. April 2021

Botten

Dieses Ostern hatte ich das wahrscheinlich schönste Wochenende als Vater.
Freitag wollten wir nachmittags ursprünglich aufs Land fahren, sind aber aus Zeitgründen wieder an den alten Befestigungen am Nordrand der Stadt spazieren gegangen. Das ist inzwischen zu einem unserer Lieblingsziele mit Otto geworden, aber ich war doch etwas enttäuscht. Wir haben vereinbart, dass wir bei vier freien Tagen zweimal aus der Stadt fahren. Das hat gut geklappt, weil wir gleich nach dem Frühstück los sind.

Samstag sind wir zum Umweltzentrum gefahren, also das mit der Jurte. Da war Otto einmal im letzten Oktober gewesen. Diesmal: "uuuh, uuuh, uuuh, uuuh!" nach links und rechts. Blumen, Bienen, Seifenblasen. Am meisten haben ihn Brennnesseln und rostige Grillroste interessiert.

Sonntag sind wir in ein Waldstück ganz in der Nähe gefahren, wo um diese Zeit die ersten Hasenglöckchen wachsen. Zu meiner Überraschung war die Stelle nicht vollkommen überlaufen. Otto jedenfalls war begeistert. "uuuh, uuuh, uuuh, uuuh". Für mich war es eine wirkliche Offenbarung, als Familie bei Sonne in der Natur zu sein, ohne mir Sorgen um Zeit oder Schlaf machen zu müssen. Und ich habe mich total gefreut wie Otto die Natur annahm und zwischen den Bäumen spielte.

Nachmittags sind wir bei immer mehr Sonne in einen nahe gelegenen Park gegangen. Es war eine wirkliche Freude Otto zuzusehen. Er ist mit mir an der Hand losgelaufen, zu Büschen und Stöckern und Kindern und Hunden. Ich musste ihn wirklich nur festhalten, er macht das inzwischen alles alleine. Wir beobachten einen richtigen Entwicklungssprung und seiner Wahrnehmung, Mobilität und Entscheidungsfindung - er macht seine eigenen Pläne und setzt sie um, und manchmal kommuniziert er richtig klar, was er will. Ellie hat ihn einmal auf eine Weise beschrieben, die seitdem seine Entwicklung für uns zusammen fasst: Otto mochte einfach nie Baby sein. Er war immer neugierig und wollte sich selbst bewegen und Sachen kennen lernen. Die ganze Zeit, als er nur rumliegen und schlecht sehen könnte, das war nichts für ihn. Seit er krabbeln kann ist er immer fröhlicher. Wir haben einen eigenen Begriff für die Art und Weise, wie er die Welt erkundet: botten. Otto wacht morgens auf und bottet sofort los. Aus dem Schlafsack, auf allen Vieren zum Spiegel, auf seinen Beinchen durchs Haus. Im Park so schnell wie möglich zu den Büschen. Und am allermeisten mag er Busse: ich gucke an extra, wann der nächste Bus an der nächsten Haltestelle eintrifft und dann gucken wir zusammen zu wie er kommt, hält, und wieder losfährt. Ich würde zu gerne die Welt mit seinen Augen sehen und denke immer daran, wie mich in jungen Jahren die Harzquerbahn oder die Eisenbahn durch den Pölchower Wald fasziniert haben. Und während ich mit minimalem Aufwand Otto betreute konnte Ellie in der Zeit ganz in Ruhe unter einer blühenden Kirsche in der Sonne liegen. So hatte ich mir unsere Familie im besten Falle vorgestellt. In der Nacht hat Otto zum ersten Mal seit November in seinem Bettchen geschlafen, ohne dass ich ihn zu mir ins Bett nehmen musste Wir sind am nächsten Tag gleich nochmal in den Park, weil Ellies Vater mit Frau zu Besuch kam.
Ich weiß, dass in mir noch Sachen auf Aufarbeitung warten, aber dieses Wochenende fühlte sich wie ein Durchbruch an.

Ansonsten:
  • Ich lese mit großer Freude weiter Harry Potter, inzwischen im zweiten Buch. 
  • Otto ist kürzlich seiner kleinen rosa Plastikbadewanne entwachsen und wird jetzt in der großen Wanne gewaschen. Die ersten zwei Abende hatte er damit irgendein Problem, aber seitdem findet er es toll. Plantscht und spritzt rum. Irgendwann wird er da gar nicht mehr rauswollen, und dann gehts rund.
  • Otto lernt seit kurzem mit uns zu kuscheln. Ganz so wie mit Vorlesen fand er das nie toll, aber inzwischen legt er sein kleinen Köpfchen immer mal wieder an unsere Schulter. Manchmal macht er dann auch frohe Laute. Wir hoffen, das wir irgendwann als Familie kuscheln können, morgens im Bett und abends auf dem Sofa.
  • Wir holen und spenden Klamotten in ganzen Sackladungen. Otto ist inzwischen bei Größe 2-3 Jahre angekommen; letztens mussten wir ein komplettes Geschenkpaket direkt weitergeben, weil er zu groß ist.
  • Sein Vokabular hat sich so weiterentwickelt
    • "mama" - entweder Mama oder "ich will das da", je nach Kontext
    • "dada" - entweder Papa oder "ich mag das" bzw. "ich freue mich", je nach Kontext
    • "nana" - ursprünglich "Banane", inzwischen allgemein "Essen"
    • "wawa" - Hund
    • "kra" - Vogel
  • Ottos passiver Wortschatz ist überraschend. Er erkennt Worte wie "Vogel" in Liedern und wenn ich am Telefon rede. Dann sagt er nämlich "Kra".