Donnerstag, 29. Juli 2021

Der kleine Wassermann

In den letzten Wochen hat sich Ottos Schlaf wieder gebessert, und uns geht es allen ziemlich gut. In dieser Zeit hat Otto dank gutem Wetter so richtig das Wasser kennen gelernt.

  1. wenn wir ans Meer gehen, fülle ich mir oft die Hosentaschen mit Steinen, stelle ich mich mit den Beinen ins Wasser und lasse Otto Steine ins Wasser schmeißen. Dann begann ich, ihn mit seinen Beinchen vorne in die Brandung zu stellen. Bei Wellen hebe ich ihn kurz hoch, aber er findet es ganz toll wie das Wasser über seine Füßchen wäscht. Dann verstand er, dass er selbst Steinchen aus dem Wasser heben und schmeißen kann.
  2. Dann haben die öffentlichen Plantschbecken wieder aufgemacht. Also keine Schwimmbäder, sondern ganz flache, knöcheltiefe Angelegenheite, wo Kinder durchtoben können. Wie erwartet war Otto absolut begeistert.
  3. Ellie hat ihm außerdem sein eigenes Plastikplantschbecken gekauft. Muss man nicht mal aufblasen. Otto wiederum völlig aus dem Häuschen. Ich konnte mit der Idee ursprünglich wenig anfangen, vermutlich weil ich das als Kind selbst nicht hatte (vernünftige Gegenden haben schließlich auch Seen), aber das ist schon eine feine Sache, im Garten im Schatten der Budelaia.
  4. Otto liebt es auch im Regen rumzuplantschen. Wir haben ihm endlich Gummistiefel gekauft - statt nach besonders breiten zu suchen hat Ellie einfach die nächste Größe probiert. Ich bin froh das mein Kind gerne draußen ist. Er liebt es völlig durchnässt im Regen durch Pfützchen zu waten.

Ich selbst habe auch auf einmal wieder angefangen täglich im Meer baden zu gehen. Über ein Jahr schien das völlig illusionär, aber jetzt plötzlich gönne ich mir das wieder, besonders wenn Otto nachmittags seine zwei Stunden schläft. Außerdem habe ich meinen Drachen ausprobiert. Also mein Geburtstagsgeschenk, eigentlich für Ottos Unterhaltung gedacht, aber mir macht das auch richtig Spaß. Und viel einfacher als die Drachen meiner Kindheit.

Ich habe das Buch The Power fertig gelesen. Bin begeistert, genau wie von den Vorwerken der Autorin. Jetzt also bleiben Harry Potter, und Warum Deutschland es besser macht.

Otto erkennt immer mehr Worte. Letztens zum Beispiel Ventilator und Spiegel. Er probiert seine Silben in neuen Kombinationen aus und hat gelernt, das Hundis Wau Wau sagen und die Kuh Muh. Er ist allgemein ein sehr glückliches Kind. Besonders wenn Mamidada da ist. Und zwar beide. Vorbei die Zeit der bevorzugten Elternteile, jetzt darf niemand mehr den Raum verlassen. Was für eine Veränderung zum letzten Jahr. Ich finde es richtig schwierig zu arbeiten, wenn Otto gleichzeitig zum Kuscheln einlädt.

Er zeigt auch immer mehr Interesse an und Geduld mit Büchern. Früher musste man ihn praktisch festhalten, heute sitzt er ganz ruhig auf meinem Knie und blättert und zeigt mir wo der Traktor ist wenn ich ihn frage.

Und beim Regen letztes Wochenende haben wir ganz spontan das erste Mal mit ihm gebacken. Lief wie es zu erwarten war. Er fand es ganz toll, aber einer von uns musste ihn praktisch in Gewahrsam nehmen. Eines Tages werden wir mit ihm Plätzchen machen und dann gemeinsam auf dem Sofa lesen können.

Mittwoch, 14. Juli 2021

Abnutzungserscheinungen

Ottos Erkältung vor ein paar Wochen ging bei ihm relativ schnell vorüber - Ellie und ich haben sie immer noch. Immerhin kein Covid. Aber mir hat es mittelfristig richtig auf die geistige Gesundheit geschlagen. Zuerst die drei Tage als Ellie richtig krank war und ich Otto und den Haushalt schmiss. Danach war man erschöpft. Aber auch danach habe ich irgendwie das Gefühl, dass die Alltagsroutine nichts mehr für mich selbst übrig lässt. Ein Grund ist, dass Otto abends Ewigkeiten zum Einschlafen braucht. Ohne Drama, ohne Geschrei, und eigentlich sehr niedlich wenn er meinen Finger halten muss. Aber man kommt dann eben doch erst eine Stunde vor der eigenen Schlafenszeit von seinem Bett weg und muss dann vielleicht noch aufräumen und kochen und Einkäufe bestellen. Auch die Zeit für Ellie ist sehr eng beschnitten. Ich habe derzeit oft das Gefühl, den ganzen Tag für andere zu arbeiten - fürs Kind, für den Chef, für das Haus, dann keinen Moment für mich (bzw. die Familie). Und wenn man dann endlich ins Bett geht, dann schlafe ich oft schlecht und auch nur um ein paar Stunden später wieder alles von vorne zu machen. Das Bewusstsein, dass das für Familien die langfristige Norm ist, hilft da gar nicht, im Gegenteil. Ich spüre in letzter Zeit den Stress.

