Otto scheint sein Schlafverhalten nach jeder Beschreibung zu ändern. Die letzten zwei Wochen war er ein guter Junge. Vermutlich waren die Auswirkungen der Impfung und einer Entwicklungsphase zu Ende. Wobei ein Fluch allein auf der Erwähnung zu liegen scheint; die letzten paar Abende waren wieder ziemlich wackelig und wir hoffen insgeheim, dass das nicht die nächste Phase ist. Ich hätte gerne mal einen Monat ohne Entwicklungssprung.
Jeden kann ich ihn jetzt abends wieder ohne ewiges Wiegen auf meiner Schulter ins Bettchen legen; häufig schläft er sogar schnell ein. Dadurch habe ich abends mehr Zeit.
Tagsüber ist er durch die Erholung sehr gut drauf. Fröhlich, ausgesprochen vokal, nimmt immer wieder etwas neues wahr. Seit kurzem folgt er meinem ausgestreckten Arm, wenn ich auf etwas zeige. Rauschende Blätter an Bäumen faszinieren ihn weiterhin absolut. Die Katzen lösen mehr Neugierde als Furcht aus. Inzwischen macht auch das alte Liederbuch aus Rostock richtig Sinn. Erst dachte ich, dass ich es viel zu früh mitgenommen hätte. Aber inzwischen hört er zu oder schaut zumindest die Bilder an. Es ist auch eine tolle Inspiration, weil uns abends ziemlich schnell die neuen Lieder ausgegangen sind. Das Buch mit Kinderreimen kommt dabei auch immer mehr zum Tragen. Und der gute Mann kriegt nicht nur vorgesungen, nein, auch noch in Harmonie - schließlich haben Ellie und ich in den Jahrne im Chor viele Lieder in Sopran und Bass eingeübt.
Langsam wagen wir uns wieder aus dem Schneckenhaus der Vorsicht und denken an die mittlere Zukunft und was wir ihm so alles zeigen wollen. In den letzten Wochen konnten wir mit ihm verschiedene Ausflüge machen. Das Umweltzentrum, die Burg Portchester und ein wunderbares Frühstück Freitag morgen im Cafe am Meer. Erst vor kurzem ist mir klar geworden, dass ich mit der extra Stunde, die mir mein Arbeitgeber gibt, Otto mittags nichts nur Ellie abnehmen sondern auch gleich einen Spaziergang ans Meer machen kann. Das passt uns allen super: Ellie hat mal Ruhe, ich komme regelmäßig aus dem Haus und Otto kriegt am Strand sein Fläschchen. Dazu parke ich seinen Wagen an der Seemauer, die wiederum eine durchlaufende Sitzbank auf genau der richtigen Höhe hat. Dadurch kann ich beim Füttern auch kurz jemanden anrufen, einfach mal so nebenbei. Angesichts meiner Isolation und Zeitnot ist das eine wirkliche Erleichterung.