Sonntag, 23. August 2020

Ottofroh

Die letzten Wochen wurde es mit Otto noch besser. Seit einigen Tagen braucht er nicht mal mehr gefüttert zu werden, und ein zwei Tage danach begann er, komplett ohne größere Unterbrechungen durchzuschlafen. Er kann sich zunehmend selbst beruhigen, wenn er mal aufwacht. Abends braucht er oft weder Schnuller noch meine Hand. Er hat gelernt sich auf die Seite zu drehen - noch nicht ganz auf den Bauch - und das hilft ihm offenbar beim einschlafen.

Momentan ist er das süßeste Kind, was man sich vorstellen kann. Eine echte Freude. Lacht und ist dankbar für jede Aufmerksamkeit. Seine Wahrnehmung nimmt jeden Tag weiter zu und ich spüre, wie meine emotionale Bindung ebenfalls immer stärker wird.

Nichtsdestotrotz bleibt neben Kind und Haushalt kaum etwas vom Tag für mich selbst. In letzter Zeit stört mich das wieder mehr. Zwar haben wir abends etwa anderthalb Stunden. Aber mir fällt es schwer Prioritäten zu setzen zwischen Dingen, die ich machen sollte, Dingen, die mich entspannen und Zeit für Ellie zu finden. Ich lese still und heimlich wieder. Zum ersten Mal seit März. Jeden Abend ein paar Seiten. Aber einfachere Kost, auf Deutsch, schonmal gelesen, über die Geschichte Brandenburgs.

Sonntag, 9. August 2020

Einmal raus

 Freitag bin ich zum ersten Mal in Ottos leben allein in die Natur geradelt. Ellie besuchte mit Otto ihre Freundin, die im nächsten Jahr die Tagespflege übernehmen soll, sodass ich kein schlechtes Gewissen haben musste. In letzter Zeit wurde mir zunehmend klaustrophobisch sodass Ellie vorgeschlagen hatte, ich sollte doch einen Tag frei nehmen und rausfahren. Da sie das Auto hatte konnte ich eigentlich nur nach Rowlands Castle fahren (auch den Zug habe ich seit März das erste Mal benutzt, zum Glück war es ruhig) und von dort nordwärts nach Petersfield radeln. Diese Tour hatte ich schon einmal gemacht und sie ist mir ob der Strecke und dem Umstand, dass es keine Rundtour ist, in guter Erinnerung geblieben. Am Weg kommt man an der Hubertuskapelle vorbei, dann durch die Buchenwälder der Königin Elisabeth Landschaftsparks, an desses Ende überquert man den South Downs Weg und dann kommt man ins Dorf Buriton, ein Lieblingsort von uns, mit einem schönen Pub, wo man zumindest Getränke im Biergarten bekam, der momentan für Blumen und Gemüse genutzt wird. Vermutlich nicht gut für die Besitzer; wenigstens ein bleibender Eindruck für mich. Gottseidank war mir kurz vorher noch eine Stelle eingefallen, wo direkt am South Downs Weg Haferflockenschnitten zum Verkauf stehen, sonst wäre der letzte Abschnitt nach Petersfield hungrig ausgefallen.

Die sonne brannte; meine große Wasserflasche hielt kaum bis zur Kapelle. Die Felder waren erntegelb, die Wälder geschlossenes Grün, Rotmilane kreisten über den Bäumen. Brombeeren Wildäpfel und Fotos von Pflanzen zur späteren Bestimmung.

Und die ganze Zeit arbeitet mein Kopf daran, welche Strecken und welche Sachen Otto die Natur und Landschaft so näherbringen würden wie mir als Kind... könnte man ihn nur schon mit rausnehmen. Aber: momentan ist er so süß, dass man mit dem Älterwerden warten kann.

Alle Fotos im Album

So sehe ich nach 4 Monaten ohne Frisör aus.





Die Buchen des Landschaftsparks. Stille und Kühle sobald man eintritt.







Das war mal Biergarten


Samstag, 1. August 2020

Ottolob

Otto scheint sein Schlafverhalten nach jeder Beschreibung zu ändern. Die letzten zwei Wochen war er ein guter Junge. Vermutlich waren die Auswirkungen der Impfung und einer Entwicklungsphase zu Ende. Wobei ein Fluch allein auf der Erwähnung zu liegen scheint; die letzten paar Abende waren wieder ziemlich wackelig und wir hoffen insgeheim, dass das nicht die nächste Phase ist. Ich hätte gerne mal einen Monat ohne Entwicklungssprung.
Jeden kann ich ihn jetzt abends wieder ohne ewiges Wiegen auf meiner Schulter ins Bettchen legen; häufig schläft er sogar schnell ein. Dadurch habe ich abends mehr Zeit. 
Tagsüber ist er durch die Erholung sehr gut drauf. Fröhlich, ausgesprochen vokal, nimmt immer wieder etwas neues wahr. Seit kurzem folgt er meinem ausgestreckten Arm, wenn ich auf etwas zeige. Rauschende Blätter an Bäumen faszinieren ihn weiterhin absolut. Die Katzen lösen mehr Neugierde als Furcht aus. Inzwischen macht auch das alte Liederbuch aus Rostock richtig Sinn. Erst dachte ich, dass ich es viel zu früh mitgenommen hätte. Aber inzwischen hört er zu oder schaut zumindest die Bilder an. Es ist auch eine tolle Inspiration, weil uns abends ziemlich schnell die neuen Lieder ausgegangen sind. Das Buch mit Kinderreimen kommt dabei auch immer mehr zum Tragen. Und der gute Mann kriegt nicht nur vorgesungen, nein, auch noch in Harmonie - schließlich haben Ellie und ich in den Jahrne im Chor viele Lieder in Sopran und Bass eingeübt.

Langsam wagen wir uns wieder aus dem Schneckenhaus der Vorsicht und denken an die mittlere Zukunft und was wir ihm so alles zeigen  wollen. In den letzten Wochen konnten wir mit ihm verschiedene Ausflüge machen. Das Umweltzentrum, die Burg Portchester und ein wunderbares Frühstück Freitag morgen im Cafe am Meer. Erst vor kurzem ist mir klar geworden, dass ich mit der extra Stunde, die mir mein Arbeitgeber gibt, Otto mittags nichts nur Ellie abnehmen sondern auch gleich einen Spaziergang ans Meer machen kann. Das passt uns allen super: Ellie hat mal Ruhe, ich komme regelmäßig aus dem Haus und Otto kriegt am Strand sein Fläschchen. Dazu parke ich seinen Wagen an der Seemauer, die wiederum eine durchlaufende Sitzbank auf genau der richtigen Höhe hat. Dadurch kann ich beim Füttern auch kurz jemanden anrufen, einfach mal so nebenbei. Angesichts meiner Isolation und Zeitnot ist das eine wirkliche Erleichterung.