Sonntag, 7. August 2016

Großer Nachtrag 4: Gute Ideen

Im Labyrinth
Einmal kam ich sehr müde von der Arbeit. Ich lag auf dem Sofa und tat mir leid. Dann rief Ellie mich an, dass sie von einer Bekannten gratis Theaterkarten bekommen hat, wenn ich schnell in die Stadt komme. So habe ich in Portsmouth einmal richtig gutes Theater gesehen: Shakespeares Zwei Herren aus Verona. Sie selbst hatte wegen ihres wöchentlichen Tanzkurses leider keine Zeit. Natürlich habe ich auch einige Sachen zusammen mit Ellie gemacht. Schließlich hat sie eine Menge gute Ideen. Zum Beispiel waren wir beim Freiluftkino im Garten des Naturhistorischen Museums und haben "Labyrinth" geguckt. Das ist ein bizarrer Film aus den 80ern. Mit David Bowie als dem König der Kobolde, letztere Puppen von Jim Henson. Alles etwas komisch - aber eben David Bowie. Von dem kriege ich irgendwie erst jetzt mehr mit.

Im Lavendel
An einem der heißesten Tage sind wir auf einen Lavendelhof auf dem Land in der Region der Hubertuskapelle gefahren. Die macht nur eine Woche im Jahr für wohltätige Zwecke auf und zieht dann tausende Menschen an. Da machen dann alle Fotos ihrer schönsten Sommerkleider im Lavendel. Die Hitze stand zwischen den Saatreihen - zugegebenermaßen fast wie Italien. Nur der Kuchen war gerade alle. Aber man fährt mit dem Gefühl nach Hause, etwas mit den spärlichen Sommertagen gemacht zu haben. Ellie weiß, dass ist für mich wichtig.

Im Hafen
Einmal hatte auch ich eine gute Sommeridee und wir haben eine Hafenrundfahrt gemacht. Endlich, denn die Möglichkeit hatte ich ja schon seit vier Jahren, und Karten seit knapp einem - sie sind in der Jahreskarte zur Historischen Werft inbegriffen. Allerdings hatte ich nie viel erwartet, schließlich sind Portsmouths große Marinetage vorbei. Aber an diesem Tag hat uns das beiden großen Spaß gemacht, denn die Sonne schien, der Kapitän war gut informiert, es fühlte sich wie Urlaub an. Man sieht ja von den öffentlich zugänglichen Orten gar nicht, wie groß der Hafen wirklich ist. Weiter hinten liegen da noch diverse Kriegsschiffe, sogar ein ausgemusterter Flugzeugträger - ich dachte, der wäre schon verschrottet worden. Im nächsten Jahr kommt übrigens der erste von zwei neugebauten Trägern an, die Queen Elizabeth. Portsmouth wird ihr neuer Heimathafen. Aber auch der Passagierkai liegt dort gut versteckt, also die Fähren nach Frankreich und Spanien. Dort hat Ellie als Studentin gejobbt. Außerdem das Bananenschiff, dass (und ich habe das ungläubig mehrmals überprüft) den gesamten Bananenimport der Landes anbringt.

In der Historischen Werft ist vor einigen Wochen auch eine neue Ausstellung über die Schlacht am Skagerrak eröffnet worden. Dabei starben 3.300 Mann aus Portsmouth und Umgebung. Zum kürzlichen Jahrestag war auch in den Medien eine Menge davon zu hören. In Großbritannien ist der Erste Weltkrieg ("Der große Krieg") allgemein sehr viel präsenter als in Deutschland. Zum Beispiel wurde im Büro eine Schweigeminute am Jahrestag der Schlacht an der Somme eingelegt, an dem besonders viele britische Soldaten fielen. (Allerdings sind auch Schweigeminuten allgemein viel prominenter als in Deutschland).

Ich habe nach einigen Versuchen ein neues Buch zum Vorlesen für Ellie gefunden: Jules Vernes In 80 Tagen um die Welt. Da haben sich die Jahre in der Kinderbibliothek ausgezahlt.



