Freitag, 27. April 2018

Ans Licht gebracht

Das Wochenende nach Papas Besuch war das bisher schönste dieses Jahr und ich habe einen lang gehegten Plan umgesetzt: wir sind einmal früh aufgestanden und ich bin in den Hafen geradelt um mich mit einem Kaffee in die Sonne zu setzen und die Schiffe ein- und auslaufen zusehen. Außerdem habe ich frischen Rochen gekauft, aber der ist nichts geworden.
Anschließend sind Ellie und ich mit dem Zug bis kurz vor Winchester gefahren und den Fluss Itchen entlang in die Stadt gelaufen. Diese Strecke bin ich schonmal mit Kalina gegangen und man kommt am Heiligkreuzspital vorbei, das seit 1204 alte Menschen aufnimmt. Es blühte noch nicht so ganz wie erhofft, aber es war warm genug um vor der Heimfahrt vor der Kathedrale im Zentrum zu picknicken.

Abends ist Ellie zu einer Bauchtanzaufführung gegangen und ich bin per Zug und Fahrrad nochmal aufs Land zum Sternegucken. Die Hubertuskapelle hatte die nah gelegene Sternwarte eingeladen, ihre Teleskope rüberzuschaffen. Leider war der Abend stark verregnet und ich wurde sowohl auf Hin- und Rückweg sehr nass. Sterne konnte man so natürlich auch nicht sehen, dafür gab es Vorträge in der Kirche. Die war proppenvoll, unter anderem mit vielen Kindern, die nun eben nicht nach oben gucken konnten und mit der Zeit dementsprechend gelangweilt wurden. Aber: es gab heiße Schokolade! Es wurde über den Mond gesprochen, anschließend wurde anhand von zwei Lampen vor der Orgel Spektroskopie demonstriert und am Ende konnte man noch Meteorfragmente angucken. Das habe ich ausgiebig getan, denn ich hatte Zeit zu füllen bis zum nächsten Zug. Als die Autos alle weg waren, habe ich darum draußen noch die Dunkelheit genießen können. Kriegt man ja sonst nicht hier, schon gar nicht in der Stadt. Zum Beispiel verstand ich, wie Natur früher auf die Menschen gewirkt haben muss, weil über Portsmouth die Blitze zuckten und für Sekundenbruchteile ganze Landschaften zeigten, die sonst nicht zu sehen waren. So sah ich bei der Abfahrt von der Straße auch noch, dass über dem Eingang zur Kapelle ein beleuchtetes Kreuz hängt. Die Kapelle selbst sah man aber aus 200 Metern schon gar nicht mehr. Und so schien das Kreuz dort in der Dunkelheit in der Luft zu schweben. Ich selbst musste mich dann zum Bahnhof kämpfen. Nicht nur war es dunkel, auch wusch mir der plötzlich wiederkehrende Regen die Sonnencreme in die Augen, die ich tagsüber noch gebraucht hatte. So war ich zur Dunkelheit noch praktisch blind. Und Sterne habe ich auch nicht gesehen. Aber das Erlebnis war es wert.


Morgens am Hafen
Nachmittags im Garten des Heiligkreuzspitals.

Unsere Versuche, Buddha das erste Mal in seinem Leben außer Haus zu lassen, haben bisher bis hierhin und keine Tatze weiter geführt

Dienstag, 24. April 2018

Papas Besuch

Mitte April besuchte uns Papa ein langes Wochenende über seinen Geburtstag. Nach Kalina war er der zweite Gast, und der erste aus der Familie, der unser Gästebette benutzte. Buddha hat sich daran gewöhnt. Das Wohnzimmer war gerade fertig gestrichen. Außer eben nicht fertig gestrichen. Er erwischte das erste trockene Wochenende des Jahres - richtig gut wurde es aber leider erst am Tag seiner Abreise.
Zusammen sind wir zum Fußball in Southampton. Meiner Erinnerung  nach war ich das letzte Mal 2007 in Polen bei einem Spiel, und das letzte Mal in England 2005 bei Newcastle. Damals wie diesmal spielte man gegen London Chelsea. Southampton spielt in der ersten Liga, noch zumindest, denn wir haben gesehen, warum sie auf Abstiegsplatz sitzen: sie haben ein 2:0 noch 2:3 verloren. Mit viel Glück hatten wir noch zwei Karten an der Tageskasse bekommen. Wir saßen direkt neben dem Gästeblock und haben viele Gesänge und einige schmutzige Gesten gesehen. Beobachtungen:
in England gibt es keine Zäune zwischen den Blöcken, und das obwohl die Fanblocks direkt nebeneinander liegen. Die Athmosphäre war sehr gut, im Stadium wie auch in der Umgebung, obwohl es in einem Industriegebiet. Viele Familien, kaum Krawall, wir fühlten uns sogar in einer Kneipe wohl, die sonst ziemlich runtergekommen gewirkt hätte.
Sonntag sind wir zu dritt zum Haus Stansted wandern gegangen, wo Papa noch nicht gewesen war und ich war dieses Jahr ohne Auto noch kaum in die Natur gekommen. Leider ist das ganze ziemlich ins Wasser gefallen. Dafür haben wir im Hofladen gut eingekauft und ich habe gelernt, dass Taxis zum Bahnhof auch dort draußen billig sind.
Ich hatte mir auch Montan und Dienstag freigenommen und wir sind auf Papas Wunsch zu zweit zum Katastrophentourismus nach Salisbury gefahren. Natürlich sind wir in die Kathedrale gegangen aber zuerst hat Papa viele Fotos von Restaurants und Parks gemacht, wo die Russen ihre alten Spione und zufällige Passanten vergiften. Unser Essen haben wir aber überlebt.
Nur waren wir nach dem dritten Ausflug in Folge völlig fertig. Am letzten Tag sind Papa und ich einfach nur mit dem Bus zum Aussichtspunkt auf dem Hügel über Portsmouth gefahren. Das war insgesamt die angenehmste Aktion und ich werde mir merken, in Zukunft nicht mehr soviel mit meinen Gästen zu machen. Ich war ewig nicht mehr Bus gefahren und werde auch daran denken, dass die hier richtig schnell und billig sein können. Das war auch Papas Geburtstag und wir haben ihn abends zum Essen in eine unserer Lieblingskneipen eingeladen.

