Sonntag, 12. Februar 2017

Offen gesungen ist das toll

Samstag sind Ellie und ich zum Offenen Singen von Händels Messias in Chichester gegangen. Das heißt man trifft sich zum gemeinsamen Singen, angeleitet von einem Dirigenten und einem Organisten als Begleitung, und jeder darf mitmachen. In der Praxis trauen sich natürlich nur Leute hin, die das jeweilige Stück schon perfekt können. Wie beim "Üben" nach Tanzstunden. Und weil das fast immer Leute aus Chören sind, waren wir fast die einzigen Leute, die noch keine Rente beziehen. Das hatte ich schon bei einem Offenen Singen 2012 beobachtet. Damals wurde auch der Messias gesungen. Das ist kein Zufall - Händels Oratorium hat, so hört man oft, die englische Amateurchorbewegung praktisch im Alleingang gegründet. Nach seinem Tod vervielfachten sich sowohl die Anzahl der Aufführungen als auch die Größe der Chöre - lange Zeit waren 1.000 Leute keine Seltenheit. Bis heute ist es eines der beliebtesten Stücke für Amateurchöre. Auch darum kommen viele Leute zu so einer Veranstaltung - die haben das alles schon ein paarmal gesungen und sind dementsprchend stolz darauf. In der Tat wird der Messia hier als besonders britisch betrachtet und wie vor vier Jahren berichtet gibt es eine Tradition, beim berühmten Hallelujah aufzustehen, auch wenn niemand so genau weiß, warum. 
Anders als damals bin auch ich diesmal nicht ohne Vorkenntnis hingegangen - unser eigener Chor probt das Stück gerade für ein Konzert am 18. März. Für mich also eine zeitlich sehr passende Übung, aber auch Spaß. Die Barockmusik des Messias ist so angenehm und einfach zu singen, dass ich es gerne zweimal mache. Am besten hat mir eine Wiederholung des Hallelujah ganz am Ende gefallen, zu dem wir zusätzlich von einem ganz tollen Piccolotrompeter begleitet wurden.
Die Veranstaltung war durchaus lang, von 11-17 Uhr, aber mit Pausen, Solovorträgen von Gesangsschülern des Dirigenten, und nicht zuletzt einem Vortrag meines eigenen Dirigenten. Der macht derzeit allenthalben Werbung für unser Konzert, denn mit dem Messias wird traditionell Geld für wohltätige Zwecke gesammelt.

Außerdem hat unser Auftritt eine besondere Bewandnis: unser Dirigent hat, als Akademiker, eine besondere Aufführung in Portsmouth von 1812 erforscht. Auch damals wurde Geld gesammelt, unter anderem mit der berühmten italienischen Sopranin Angelica Catalani. Die war eine waschechte Diva und hat u.a. einfach die Aufführungspraxis verändert um nichts vom Rampenlicht abzugeben. Nach dem Hallelujah des Chors z.B. hat sie einfach eine völlig fremde Arie eingefügt, und andere Chorstücke allein übernommen. Das wollen wir wohl auch machen; mit welchem Lied ist ein Geheimnis, und dem Publikum wird vorher nichts gesagt. Denn dann kann man das als Akademiker zusätzlich als Forschung verwenden. Mal sehen wie das ankommt.

Nachtrag: Mathieus Besuch
Mein englischer Tag bei Haus Uppark.
Gleichzeitig in Portsmouth.
Der Abend in Bosham.
Der Flutscheitel. Bei Ebbe wird eine Straße freigegeben. Was wohl bei einer Sturmflut passiert?
In der örtlichen Kneipe. Wir sind aber doch nicht zum Rateabend gefahren, sondern haben uns eine Astronomievorlesung in einer Kneipe in Portsmouth angehört.

Sonntag, 5. Februar 2017

Männer im Museum

Das Wochenende nach dem Ausflug mit Mathieu nach Uppark habe ich zwischen ihm und Ellie geteilt. Samstag haben Ellie und ich uns informiert, wieviel Geld uns Banken für ein Haus leihen würden. Das war für einen Deutschen den Umständen entsprechend beruhigend, weil wir mit echten Menschen statt Vertretern zu sprechen schienen. Außerdem habe ich Plätzchen nach einem Rezept Friedemanns Mutter gebacken!
Sonntag habe ich mit Mathieu den römischen Palast in Fishbourne besucht. Dort war ich schon zweimal gewesen, aber beide Male im ersten Jahr hier, also schon vor drei Jahren. Damals musste ich solche Sachen schnell besuchen, weil ich nur ein Jahr in Portsmouth bleiben würde. Diesmal hat es mir am besten gefallen, nicht nur, weil ich mir inzwischen einiges Wissen angeeignet habe, sondern auch, weil das Wetter perfekt für Museen war und wir Zeit hatten. Vier Stunden haben wir dort verbracht, inklusive einer sehr guten Führung und diversen Fragen.
Danach sind wir ins nahe gelegene ehemalige Fischerdorf Bosham gefahren, was heute teures Pflaster ist. Da war ich seit meinem ersten Besuch vor vier Jahren nicht mehr gewesen, weil es mir damals nicht gefallen hatte. Diesmal habe ich meine Meinung völlig geändert. Die Sonne ging hinter der alten Kirche unter, drinnen spielte der Organist und der ruhige Hafen nach Sonnenuntergang war wie ein Bilderbuch. Eine Kneipe am Wasser hat uns so gefallen, dass wir uns gleich zum Rateabend am Dienstag angemeldet haben. An diesem Tag habe ich mich dank Aktivität und gemählicher Geschwindigkeit wirklich entspannt. Es ist wirklich gut, einen Kumpel da zu haben.
 