Dienstag, 2. August 2016

Großer Nachtrag 3: Sommer

Am 15. Juli gaben wir die letzte Tangoshow unserer diesjährigen Tour. Nicht unsere beste Leistung, aber meine persönliche war gut und vor allem wurde nach der letzten Verbeugung groß gefeiert, dass alles vorbei war. Wie schon vor zwei Jahren schenkte ich an der Kulissenbar zum letzten Auftritt echten Wein aus. Wir hatten in Epsom getanzt, fast in London, und waren erst gegen 23 Uhr aus dem Theater gekommen. Zum Glück fand ich im Anschluss eine schnelle Rückfahrgelegenheit. Ich habe mich in meinem Haus ausgeschlafen und konnte so morgens schwimmen gehen, bevor ich zur Arbeit fuhr. Es war gerade Flut und sonnig und Schiffe kreuzten vor der Küste.

Die folgenden zwei Wochen brachten uns endlich ein paar perfekte Tage an denen ich von der Arbeit direkt an den Strand gefahren und schweissgebadet ins Wasser gesprungen bin. Das ist  seiner wärmsten Phase (nicht dass mir die Bulgaren das glauben wollen). Einmal war es ganz windstill, sodass ich mich  einfach vom Wasser treiben lassen und bis Mitternacht am  Meer bleiben konnte. Das ich einmal bis abends am Meer sitzen würde, wie coole Menschen. Früher hatte ich mal Angst vor Stränden! Die halbe Stadt ist dann am Meer, und am Himmel stand schon der blasse Vollmond, während die Sonne noch schien. Später wird die Sonne schwächer und der Mond kräftiger. Knapp über dem Horizont entsteht ein Streifen lila, darunter dann ein Streifen Blau, der sich immer weiter nach oben verbreitert.  Freunde, Pärchen und Familien sitzen am Wasser bis es dunkel wird. Dann erscheint nach und nach der  silberne Streifen des Mondes auf dem Wasser.

Am Tag darauf war es noch heißer. Absolut brütend. Und der ganze Strand voller Menschen. Aber es war auch windiger und nach einer Stunde wird einem dadurch trotz allem kalt. Und dann gibt es graue unspektakuläre Abende wenn der Strand leer ist, aber der Wind schwach. Dann kann ich mich einfach hinlegen solang ich will und die Augen zumachen. Die Wellen und die Möwen hören. Das macht den Feierabend schön.

Schon wieder Tango? 
Tango vorbei!




Großer Nachtrag 2: Leute Leute

Mitte Juli habe ich unerwartet Mathieu wiedergesehen. Einen Tag hat sich unsere ganze Truppe mit ihm in Oxford getroffen und wir sind ein wenig um die Fakultäten und den Fluss gezogen. Und zwei Wochen darauf kam er zwei Nächte nach Portsmouth. Anlass war die Abschiedsfeier unserer Freundin Ana, die inzwischen endlich zurück nach Lissabon gezogen ist. Die meiste Zeit war er aber in Southsea. Zum Glück hatten wir gerade einige der besten Sommertage des Jahres und Freitag konnten wir bis 22 Uhr am Meer etwas trinken. Am nächsten Tag haben wir auf dem Weg zur Feier in der Abtei von Romsey Halt gemacht, die etwas außerhalb von Southampton liegt. Abends haben wir dann in Southampton gefeiert (leider war Kalina nicht in der Stadt); ich habe mit Ana zum letzten Mal getanzt - sie war in ihrer Zeit hier immer mal wieder zu meinem Tangokurs gekommen.

Kalina habe ich dann doch noch zweimal gesehen. Langsam habe ich wieder mehr Zeit für sie, nachdem das erste Halbjahr mit Tango und Mathieu ausgelastet war. Einen Tag habe ich sie in Southampton besucht, um ihren Auftritt bei einem großen jährlichen indischen Tanzfestival zu sehen. Nicht auszudenken, dass wir uns vor zehn Jahren kennengelernt haben, sie damals gerade mal 19 war - aber schon damals hat sie ganz toll getanzt.
Ende Juli kam sie dann für eine Nacht zu uns, wo wir zusammen tanzen waren, auf einer Salsaparty (meiner ersten seit...langer Zeit). Am Tag darauf haben wir dann auch sie mit dem Auto zur Hubertuskapelle genommen. Ursprünglich hatte ich etwas laufen wollen, aber Ellie war krank, sodass wir uns stattdessen wie fast jedes Mal ins Gras in die Sonne gelegt haben. 

