Samstag, 13. Juli 2013

Sonne, Meer, Sonne, Meer, Sonne...

Hatte ich jemals gedacht, der Sommer würde ohne Chor und Kaltwasserexperiment gemächlicher, so beweist mir auch der Juli das Gegenteil. Ein typisches Sommerwochenende: Cristina hat mich zu einem Treffen von Hobbykayakfahrern am Strand der Insel Hayling (wo ich im letzten September fast von der Flut überrascht worden war) mit Grill eingeladen. Das war ein Dutzend Leute und einige Boote an einem perfekten Sommertag am Strand. Ich bin zum ersten Mal seit 2006 Kayak gefahren und auch prompt gekentert, aber das Wasser war an diesem sonnigen Tag ohnehin der angenehmste Ort. Später bin ich nochmal mit kurzer Hose in die Brandung gesprungen, trocknet alles von selbst.
Am gleichen Tag fand ich noch einen tollen Platz in Portsmouth, eine ehemalige Kirche, die in 32 Einzelateliers für lokale Künstler umgewandelt worden ist. Die hatten gerade offenes Wochenende und ich hatte einfach nicht genug Zeit für so ein großes Projekt mitgebracht. Abends gab es bei Mathieu noch mehr Grillen mit seinen Nachbarn unter einer Linde.
Sonntag morgen habe ich meine neuen bulgarischen Mitbewohner kennen gelernt, ein Mädchen und zwei Jungs aus Sofia und Umgebung. Machen hier Praktika über den Sommer. Sie sind zwar erst 19, aber alle nett und zuverlässiger als meine übliche Truppe.
Dann mit Mathieu schwimmen. Dann zum Tag des offenen Schiffs im Marinehafen. Dann Mittag im französischen Restaurant. Dann schnell weiter zum Kunstprojekt, alles von gestern nachholen. Ein Künstler verteilt gratis Bilder, ich kriege eine beängstigende rotschwarze Figur. Wir picken eine weitere Sommerbewohnerin der Stadt auf, die im Weingarten mal schnell ihre Wasserfarben aus der Handtasche holt und uns was malt. Abends zu dritt Grillen am Meer.
Alles also wie ich es mir im Idealfall vorgestellt habe, damals in Rostock, von einem Leben am Meer. Und was fühle ich am Ende am meisten? Frust. Dass wir das Konzert am Meer nicht geschafft haben. Das wir nicht zum Poesieabend in diese Kneipe gekommen sind, in der soviel Musik stattfinden soll. Dass ich wieder nichts für geschafft habe für Gesang, Walzer, Tango, Literatur, Statistik, Russisch. Überangebot, kulturell und sozial, war selten mein Problem. Ich bin daran gewöhnt, alles unterbringen zu müssen. Und die Unmöglichkeit, hier alles zu machen, macht mich wahnsinnig. Durchreisende kann ich schon lange nicht mehr aufnehmen, und habe jetzt auch offiziell das Angebot zurückgezogen. Im Sommer in Portsmouth werde ich vermutlich lernen, Prioritäten zu setzen.

Eine Woche später kehrten Cristina und ich an die gleiche Stelle auf der Insel Hayling zurück, um dort den ersten richtigen Strandtag in diesem Sommer zu verbringen. Es gab sogar richtigen Sand, Kinder tobten, ich habe ordentlich Sonnenbrand gekriegt. Am Tag darauf kam mich Kalina in einem bezaubernden Sommerkleid zu meinem Geburtstag besuchen. Bei drückender Hitze spazierten wir das Meer hinab bis zum Sonntagskonzert, bei dem ich zum ersten Mal tanzte. Inzwischen sind alle Geburtstagspakete und - briefe angekommen und mit Dank bedacht worden.
Eine weiter Woche darauf bin ich auf eine Bauchtanzschau gegangen. Die war von einer meiner Tanzlehrerinnen organisiert worden, die hauptsächlich in dieser Richtung aktiv ist. Am Sonntag darauf gab es den lang erwarteten Höhepunkt der sommerlichen Konzertreihe am Meer, das lateinamerikanische Programm. Dazu traf sich die gesamte Salsagemeinde der Stadt und tanzte sich in der sengenden Sonne die Absätze von den Schuhen. Ich konnte nur die ersten zwei Stunden mitschwitzen, denn danach war Tangostunde. Dort üben wir jetzt alle paar Sonntage für einen Auftritt irgendwann. Für den Gesangsunterricht übe ich jetzt aus dem Buch 28 Italienische Lieder und Arien des 17. und 18. Jahrhunderts. Lesen tue ich das kurzweilige Comicbuch Persepolis.

Auf der Arbeit verlässt meine direkte Vorgesetzte leider das Team. Das wird allgemein bedauert, weil unser Gruppenleiter allgemein als inkompetent angesehen wird und sie de facto für Führung gesorgt hatte. Ersatz wird gerade erst geplant, wir haben ohnehin zu wenig Leute, und keiner in meinem Projekt hat große Lust, direkt dem Leiter zuzuarbeiten. Offenbar wurden umfangreiche Absprachen getroffen, um uns von anderen Gruppen indirekt zu steuern. Im Moment kann ich mich selbst genug orientieren, da ich mit der Zeit ein bestimmtes Projekt übernommen habe, das ich jetzt recht gut kenne und mit einer Kollegin selbstständig beackere. Ich persönlich bedauere den Weggang, weil mir meine Chefin gerade am Anfang massiv durch Schwierigkeiten geholfen hat.

Beim Kayaktreffen. Beim letzten Mal 2006 hatte ich leider noch keine Digitalkamera.
  Am Strand der Insel Hayling ist wieder Sommer.
Tag der Streitkräfte. Kinder mit MGs.

Irena aus dem Kunstzentrum malt uns im Weingarten was.


Mit Kalina an der Promenade.

Mit englischen Schönheiten auf dem Konzert.

Meine allerschönste im Rosengarten. Vor dem Ausgang zum Meer.


Einige Woche früher, auf dem Weg in den Neuwald. Auch Southampton blüht.

Kürzlich hatte ich Zeit, nach der Arbeit wieder an die Fischteiche der alten Abtei Titchfield zu fahren.

Ein Feld hinter den Fischteichen. Manchmal wird mir richtig wehmütig nach der Uckermark.

Die Große Scheune, in der ich vor einem Jahr mit Monika und Kollegen Shakespeare gesehen habe.