Vor Kurzem habe ich endlich das letzte der sechs Bücher von Per Anhalter durch die Galaxis beendet. Jetzt ist Zeit für Die Seidenstraßen, die ich zu Weihnachten halb durchlesen konnte. Nebenbei werde ich mir etwas kurze Belletristik suchen.
Zuletzt nehme ich endlich wieder den Gesangsunterricht auf. Ich treffe mich auch wieder mit diesem Studenten, der mich auf dem Klavier begleitet und am liebsten Schubert spielt.




Samstag, 4. Februar 2017

Was Wellington nicht wollte

West Wittering
Zwei Wochen nach dem ersten Versuch habe ich es dann doch noch zum Strand in West Wittering geschafft. Das erste Mal bin ich ja stattdessen in einem Vogelschutzgebiet rausgekommen. Das ist tatsächlich sehr nett dort, wenn auch windig, aber eine schöne Sicht auf die Isle of Wight und das offene Meer. Sogar Portsmouth kann man am Horizont noch erkennen. Der Strand ended in einer Wanderdüne, die natürlich dem National Trust gehört, ob der reichen Flora und Fauna. Sogar Robben gibt es, ich habe aber keine gesehen. In den Dünen ist man aber vom Wind geschützt und es hat mich direkt an Hiddensee erinnert. Zurück in Portsmouth habe ich abends das Teleskop zum Strand genommen. Ich glaube, ich habe die Venus gesehen.

Haus Uppark
Am nächsten Tag kam Mathieu auf der Durchreise nach Costa Rica eine Woche zu mir. Er hatte ja Mitte Dezember seine Arbeit aufgegeben und macht jetzt mal wieder längere Zeit Pause. Ich kann mir ja nur einen Tag freinehmen, aber an dem haben wir das Herrenhaus Uppark besucht, ebenfalls im Besitz des National Trusts. Das liegt in sehr schönen Buchenwäldern in einem weiteren Stück dieser wunderschönen Landschaft um die Hubertuskapelle, in das ich bisher noch nicht vorgestoßen war. Der Nebel hing in den Wäldern, locket mit Blicken auf entfernte Hügel und verdeckte sie dann wieder. Das Haus hatte an diesem Januarmittwoch wenig Besucher; wir bekamen eine Führung nur für uns und durften viele Fragen stellen. H.G. Wells' Mutter war dort Haushälterin; in ihrem alten Zimmer liegt die Kopie seines Aufnahmeantrags in die örtliche Schule. In den Ferien half er ihr, denn sie war keine gute Organisatorin. Einige seiner Bücher spielen in Orten, die doch verdächtnis wie Uppark wirken. Der feiersüchtige Prinzregent Georg IV hat dem Sohn der Familie beim Verprassen des Erbes geholfen, bis dieser mit 70 Jahren entschied, dass es Zeit ist sich niederzulassen und eines Morgens eine 19 jährige Milchmagd heiratete und mit ihr glücklich nach 21 Jahre lebte. Und General Wellington lehnte das von der dankbaren Nation angebotene Anwesen wegen der steilen Anfahrt ab. Sagt der Besucherführer.
Auf dem Weg konnten wir an der Hubertuskapelle halten. Wie sich rausstellte, hatte Mathieu sie noch vor mir entdeckt, war aber niemals hineingegangen und wusste dementsprechend nichts von den Wandmalereien. Einige schöne Spieleabende in lokalen Kneipen hatten wir natürlich auch.





Die Wanderdüne bei West Wittering schützt die Bucht von Chichester. Am Horizont im Norden ziehen sich die Hügel der South Downs hin.
Am ungeschützten Südende pfeift der Wind.



Die Sonne kam raus; am Horizont das Ostende der Isle of Wight.
Haus Uppark mit Wald und Feld. Nur das wir an dem Tag davon nicht viel auf einmal sehen konnten.
Quelle: http://media.gettyimages.com/videos/uppark-house-video-id559381353?s=640x640