Im
Juni wurde bald klar, dass der Sommer zwar da ist, aber verhaltener
als das letzte Maiwochenende zu Hoffen gab. Die langen Grillabend am
Strand waren also spärlich, aber gelingen mir nach und nach einige
der wichtigeren Pläne des großen Selbstverwirklichungsprogramms. Des weiteren macht sich im Vergleich zum
Vorjahr der Vorteil eines sozialen Netzwerks bemerkbar. Alles
zusammen führt dazu, dass es mir ausgesprochen gut geht, solange ich
nicht zu lange allein bin.
Am
Meer
Zum
einen gibt es durchaus die sonnigen Abende nach heißen Tagen im
Büro, an denen ich mich abends mit einem Buch an den Strand lege.
Dann sind mit dem Juni die gratis Konzerte am Meer wieder
losgegangen. Mit Mathieu und auch meiner italienischen Tangopartnerin
Cristina samt fünfjähriger Tochter saß ich auf der Wiese voller
Menschen und Grillgeruch, in praller Sonne, und wie im letzten Jahr
wird auch richtig getanzt.
Der
eigene Grill ist zwar noch nicht organisiert, dafür habe ich das
erste richtiges Essen in unserem 'Garten' hinter dem Haus
ausgerichtet, für Mathieu und zwei weitere Bekannte. Das habe ich
ganz allein zubereitet und war nach drei Stunden hektischem Kochen
durchaus stolz darauf. Später abends kamen zwei Mädchen aus
Frankreich für zwei Nächte, die Portsmouth besuchten. Leider
stellten sie sich als absolut nutzlos und interaktionsunwillig
heraus, und wie ich später erfuhr, hatte eine Bekannte die gleichen
Erfahrungen mit ihnen gemacht.
Unterwegs
Am
nächsten sonnigen Wochenende sind Mathieu wieder auf Tour gegangen
und haben den Gutspark Stansted nordöstlich von Portsmouth besucht.
Ich war noch nie mit dem Rad in dieser Richtung unterwegs gewesen und
wurde sehr überrascht, wie nah an zu Hause wir selbst eine
Landschaft von Eichenwäldern und Rapsfeldern ähnlich wie im New
Forest wartet, nur eine knappe Stunde Radweg entfernt. Bereits direkt
nördlich von Portsmouth laufen sehr schöne Wege mit Blick auf die
Buchten, die von den verschiedenen Halbinseln entlang der Küste
gebildet werden. Auf Stansted haben wir Käse und Wein in der Prallen
Sonne verzehrt und anschließend bin ich bereits oben ohne und dafür
sangesfreudig die Landstraße zur alten römischen Stadt Chichester
gefahren, deren Kathedrale ich zum ersten und letzten Mal fast ein
Jahr vorher mit Monika besichtigt habe.
Mitte
des Monats war Mathieu weg und ich war einmal allein unterwegs, um
andere Kontakte zu pflegen. Seit langem bin ich wieder über den
Hafen gesetzt und habe das Geschichtsdorf in Gosport besucht. Die
Leute dort hatte ich seit dem Tudor-Fest im Oktober nicht mehr
gesehen und ich habe mich über kommende Kostümierungsgelegenheiten
erkundigt. Abgesehen habe ich mich wieder von der Ruhe ihres im Wind
sanft wiegenden Waldstücks einfangen lassen. Weiterhin bin ich von
jedem Anblick eines leeren Felds und flächendeckenden Grüns
bezaubert.
Abends
bin ich mit Cristina vom Tango tanzen gegangen, aber nicht Tango,
sondern einen momentan wohl sehr beliebte Stil mit Ähnlichkeiten zu
1950er Rock'n'Roll. Am Folgetag besuchte ich sie
in ihrem Dorf Hamble, und zu meiner Freude schloss sich mit Kalina
endlich mal jemand einem Ausflug an. Wie seit vielen Wochen geplant
besuchten wir einen Traditionsbauernhof. Das war vor allem für
ihre fünfjährige Tochter gedacht, aber auch mich berührte ein
Ausflug aufs Land, und insbesondere auf eine Farm. Wir hatten auch
ein Picknick vorbereitet und spazierten in einem richtigen Wald
entlang eines Flusses, der fast wie einer der gestreckten
Uckermärcker Seen aussah. Es wirkte unverkennbar auf mich, einen Tag
in der Natur zu sein und das auch noch mit Freunden nicht nur teilen zu können, sondern ihnen selbst einen schönen Tag zu bereiten, zumal Kalina, die ja gerade erst hergezogen ist und zum ersten Mal alleine wohnt.
Kultur
Die
Filmgesellschaft hat einige Kurzfilme Charlie Chaplins gezeigt, zu
denen mir zu meiner Freude außerdem gleich vier Bekannte gefolgt
sind. Zuletzt hatte ich Filme aus der Zeit als Kind gesehen und sie
als ein bisschen staubig in Erinnerung. Chaplin aber überraschte
mich, wie frisch viele seiner Ideen noch wirken. Ein zweites Mal war
ich im Kino zu einer Live-Sendung aus dem Britischen Museum, wo man
von Experten durch die neue Ausstellung zu Pompeji und Herculaneum
geführt wird.
Dann
lese ich tatsächlich wieder ein Stück feministische Literatur, Den
Report der Magd, ebenfalls auf Empfehlung.
Im
Zuge meiner Suche nach einem Sommerchor hab ich einmal im Barockchor
mitgesungen. Der Dirigent war aber nicht gestimmt, jemanden drei
Wochen vor dem Konzert aufzunehmen, und dann machen sie selbst
Sommerpause. Also kein Singen bis September. Schade, denn sie singen
Heinrich Schütz, den ich schon immer mal singen wollte. Dafür nutze
ich den Sommer für zwei Pläne, die beide noch aus Rostock stammen.
Zum einen nehme ich jetzt Donnerstag nach der Arbeit
Gesangsunterricht bei einer Amerikanerin aus dem Uniorchester. Und
auf der Arbeit selbst gibt mir eine Kollegin ein paar Lektionen
Walzer. Den wollte ich festigen, seitdem ich mit Kasia am Warnemünder
Kai getanzt habe – das war 2010 vor der Abreise nach York.
Allein
zu Haus
Zu
Hause bin ich eine Woche alleine, nachdem Mitte des Monats auch
meiner letzter und bester Mitbewohner ausgezogen ist, der Architekt.
Im Gegensatz zu den anderen kommt er auch nicht mehr wieder, weil er
sein Studium abgeschlossen hat. Jetzt habe ich das Haus erstmal für
mich, aber Ende Juni kommen wie im letzten Jahr junge Bulgaren,
gleich drei Stück, bis September.
Auf dem Gartenfest in Stansted. |
Nach einer Pause im Bischofsgarten in Chichester |
Der Sommer ist zurueck im Hafen. |
Immer wieder erfuellt mich das umfassende Gruen des Geschichtsdorfes mit Freude. Der Hohlweg zur Fischerhuette am Ende ist genau wie ich ihn mir um 1642 vorstelle. |
Im letzten Sommer hatte ich einen speziellen Ort fuer diese Blumen gefunden und mir jetzt wieder neue geholt. Kasias Gemaelde inspiriert mich weiterhin. |
Mit Kalina und Jasmin am Fluss Hamble. |
Wir machen Musik am Spielplatzxylophon. |
Auf dem Bauernhof. |
Unbedachterweise hat man mich in die Speisekammer des Bauernhofs gelassen. |
Cristina und Kalina |
Der Rosengarten in Southsea. Durch das Tor hinten fahre ich zum Schwimmen ans Meer. |