Samstag, 4. Oktober 2014

Sturmfrei

Allein zu Haus
Ein Wochenende hatte ich den ungewohnten Komfort einer eigenen Wohnung, als Ellie in Manchester war und ich ihre vier Wände und Katze hütete. Bei der Gelegenhein habe ich Ellie verstehen gelernt, die wegen der Katze ungern lang aus dem Haus ist. So sehr ich die Katze mag, wuerde mein Lebensstil langfristig kein Haustier vertragen, denn ich schluepfte ganz schnell in meinen normalen Wochenendstil und war fast nur unterwegs. Ganz ehrlich hatte ich mich auf ein Wochenende allein (Freunde waren auch beschäftigt) gefreut, mit Zeit nur für mich und diverse Aufgaben, die immer liegen bleiben. Zum Beispiel früh aufstehen und morgens am Meer spazieren gehen, konzentriertes Lesen und Singen. Daraus ist aber nichts geworden, da die Abende alle viel länger dauerten als gedacht. Schöne Stunden tagsüber waren aber doch drin. Neben vielen kleinen Erledigungen wurde ich Samstag zum Beispiel zum Mittag bei meiner griechischen Freundin Myropi eingeladen, deren Mutter Ellie und mich seinerzeit so verwöhnt hatte.
Am selben Abend hätten wir ja auf der Bühne Tango tanzen sollen, nach der Absage war dann von einer Frau unserer Truppe trotzdem eine Feier organisiert worden. Die hat einen richtigen Landsitz mit einer extra Tanzhalle. Leider ist das Tanzen erst spät in Gang gekommen und ich war dementsprechend spät zu Hause, zumal ich von meinen Fahrern abhängig war.

Oxford

Am Sonntag hatte ich ursprünglich Ellies Abwesenheit für einen ordentichen Ausflug nur mit Mathieu nutzen wollen. Als wir uns für Oxford entschieden, luden wir aufgrund der günstigen Lage Elizabeth und Adrian aus Bristol dazu, aus der Gruppe, die im Sommer in Portsmouth waren und die wir alle, inklusive Ellie, in 3 Wochen besuchen werden. Mathieus polnische Freundin traf ich hier auch zum ersten Mal. Sie kommt aus der Kleinstadt Lowicz nördlich von Lodz, wo ich mehrmals gewesen bin, u.a. zur Fronleichnamprozession. Wir nahmen unsere Räder mit und sich nach der Ankunft erstmal an der Themse langgefahren. Mittag aßen wir am Wasser und gingen dann im Park des Christchurch College spazieren, wo Kalina und ich vor 2 Jahren so glücklich in die historische Esshalle gekommen sind, bekannt aus Harry Potter Filmen. Jetzt stand die Schlange bis vors Tor.
Auch den wunderschönen und viel ruhigeren Park hinter dem Worcester College besuchten wir.
Nur zurück sind wir wieder viel zu spät gekommen. Ich habe noch schnell meine bulgarischen Mitbewohner verabschiedet, die am nächsten Tag auszogen. Dann schnell zurück in Ellies Wohnung und die Katze gefüttert. Montag morgen war ich genauso unausgeschlafen wie nach normalen Wochenenden mit Ellie.

Zu Hause

Ein weiteres Wochenende spaeter habe ich auch Ellies Vater kennen gelernt, der sie fuer einen Tag besuchen kam. Die Eltern hatten sich getrennt, als Ellie 7 war; die Mutter hatte ich beim Umzug vor einem halben Jahr getroffen.

Im Übrigen ist es entgegen landläufiger Erwartung weiterhin möglich und lohnend, schwimmen zu gehen. Abends kommt meistens nochmal richtig die Sonne raus und ich sollte viel häufiger am Meer sein als ich es schaffe. Manchmal ist der Sommer praktisch zurück. Am Morgen vor der Fahrt nach Oxford liefen wir alle in kurzen Hosen und Sandalen rum. Das Licht über dem Meer ließ die Isle of Wight optisch verschwinden und man sah hinaus wie auf offenes Wasser, wie in Warnemünde.

Das Filmfestival in Portsmouth konnte ich nicht viel nutzen, habe aber mit Mathieu noch den palästinensischen Film "Omar" gesehen. Mit ihm habe ich auch ein neues Großtreffen in Bristol festgelegt, was am letzten Wochenende vor meiner Fahrt nach Istanbul stattfinden soll. Dabei werde ich mit Ellie bei der gleichen Frau übernachten, bei der ich vor einem Jahr eine Nacht auf der Durchreise zur Konferenz in Wales geblieben war.


Zwischenzeitlich hatte ich einige Beschweden mit meiner Mundschleimhaut. Das ging zwar von allein vorbei, hat mich aber zumindest dazu gebracht, mich endlich bei einem Zahnarzt anzumelden.

Ich hatte inzwischen seit vier Jahren keine Untersuchung mehr, seit ich nach York gegangen bin. Damals hieß es, Wartezeit 18 Monate und das hat bis heute mein Verständnis des britischen Versorgungssystems bestimmt. Jetzt stellt sich raus, ich war nicht ganz richtig informiert. Verwirrt bin ich weiterhin zwischen der Option Privat- und Kassenpatient. Letztere ist natürlich billiger, aber jeder Zahnarzt nimmt nur eine bestimmte Anzahl und ich dachte die Plätze sind alle voll. In der Tat ist auf Nachfrage kaum jemand aus meinem ausländischen Bekanntenkreis angemeldet. Jetzt ging das aber ohne Probleme. Den ersten Termin habe ich Anfang November und ich freue mich auf die erste Bilanz nach vier Jahren.

Auf der Arbeit wurde mein in Wales geplanter Vortrag abgesagt, was mir eine Reise ersparte. Dafür hatte ich eine von mir so geschätzte Fortbildung an einem Datenverarbeitungsprogramm. Ansonsten war es ruhig, da meine Chefin zwei Wochen auf Urlaub war. Dafür betreue ich einen neuen Kollegen, der frisch von der Uni kommt.


Auch einen neuen Mitbewohner haben wir. Er heißt Paolo und ist englischer Erstsemester. Im Moment sehe ich aber weder von ihm noch von den anderen etwas, weil ich so wenig zu Hause bin.


Zuletzt gibt es frohe Botschaften: Es gibt seit kurzem richtiges, frisch gebackenes Brot in Portsmouth. Ein tschechisches Pärchen hat eine Bäckerei eröffnet, wo sie zwei Sorten normales Sauerteigmischbrot anbieten ohne Schnickschnack. Handgemachtes Brot ist zwar generell populär geworden in England, doch meist ist es eher von französischer Art, zu weich und in unnötigen Varianten mit Tomaten oder Oliven.



Immer eine gute Zeit: am Meer.
Mathieu und Freundin am Fluss.