Ottos zunehmende Mobilität bringt es dabei mit sich, dass seine Betreuung z.B. auf dem Spielplatz gleichzeitig langweilig und stressig ist. Einerseits läuft man nur langsam hinter ihm her, andererseits kann man nicht lesen oder telefonieren, weil man jederzeit mit beiden Händen eingreifbereit sein muss. Gerade am Wochenende habe ich immer wieder das Gefühl allzeit bereit stehen zu müssen, ohne das etwas passiert und ohne das man etwas schafft.

Zu Hause ist es etwas besser. Wenn wir zu zweit auf Otto aufpassen (und er ist momentan besonders gern von beiden Eltern umgeben) kann man etwas lesen. Dadurch lese ich nach vielen Monaten plötzlich eine ganze Menge und gleichzeitig. Harry Potter 4, das ausgezeichnete Buch "The Power" von Naomi Alderman und seit meinem Geburtstag "Warum Deutschland es besser macht".

Otto-Nachrichten
  • wir haben bewiesen, dass Otto viele Worte tatsächlich kennt, in beiden Sprachen. Ich kann ihn nämlich auf Deutsch und Englisch fragen, wo ein Gegenstand oder eine Person ist und er zeigt darauf und freut sich.
  • beim letzten Besuch der Kleinkindberaterin war Otto
    • über den Rand der Gewichtstabelle gewachsen
    • ... und gerade noch so auf der Größentabelle
  • Otto braucht zum großen Glück beide Eltern um sich. Seit kurzem sagt er nicht nur Dada sondern auch sehr viel Mami. Und abends können wir richtig schön zusammen im Wohnzimmer sitzen, während Otto von einem zum anderen wandert und seinen kleinen Kopf auf uns legt
  • Mitte Juli war Otto das erste Mal im Meer. Ich habe ihn in meiner Mittagspause mitgenommen und ganz vorne mit den Füßen ins Wasser gehalten. Er fand es super wie es ihm bei jeder Welle über die Zehen lief.

Wir haben ihm letztes Wochenende eine Menge Tiere gezeigt. Letzten Samstag waren wir im Schmetterlingshaus des lokalen Naturkundemuseums. Otto interessierte sich vor allem für die Banane auf dem Schmetterlingsesstisch. Und für Heizungsstellringe.
Am Sonntag haben wir ihn zum Streichelzoo im Nachbarort Havant gefahren. Der ist auf einem ehemaligen Bauernhof, mit vielen kinderfreundlichen Tieren inklusive Meerschweinchen. Ich freue mich immer wie Bolle wie Otto das annimmt und mal die Tiere sieht, die wir ihm immer in seinen Büchern zeigen. Und der kleine Zoo da hat mich insbesondere an meine eigenen frühen Besuche im Rostocker Zoo erinnert.

Sonntag, 11. Juli 2021

37

Mein Geburtstag begann mit einem extravaganten Frühstück, wie vor einem Jahr. Ich hatte mal erwähnt, wie gern ich mal ein richtiges Hotelfrühstück hätte, ohne eigene Mühe, mit allem Drum und Dran. Und das ist immer noch so. Normalerweise besteht mein Frühstück momentan aus einer Scheibe Brotwährend der Computer hochfährt. Also, Brötchen, Croissants, Aufschnitt, Kaffee, und eine Sachertorte, von einem österreischen Bäcker in London geliefert.

Geschenke:
  • ein Drache (Otto mag Drachen; sein Vater spricht immer davon ihn im Herbst auf den Butsel-Hügel zu nehmen)
  • John Kempfers Buch "Warum Deutschland es besser macht" (kürzlich auch auf Deutsch erschienen)
  • Souveniers aus Rostock, Templin und Nordhausen
Ellie und ich hatten beiden den Tag freigenommen. Mittags brachten wir Otto zur Tagesmutti und fuhren dann in die South Downs, den Fluss Meon entlang, zum Shoe Inn in Exton, wo wir einen Mittagstisch im Garten am Fluss reserviert hatten. Anschließend haben wir in verschiedenen grünen Orten Halt gemacht. Der Wanderweg auf der ehemaligen Eisenbahnstrecke, eine alte Kirche an einem Weizenfeld, die Mühle in Droxford.
Ich habe diesen Tag sehr genossen. Die letzten Wochen haben mich erschöpft und es war gut frei zu haben und in der Natur zu sein. Am besten, und am unerwartetsten, war es Zeit füreinander zu haben. Erst da habe ich gemerkt wie selten wir uns heute gegenseitig unsere volle Aufmerksamkeit schenken können. Aus einem guten Grund. Trotzdem schade.