Samstag, 26. Oktober 2019

Junge Junge

"Ein stolzer Junge!" sagte die polnische Ärztin Donnerstag Nachmittag. Die Frauen hatten also alle Recht mit ihrer Intuition. Ich dachte mir: mehr Dreck, mehr Schürfwunden. Aber auch da widersprechen mir Frauen. Auf jeden Fall ist alles dran an ihm. Ellie standen Erleichterung und Glück ins Gesicht geschrieben. Ihr Rücken macht ihr aber weiter Probleme und ich frage mich, wie das werden soll, wo das richtige Wachstum erst noch kommt. Ich stelle mir immer wieder mal vor, wie ich ihm Mathematik und Naturwissenschaft erkläre. Aber davon abgesehen wirkt es trotzdem alles noch abstrakt und nicht viereinhalb kurze Monate weg.

Anfang der Woche hat ein alter Bekannter bei uns übernachtet: Thomas war 2012 Mitbewohner von Gastgebern auf der Isle of Wight. Er hat damals eine Weile in England gelebt und die letzten Jahre in Münster. Großbritannien ist seine große Leidenschaft; etwa zweimal pro Jahr bereist er verschiedene Ecken der Inseln. Und etwa alle zwei Jahre meldet er sich unvermittelt, dass er durch Portsmouth kommt. Vor vier Jahren hat er in meinem alten Zimmer übernachtet, vor zwei Jahren kam er am Tag unseres Umzugs in Haus dann doch nicht mehr, und jetzt war es wieder soweit. Ich kenne ihn also nicht gut, aber irgendwie macht mir sein Besuch jedes Mal Spaß. Einerseits ist es einfach schön, in der eigenen Sprache und Kultur zu operieren. Weiterhin gefällt es mir einfach, dass er meinen alten Lebensstil führt - viel unterwegs, anspruchslos und einfach als Gast. Er war zu dem Zeitpunkt schon zwei Woche im Land gewesen, in Schottland wandern und kam gerade aus York. Wir sind an dem Abend ans Meer gegangen, von wo er seine alte Stadt auf der Isle of Wight sehen konnte. Dann haben wir gegessen und sind ins Spielecafe gegangen. Während ich am nächsten Tag arbeiten musste, ging er am Meer Frühstücken, fuhr dann nochmal nach Winchester und schließlich weiter nach London. Ein bisschen neidisch war ich schon.
Apropos altes Leben: mein altes Parfüm ist alle. Noch bevor ich das erste Mal nach England zog, hatte mir Papa in Templin eine teure Flasche Dior gekauft. Da ich fast nie Parfüm benutze, hat es mich über all die Jahr begleitet, meist in meiner Waschtasche in meinem Koffer, alle aus der gleichen Zeit. Wenn ich es mal rausgeholt habe, hat es immer gefallen - Ellie hatte vor einiger Zeit gesagt, ich sollte es mehr tragen. So ist es jetzt alle. Aber die Ersatzflasche steht schon seit mehreren Jahren daneben bereit.

Heute haben wir in Chichester schonmal einige Babysachen gekauft (die schicken aus dem teuren Laden). Außerdem dürfen wir in eine neue Waschmaschine investieren. Wenigstens das Auto ist ohne neue Reparatur durch den TÜV gekommen. Thomas muss sich um so etwas alles nicht kümmern. Die letzten Wochenenden habe ich das Gefühl, dass ich praktisch nichts mehr unternehme. Mir bleiben die kleinen Freuden, wie heute morgen am Meer, nachdem ich das Auto früh zur Durchsicht gebracht hatte. Der Wind blies, die Wellen brausten, die Sonne schien und ich genoss die Exotik, mal vor 9 Uhr am Meer zu stehen.

Sonntag, 20. Oktober 2019

Momentan arbeite ich richtig hart. Mir war immer klar, dass meine alte Abteilung gemütlich war und sich das ändern würde, aber diese letzten Wochen bin ich ziemlich erschöpft. Ich programmiere praktisch den ganzen Tag, unter Zeitdruck und in einer Sprache die ich weiterhin erst lerne.

Darum kam es mir doppelt entgegen, dass Ellie am letzten Freitag nach London wollte und wir uns so einen Tag Urlaub nahmen. Im dortigen Japan-Haus gab es nämlich einen kurzen Gratisauftritt einer Geisha und einer Azubi-Geisha, beide aus Kioto wo wir ja unsere Portion Geishakultur abbekommen hatten. Genau gesagt natürlich Geikokultur. Sie haben zwei Tänze aufgeführt und dann Fragen beantwortet und man konnte sich mit ihnen fotografieren lassen. Das Japan-Haus war auch selbst einen Besuch wert. Es ist vor allem ein Ausstellungsraum für japanische Qualitätswaren, viel Kunsthandwerk und handgemachte Haushaltsgegenstände, alle wunderschön und simpel und extrem teuer.
Anschließend haben wir japanisch gegessen und sind noch kurz ins Britische Museum gegangen. Assyrische Statuen für mich, Japan für Ellie.

Am gleichen Tag spürte ich, dass ich krank werde und dieses Wochenende mache ich erstmal gar nichts um mich zu erholen. Etwas schade, dass ausgerechnet jetzt Mathieu samt derzeitigen Freundin zwei Nächte in Portsmouth weilt. Ich kann nicht soviel mit ihnen machen wie ich gerne würde.

Neues von Bäbä: der Bauch wird sichtbar und Ellie fühlt wie sich das Kind manchmal bewegt. Außerdem hat sie Ischiasbeschwerden, sodass ich meine Übungen jetzt nicht mehr alleine mache. Donnerstag ist die nächste Ultraschalluntersuchung und wir erfahren das Geschlecht. Namen machen mir weiterhin Kopfzerbrechen... wenn wir ehrlich sind ist Johannes der einzig gute Männername.

Zeitlich und klimatisch geht es stark auf Weihnachten zu. Das Chorprogramm macht mir dahingehend viel Freude, mit den Magnificats zweier Bachsöhne. Zusätzlich hat mir ein Mitsänger eine Lernhilfe für Johann Sebastians Weihnachtsoratorium gegeben. Vor zwei Jahren hatte ich mir die Noten dazu gekauft und diverse Choräle selbst am Klavier gelernt, aber die schwierigeren Stücke benötigen fortgeschrittene Resourcen.

Außerdem denken wir viel und lang über diverse Versicherungen nach, die uns zur Absicherung des Hauskredits empfohlen werden. Ich werde in nächster Zeit rumfragen, wieviel Schutz andere Leute haben. Und die Waschmaschine braucht Reparatur und das Auto auch und das halbe Haus sowieso.

Montag, 14. Oktober 2019

Märchenpärchen

Neulich haben uns Freunde gebeten, noch einmal Fotomodell zu spielen. Dazu sind sie mit uns in den New Forest gefahren, um romantische Pärchenbilder zu machen. Alles gestellt, aber schön.

reines Selfie im Wald

die Pferde laufen immer noch frei herum

Unsere Freunde weisen Ellie ein




Nebenbei... habe ich eine unechte Pfeife