Kathedrale von Chichester. Ich mochte den Kreuzgang immer am meisten.

Geburtstagsessen 
Aussichtspunkt über Portsmouth



Donnerstag, 12. April 2018

1. April - York

Ich hasse Heimwerken. Dauert ewig, klappt meistens nicht, deprimierend langweilig. Im Garten umgraben ist zumindest an der frischen Luft, aber den ganzen Tag drinne hocken - genau darum würde ich mir selbst nie ein Haus besorgen. Und genau das ist natürlich passiert. Wir haben ein ganzes Wochenende das Wohnzimmer neu gestrichen und waren immer noch nicht fertig, dann habe ich weitere wertvolle Abende hinterhergeschmissen und die alte Farbe scheint immer noch durch, dann haben wir erstmal aufgegeben und dann nimmt das Abklebeband die halbe Farbe wieder ab. Also brauchen wir vielleicht einen Maler? Aber dafür müssen wir erstmal ansparen - und das ist dank des Hauskredits schwierig. Einmal mehr hab ichs ja gleich gesagt. Persönlich habe ich schon immer gedacht, dass Heimwerker Menschen ohne Leben und Persönlichkeit sind.

Deswegen jedenfalls habe ich lange nicht über den derzeitigen Höhepunkt des Jahren geschrieben: unsere Reise nach York, Ende März, über Ostern. Für mich war das der erste Besuch seit 2013. Damals war ich mit Kalina und ihren Schwester da, etwa zwei Jahre nach dem Ende meines Studiums dort. Seit meinem ersten Besuch 2005 war das allerdings schon der vierte Besuch, ohne das Studium mitzurechnen. Als Unterkunft hatten wir uns ein Ferienhaus gemietet, etwas zehn Minuten vom Zentrum, in einem Viertel, was mir noch unbekannt war. Gefahren sind wir per Leihauto. Siebenheinhalb Stunden hin. Sechs Stunden zurück. Wir wollten die Mobilität, einen Tag in die Umgebung zu fahren, besonders zur Abtei Fountains. Bisher hatte noch jedes Mal die Sonner geschienen und die Osterglocken entlang der Stadtmauer geblüht. Aber daraus wurde nichts, es regnete praktisch durch, besonders am letzten Tag, der für den Ausflug vorgesehen war.

Der erste Tag war ganz dem Münster gewidmet. Die Ausgrabungsausstellung im Unterkunft hatte sich stark veränder. Abends haben wir noch eine alte Schulfreundin von Ellie getroffen und waren mit deren Bekannten tanzen. Zur Erinnerung, im Studium hatte ich am Ende so die Schnauze vom Nachtleben voll, dass ich mich am Wochenende vom Zentrum ferngehalten habe. Ich war damals richtig froh, wieder aus dem Land zu kommen und hatte am Anfang in Portsmouth starke Vorurteile, die sich über die Jahre etwas abgeschwächt haben. Wie es scheint, ist in York alles beim alten: an diesem Abend waren all diese Freunde besoffen und sogar Ellie sind die halbnackten Mädchen auf den Straßen aufgefallen.

Am Ostersonntag sind wir zur Ostermesse, zum dritten Mal inzwischen. Damals bin ich ja jeden Sonntag zum Münster gegangen und ich finde den Erzbischof und den Psalm 150 des Chors immer noch Spitze. Danach haben wir nochmal Ellies Freundin in einem Cafe getroffen, dass ich damals wegen seiner Lage an der Stadtmauer sehr gemocht hatte. Die haben uns Geschichten vom Vorabend erzählt, wie man sie sich von Enddreißigern nicht vorstellt. Nachmittags waren wir im Wikingermuseum, in einem polnischen Restaurant, was damals noch ein neuer Lebensmittelladen war, und sind die Stadtmauern abgelaufen. Montag hatten wir eigentlich in die Umgebung gewollt, stattdessen haben wir Zuflucht in jedem noch übrigen Museum gesucht. Das waren nur noch das römische Bad unter einem Pub, ein mittelalterliches Stadthaus und am Ende viele Geschäfte. Letztendlich haben wir aufgegeben und uns in Kneipe gesetzt, die mir noch in guten Erinnerung war. Und das war dann auch ganz schön. Zwischendurch haben wir viel und gut gegessen und Cafes frequentiert. Auf jeden Fall besser als Heimwerken.