Ich habe auch neue Mitbewohner, auch wenn das eine viel weniger wichtige Neuigkeit ist, seitdem ich kaum noch bei mir übernachte. Es sind die üblichen Sommerbulgaren von der Uni Sofia. Mir fiel sofort wieder der Unterschied zu englischen Mitbewohnern auf: sie sind sauber, ordentlich und allgemein irgendwie erwachsener. Nach dem Kochen wird die Küche saubergemacht, Eine spricht fließend Deutsch, war ein Jahr in D
ortmund.


Mit Mathieu in Oxford.

Mit Mathieu in Portsmouth.


Montag, 1. August 2016

Großer Nachtrag 1: Mein Geburtstag

Einer der Höhepunkte des Julis war sicherlich mein Geburtstag (der 29. wie mir nach etwas Nachdenken wieder einfiel), nicht zuletzt, weil Papa mich besuchte. Zu der Gelegenheit habe ich mir zwei Tage freigenommen und wir haben (zusammen mit Ellie) das erste Mal die Möglichkeiten des Autos voll genutzt. Einen Tag ist Ellie gefahren, einen Tag durfte ich. Erst haben wir den Zoo in Marwell besichtigt; für mich der erste Tierpark seit...vielen Jahren (ich wollte schon längere Zeit mal wieder in den Rostocker Zoo...ganz nebenbei). Papa hatte gutes Wetter mitgebracht, wir sind gute drei Stunden rumgelaufen, Ellie mochte am liebsten die Kaiseräffchen, ich vermutlich den Webervogel.
Auf dem Weg hielten wir ungeplant an der Ruine eines Palastes der Bischöfe von Winchester. Daran war ich einige Wochen vorher während meiner Tour auf dem Pilgerpfad langgekommen, aber es war zu gewesen. Zum Abschluss fuhren wir abends nach Winchester, wo zu meiner Überraschung selbst Ellie noch nicht wirklich gewesen war. Wir haben vor der Kathedrale Fish und Chips gegessen und hatten im Anschluss das Glück, nicht nur gratis hineinzukommen, sondern dazu noch während einer Chorprobe. Sowas freut mich immer, wenn ich Gäste habe.
Am Tag darauf wollten wir eigentlich auf die Isle of Wight, aber da war gerade Festival und alle Fähren ausgebucht, also sind wir spontan in den New Forest. Dorthin war ich mit Papa und Ellie schon einmal, ohne Auto und ohne Wetterglück gefahren. Nun war das Wetter gut und ich hatte gerade zwei Wochen vorher auf meiner Schlammradtour ein paar zeigenswerte Orte gefunden. Zum einen ein Wildgehege mit Rehen, denn für Ellie sind Rehe in freier Natur etwas ganz Ungewöhnliches. Das zweite war ein Cafe mit dem schönsten Garten und der unflexibelsten Kuchenpflicht. Ellie war nicht amüsiert.
Mit dem Auto kann ich jetzt auch allen Gästen meine Lieblingsorte zeigen. Zuvorderst ist das die Hubertuskapelle, zu der wir an einem Abend nach der Arbeit gefahren sind. Durch Papa bin ich auch erst dazu gekommen, mir einige EM Spiele anzusehen.

Geschenke
Ein Schachspiel, ein anderes Brettspiel, 600 Seiten Geschichte der Seidenstraße, und 120 Seiten Der letzte Eskimovogel, ein ungewöhnliches Buch über eine im Aussterben begriffene Art von 1954. Recherche ergab, dass ab und zu immer noch hier und da Exemplare gesehen werden. Das Schachspiel kam von Ellie, die überraschenderweisse gesagt hatte, dass sie das als Kind gerne gespielt hat. Dabei mag sie generell keine langen, komplizierten oder regelreichen Spiele. Nun stellte sich heraus, dass sie damals mit ihrer Schwester Schach nach ihren eigenen Regeln gespielt hatte. Nach 10 Minuten waren alle Figuren geschlagen. Buddha wurde eine Paketschachtel als neue Bleibe überlassen.



Stolzer Hausbesitzer.